Mein Vater und meine Mutter

Das Licht, das Gefühl bedeutete und in mir lag, zeigte mir jetzt den Weg.
So ging ich weiter, näherte mich Isis und betrat die Gärten Ardatys.
Das Gefühl, hinabzusteigen dominierte alle anderen Gefühle in mir.
Es gab Gärten, die nach unten hin angelegt worden waren und zur geheimnisvollen Isis gehörten.
Dectar hatte sie mir gezeigt.
Darin stand ein kleines Haus, in dem Ardaty seine Kräuter zog.
Lang überlegte ich nicht und stieg in diese mystischen Gärten hinab.
Dectar hatte mir davon erzählt.
In diesen Gärten lebten die Naturschätze der Isis.
Die wunderbarsten Kräuter waren hier vorhanden, doch nur die Hohepriester verweilten in diesem natürlichen, aber giftigen Paradies.
Ardaty kannte alle Kräuter, seine Meisterschaft war in der ganzen Gegend bekannt.
An der Pflanze, dem Duft und der Art, stellte er die Kraft des Naturgiftes fest, und darin war er unfehlbar.
Für Ardaty war das eine natürliche Begabung.
Seine Geruchsorgane waren in höchstem Maße entwickelt.
Auf meinem Weg begegnete ich Schemen, und diese Wesen gehörten zu Isis.
Es waren Seelen, menschliche Wesen, die hier einst gelebt hatten und womöglich auf die eine oder andere Weise vernichtet worden waren.
In ihrem Voranschweben lag etwas Unheimliches.
All diese Seelen erlebten erneut das irdische Leben, doch aus jener Welt heraus.
Ich sah alte und noch junge Menschen, woran ich ihr Alter feststellte.
Sie folgten jedoch einem eigenen Weg und waren geistig bewusst.
Je näher ich dem Gebäude kam, um so deutlicher begann ich, zu fühlen.
Ein schmaler Pfad brachte mich zum Eingang, und ich trat ein.
Das Gebäude war leer.
Man hatte offenbar noch keinen anderen Meister finden können.
Augenblicklich begann ich, zu sehen.
Es war Abend, und die Sonne war schon lange untergegangen.
Ich erblickte Ardaty, der dabei war, Kräuter zu mischen.
Warum so spät noch bei der Arbeit, Ardaty?
Hast du neue Kräuter entdeckt?
Als ich mir diese Fragen stellte, trat ein Priester ein und sagte zu Ardaty: „Nun, Ardaty, seid Ihr bereit?“
Ich erschrak fürchterlich, denn ich kannte diesen Priester.
Doch wo war ich ihm schon begegnet?
Ardaty gab ihm Kräuter, sprach jedoch kein Wort zu ihm, aber er dachte, und diesen Gedanken konnte ich folgen.
Der Priester ging sofort weg, doch ich mit ihm.
Es war sonderbar, wie klar diese Vergangenheit mir bewusst war, ich konnte alles ganz genau wahrnehmen.
Natürlich, dachte ich, er geht zu dem Gebäude.
Wohin sollte er sonst gehen?
Wir betraten das Gebäude, in dem die Priesterinnen lebten.
Hier war ich schon mal gewesen.
Ich folgte ihm weiterhin.
Dann betrat er eine Zelle.
Auf einem Ruhelager lag eine Priesterin.
Der Priester trat zu ihr und drückte sie an seine Brust.
Die Priesterin wehrte sich mit aller Kraft, die in ihr war, und wollte seine Liebe nicht.
Aber was ich sah und spürte, fand ich schrecklich.
Diese Priesterin befand sich im halbwachen Bewusstsein, sie war sich dessen, was mit ihr geschah, eigentlich gar nicht bewusst.
Ich lernte nun die unbewussten Kräfte kennen, die doch wiederum zu einem Bewusstsein gehörten.
Denn in diesem halbwachen Bewusstsein versuchte sie noch, sich zu schützen.
Ihr ganzes Wesen war in Aufruhr, und dies war ihr Unterbewusstsein, das die Persönlichkeit ausmachte.
Diese Persönlichkeit wurde nun durch Angst wachgerüttelt.
Ich konnte die Störung im Nervensystem deutlich wahrnehmen, sodass ich begriff, dass dieses Leben zusammenbrechen musste.
Eine entsetzliche Kraft zwang sie, in diesem Bewusstsein zu bleiben, sodass sie keinen Widerstand leisten konnte.
Ich stellte mich auf den Priester ein und spürte, dass er seine Kräfte benutzen würde.
Er weckte sie teilweise auf, doch würde sie ihr volles Bewusstsein nicht besitzen dürfen.
Wenn die Priesterin das halbwache Bewusstsein überschreiten würde, würde sie sehr sicher um Hilfe rufen, und das versuchte er, zu verhindern.
Ich hörte ihn sagen: „Nehmt das ein, schöne Prinzessin, und Ihr werdet Gaben besitzen, Ihr werdet sehen und hören und Die Großen Schwingen empfangen.“
Doch sie hatte nichts zu wollen, er verabreichte ihr seine Medizin, und das geschah mit Gewalt.
In mich kam Hass, ein abscheuliches Gefühl, sodass ich ihn vernichten konnte.
Das war Wolllust und Gewalt.
Die Priesterin schlief ein, das Gift hatte sie in den Schlaf geführt.
Als Zuschauer hatte ich das wahrgenommen.
Nun stellte ich mich auf das innere Leben der Priesterin ein.
Ich dachte, ich würde zusammenbrechen.
„Mutter, meine Mutter, meine liebe Mutter.“
Sie war meine liebe Mutter.
Eine andere Kraft brachte mich zur Ruhe, denn ich kannte mich selbst nicht mehr.
Heftig war der Schmerz, den ich empfand.
Oh, Mutter, hast du das erleben müssen?
Jetzt kenne ich dein Geheimnis.
Die Kraft, die in mich kam, wollte, dass ich weiterging, und ich folgte dem Priester.
Plötzlich wurde mir klar, wer er war, und ich erkannte ihn.
„Ihr Satan, Dämon, Ihr hier, bei meiner Mutter?“
Ich vergaß mich für einen kurzen Augenblick, doch erlangte meine Selbstbeherrschung wieder.
Dieser Priester hatte meine Kindheit vernichtet und mich gegen meine Eltern aufgehetzt.
Jetzt erlebte ich, was meine Mutter auf Isis durchlebt hatte und erinnerte mich ihrer Worte, die sie zu mir gesprochen hatte: „Es wird neuer Hass in dich kommen, Venry, lasse nicht zu, dass dich Hass überkommt.“
„Ach, meine liebe Mutter, ich werde dich rächen.
Wie hast du dich aus dieser schrecklichen Höhle befreien können?
Wie war dein Ende?
Wer verstümmelte dich?
Wer führte dich von hier fort?
Wer gab dir neue Kraft?
War es Ardaty?“
Ich wurde geboren, aber wo?
Der Priester ging fort.
Ich folgte ihm.
Als ich sein Gedankenleben wahrnahm, sah ich meinen eigenen Vater.
Er dachte an dieses Geschehen.
Dieser Priester liebte meine Mutter, doch der Oberpriester der Isis war mein Vater.
In halbwachem Bewusstsein war meine Mutter überfallen worden.
Man hatte meine Mutter und mich töten wollen.
Er, der dort vor mir ging, würde das Urteil vollstrecken.
Doch die Götter wollten nicht, dass wir sterben würden.
Ich kehrte zurück zu meiner Mutter, etwas zwang mich, zu ihr zurückzugehen.
Dann begann ich erneut, wahrzunehmen, ich sah, dass ich klar gefühlt hatte.
Die eine Szene verband mich mit der anderen.
Auf ihrem Kopf sah ich ihren Stern, das Symbol ihres Hauses und ihrer Geburt.
Auch darüber hatte sie gesprochen.
Meine Mutter war eine geborene Prinzessin und wollte die Priesterschaft erlangen.
Mehr brauchte ich eigentlich nicht zu wissen.
Doch in meinem Körper floss gemischtes Blut, mein Vater war ein Hohepriester und der Vater des Tempels der Isis.
Wieder und wieder war ich tief bewegt.
Nur durch kraftvolle Konzentration würde ich ich selbst bleiben können.
Wie sollte ich das verarbeiten?
Und doch musste ich ich selbst bleiben.
Wenn es nicht so tieftraurig gewesen wäre, wäre ich in nervöses Lachen ausgebrochen.
Mit all meinen Kräften unterdrückte ich diese unnatürlichen Gefühle.
„Meine liebe Mutter, ich werde dich rächen, auch Ardaty, der mir wie ein Vater gewesen ist.
Euch beide liebe ich, und ich werde das hier niemals vergessen.“
Plötzlich überkam mich Furcht.
Folgte man mir?
Hatte ich mich vergessen?
Ich eilte zurück zu meiner eigenen Zelle, nahm jedoch wahr, dass keine Gefahr bestand.
Dennoch erhielt ich eine Nachricht von meinem geistigen Leiter.
Ich solle mich beeilen und meine Zeit nicht vertrödeln.
So rasch wie möglich kehrte ich zurück zum Haus von Ardaty, denn auch da sollte ich noch etwas erleben.
Als der Priester mit den Kräutern gegangen war, blieb Ardaty alleine zurück.
Diesen Augenblick sah ich vor mir.
Ardaty war in Gedanken und sprach zu sich selbst: „Man will Euch töten, schöne Prinzessin.
Warum sandte Euch der Pharao zu diesem Tempel?
Doch mein Gift wirkt anders, als sie meinen.
Oh, nein, schöne Prinzessin, Ihr werdet noch nicht sterben.
Die Götter wollen, dass Ihr lebt.
Ich bin ein armer Mann, ein Kräuterkenner, aber mein Gebet ist sehr kraftvoll.
Es sind Gedanken zu mir gekommen, liebe Prinzessin.
Wenn ich gut und deutlich fühle, will es mir scheinen, als kämen sie von den Göttern zu mir.
Dies sind die Gefühle höherer Mächte.
Denn es ist großartig, was nun in mir ist.
Jede Verlegenheit, jede Weigerung ist mir nun genommen, sodass ich weiß und mir sicher bin, wie ich handeln soll.
Schöne Prinzessin, kennt Ihr diese Kräfte?
Ausschließlich bei großen Ereignissen steigen die Götter in uns Menschen hinab und legen in uns das Erwachen, welches das bewusste Wissen ist, sodass ich mich völlig hingebe.
Es bleibt mir nur eine einzige Möglichkeit.
Ihr werdet verstümmelt sein, Eure Jugend hat sich in Alter verwandelt, aber Ihr werdet leben.
In reiner und himmlischer Ruhe werdet Ihr leben.
Euer Herz wird jung bleiben, und man wird Euch nicht erkennen.
Kommt zu mir, Ardaty wird ein Vater für Euch sein.
In meinen Gärten kann ich Euer Geheimnis verbergen, wenn Euer Herz sagt: ich komme, und Ihr meine Umgebung akzeptieren möchtet.
Ich möchte nur für Euch sorgen, sodass Euer Kind geboren werden kann.
Mein langes Hiersein war nicht umsonst, doch ich fand das ausstrahlende Licht der Lotusblüte verdächtig, als ich sie aufmerksam betrachtete.
Sandten ihr die Götter Euer Geheimnis?
Es mag so sein, denn ich bin es nicht gewohnt, mich darauf einzustellen, doch ich versichere Euch, dass mein Fühlen und Sehen die wahre Realität berührt, auch wenn man meint, dass ich lediglich ein Kräuterkenner bin.“
Ardaty hatte aufgehört zu denken, und ich wartete ab, was nun geschehen würde.
Nach einem kurzen Moment kehrte der Priester zu Ardaty zurück und sagte: „Seid Ihr sicher, Ardaty, dass es die richtigen Kräuter sind?“
Ardaty überlegte eine Weile und antwortete: „Wenn Ihr wünscht, Meister der Isis, und Ihr es mir erlaubt, werde ich ihr andere Kräuter verabreichen.
Sollte Euer Meister das billigen, nun denn, ich bin bereit, doch führt mich zu ihr.“
Der Priester hasste Ardaty, aber Ardaty durchschaute ihn.
Auch der Priester überlegte lange, und während ich seinem Gedankengang folgte, führte er mich zum Oberhaupt von Isis und zum Hof des Pharaos.
Dann kehrte er in Gedanken zurück zum Vater des Tempels.
Ich folgte diesem wundersamen Gespräch, das sie in ihrem Einssein und von Gefühl zu Gefühl führten.
Meine Mutter musste fort von hier, eine ernste und ansteckende Krankheit hatte sie befallen.
Er hatte seine Anweisungen erhalten und sagte zu Ardaty: „Seid Ihr Euch sicher?“
„Bringt sie mir, Meister von Isis, hierher in mein Zimmer, ich werde ihren Körper binnen kurzer Zeit zu Staub zurückkehren lassen.
Doch Ihr müsst mir erlauben, das tun zu können.
Kann Ardaty den Meistern dienen?
Ich bin fertig und bereit.“
Der Priester hatte bereits einen Entschluss gefasst und sagte: „Lieber Ardaty, bald komme ich zu Euch zurück und Ihr empfangt alle Macht, so auch das Siegel.“
„Bringt mir die Erlaubnis, Hohepriester, denn Ihr wisst, dass auch ich die Gesetze befolgen muss.
Ihr werdet mein Wissen kennenlernen, und meine Meisterschaft werde ich Euch zeigen.“
Der Priester ging fort und Ardaty wartete ab.
Nach kurzer Zeit trat er erneut ein, in seinen Armen trug er meine Mutter und legte sie auf das Ruhelager nieder.
Er hasste Ardaty, aber dieser war wie ein kleines Kind und wollte, dass der Priester fortging.
Der Priester weigerte sich und blieb.
Was nun?
Dann sagte Ardaty zu ihm: „Ihr kennt die Gesetze, Meister von Isis?
Ihr habt das Recht, mich aus Eurem Heiligtum zu entfernen, doch die Götter gaben mir Macht und Wissen und das Recht dieses Ortes.
Wenn Ihr der Göttin dient, so geht, oder ich werde fortgehen.“
Der Meister von Isis sandte ihm seinen Hass, doch er entfernte sich.
Dann ging Ardaty an die Arbeit.
Während seiner machtvollen Arbeit sprach er zu den Göttern, und ich hörte ihn sagen: „Wenn Ihr es wünscht, oh großer Gott allen Lebens, so lasst mich sie pflegen und lasst ihr Kind leben.
Ich werde die mächtigsten Kräuter mischen, deren Geheimnis nur Ihr kennt und das soeben in mich kam.
Oder war es von der Lotusblüte?
Ist die Göttin der Isis mit mir?
Ich werde diesen Körper ölen und salben, ihr geben, was sie braucht.
Doch ich werde sein, wie die Wasser fließen, schnell und kraftvoll, wenn eine Flutwelle naht.
Unter dieser rauschenden Gewalt werde ich mich beherrschen und ist die Kraft, die nun zu mir kommt.
Ihr müsst meine Meisterschaft noch größer machen, weil dies meine allererste Prüfung ist.
Helft mir, Gott allen Lebens, verleiht mir Wissen, um das Gift in ihr töten zu können, ihr Kind muss am Leben bleiben.
Ist dies nicht ungeheuerlich?
Ihr, Gott allen Lebens, könnt mir helfen und ich bin bereit.
In ihrem Antlitz sehe ich bereits die Spuren des Gifts, und es wird sie verstümmeln, aber sie wird leben.
Ihr Leben wird ein leuchtender Pfad sein für mich und andere, die zu uns kommen.
An erster Stelle für ihr Kind.
Man wird ihren Tod in goldenen Lettern aufzeichnen und in Schriften festhalten und ihre Krankheit beschreiben.
Ihren Körper wird man einbalsamieren, aber die Wahrheit wird man niemals kennen.
Helft mir, oh großer Gott, wenn ich würdig bin, dienen zu dürfen, helft mir, sie in meine bescheidene Wohnung zu bringen, meine Wohnung hinter den Hügeln, und niemand wird sie erkennen, noch wissen, wer sie einst war.
Auch der Pharao wird nichts erfahren.
Und über den Köpfen der Hohepriester schwebt Euer Segen, und die Gesetze der Isis geben ihnen die Vollmacht, auch dort ist also keine Gefahr, denn sie dienen, alle dienen den Göttern.
Oh, seht, wie entstellt ihr Antlitz bereits ist.
Aber sie lebt, und auch ihr Kind ist am Leben.
Ich habe sie lieb, großer Gott von uns allen, und werde ein Vater für sie sein.
Lasst mich dienen, ich will Euch und ihr dienen.
Höre ich recht?
Ihr Herz schlägt wie vorher, die Gefahr ist vorüber.
Ardaty erlebt ein Wunder, durch Eure Konzentration ist das möglich.
Wahrhaftig, großer Gott, das Kind ist am Leben.
Für alles danke ich Euch.
Wie eine Kranke werde ich sie pflegen.
Man weiß, dass Ardaty ein Meister ist und viele arme Menschen empfängt.
Niemand wird unser Geheimnis erfahren.
Ich schwöre es Euch.
Kommt zu mir, Gott aller Götter, und helft mir, sodass ich sie beschützen kann.“
Ich sah, wie Ardaty niederkniete und betete.
Er schien neue Kraft empfangen zu haben und war bereit.
Er wickelte sie in ein Gewand und trug sie fort, in die Richtung seiner Wohnung.
Jetzt wusste ich alles, aber ich folgte ihm weiterhin.
Dann trug er sie in seine Wohnung.
An diesem Ort war ich geboren worden, auch das hatte er verheimlichen können.
An dem Ort, an dem ich mich nun befand, dankte ich den Göttern für alles, was ich von ihnen beiden empfangen hatte.
Meine ganze Kindheit zog nun an mir vorbei.
Meine liebe Mutter und Ardaty verstand ich.
Aus Ardaty strahlten das Glück und die Liebe eines großen Menschen, seine natürliche Schlichtheit verband sie beide mit „Leben und Tod“.
Sie waren wie zwei glückliche Kinder, zwei Kinder Gottes.
Ich hatte unser Geheimnis erfahren, aber auch meine eigene Waffe kennengelernt.
Ich stand vor einem Kampf von Blut gegen Blut; einem Kampf des Kindes gegen seinen Vater, von Hass zu Hass, Alter gegen Jugend.
Seine Schwingen wollte ich lähmen und sein Blut vergiften und meine liebe Mutter rächen.
Nun kehrte ich zurück in meine Zelle.
Mein geistiger Leiter war noch nicht fortgegangen, seine enorme Kraft kam mir entgegen.
„Ich weiß nicht, wer Ihr seid.
Euer ganzes Wesen wahrzunehmen ist nicht möglich, und dennoch lebt Ihr hier und seht mich; spürt Ihr meine Dankbarkeit, aber auch meinen Hass?
Eure Macht und Weisheit ist groß.
Sehr sicher, ich kann nur meinen Kopf neigen, doch Hass ist in mir.
Ich bin verbittert, denn ich fand es schrecklich, was Ihr mich habt wahrnehmen lassen.
Ist das Leid meiner Mutter Euch bekannt?
Und kennt Ihr Ardaty?
Ist es es nicht wert, dass Ihr ihm dort begegnet?
Sein abgelegtes Kleid strahlt über uns allen, denn in ihm lebten die Götter; und die Lotusblüte brachte ihm die Stille.
Vielleicht denkt Ihr, dass ich dankbar bin, doch dieses Gefühl kenne ich jetzt nicht, obwohl ich es Euch sandte.
Ist es meine Jugend, dass aufsässige Gefühle zu mir kommen?
Kann es sein, dass die Vergangenheit für mich zu mächtig ist?
Meine Eltern sind „hineingegangen“, großer Meister, und ihre Liebe ist noch bei mir und wird mir Ruhe geben.
Dass noch Hass in mir ist, lässt das Natürliche in meiner Seele sich auflösen; es wird zugleich mein Kampf sein gegen ihn, meinen Feind, der ihre Jugend besudelte.
Mein Blut ist unrein, rührt mich nicht an.
Ich frage mich daher auch, was Ihr in meiner Umgebung zu finden sucht.
Sind mein Leben und meine Person es Wert, dass Ihr mir folgt?
Könnt Ihr Eure Zeit und Eure Kräfte nicht sinnvoller verwenden?
Ihr wacht hier wie ein Sklave über seinen Meister, und wir alle spielen das Spiel von „Leben und Tod“.
Ist Euer Raum zu winzig?“
Ich setzte mich hin, hörte jedoch: „Vater Taiti, seid Ihr zufrieden?
Habt Ihr Lécca gesehen?
Sind Eure Kräfte aus der Vergangenheit noch in Euch?
Würdet Ihr Lyra nicht gerne sehen?
Auch sie lebt, lieber Venry, ich weiß, wo sie ist, einst werdet Ihr sie sehen.
Nur Geduld, wir müssen unsere Aufgabe erfüllt haben, und dann bringe ich Euch zu ihr.
Warum ist Hass in Euch?
Nun, da Ihr wisst, dass die Gesetze gelebt werden müssen?
Wenn Ihr spürt, dass es keine Vergangenheit gibt?
Warum ist Hass in Euch?
Wir alle müssen wieder gut machen, Venry, auch Ihr, auch Eure Eltern, jeder.
Einst werdet Ihr sie sehen dürfen, denn sie leben nun in den Gesetzen.
Die Götter wollen, dass Ihr dies alles wisst, doch Eure Gefühle sind kindlich durchscheinend.
Ihr sprecht nun wie ein Unbewusster, wie Menschen, die an ihrem Leid zugrunde gehen, die gebückt gehen unter einer Last, die es nicht gibt, die um Hilfe rufen und blind sind.
Denkt an die Worte Eurer Mutter und Eures Freundes Dectar.
Beide sind bewusst.
Ist ein Sklave in seinem Warten und Dienen ein Verunglückter?
Kennt Ihr das Glück, dienen zu dürfen?
In diesem kleinen Raum lebt das „Allesumfassende“, und das habt Ihr erfahren, doch Euer jetziges Bewusstsein berührt das Irdische und Menschliche.
Ihr seht in Eurem eigenen Leben kein Licht, und dennoch war Euer Pfad leuchtend.
Ihr müsst lernen, zu akzeptieren.
Ihr behauptet, dankbar zu sein, doch Eure Leere dominiert Eure Dankbarkeit, Euer Gefühl der Erbitterung kann Euren eigenen Untergang bedeuten.
Das alles kann Euch töten, mein Freund.
Wenn Licht in Euch wäre, bedenket dann, dass es Euch gegeben ist, sonst hättet Ihr die Vergangenheit nicht sehen können.
In Hass können all diese Wunder nicht geschehen, und ich kann meine Aufgabe nicht erfüllen.
Als Eure Mutter „unterging“, lag Hass in ihrer Seele, und dennoch sah sie das Licht, das die Lotusblüte ihr brachte, und die Göttin der Isis flocht ihr einen Strahlenkranz, der ihren liebreizenden Kopf in unserer Welt schmückte.
All diese Gefühle können Euer eigenes Schicksal bedeuten, vergesst das nie.
Euer argloses Denken und Fühlen nach all diesem Wissen sind finstere Gefühle.
Ich wäre nicht hier, wenn mein Sehen und Denken das Irdische nicht vernichten würde.
Doch Ihr seht die Notwendigkeit noch nicht ein, Eure Kindheit lebt in Euch, und Euer Alter ist unbewusst.
Mir ist es gegeben, schon jetzt zu beginnen, doch ich muss warten.
Euer Fühlen und Denken zwingt mich, anderen Gesetzen zu folgen.
Ihr hättet Euch selbst öffnen können, mein Freund; statt dessen sucht Ihr nach Eurem Hass und gebt ihm Nahrung.
Doch wir werden abwarten.
Wisst jedoch, dass ich bereit bin, Ihr kennt meine Kräfte.
Wollt Ihr mich in all meinem Dienen kennenlernen?
So bin ich auch darin bereit, zu Euch zu kommen, wenn es in Euch ist, dienen zu wollen.
Doch dann muss heiliger Ernst in Euch sein.
Ich gehe hinfort, lieber Venry.
Wenn Ihr in der Finsternis seid, überdenkt dann alles.
Steigt nun in Euer eigenes Stoffkleid hinab, darin ist nun Ruhe, während Eurer Reise war ich ein Schüler der Isis.
Wenn Ihr glaubt, dass das so einfach ist, rate ich Euch, meiner Konzentration zu folgen, Ihr seht dann, wie viele hier waren.
Vergesst nicht, dass auch die Meister in ihrer eigenen Vergangenheit leben, die Furcht davor habt Ihr spüren können, sodass Eure Flucht zurück in Eure Zelle eine kindliche Furcht ist.
Dennoch habt Ihr deren Leben sehen können, jedoch durch mich.
Euer Stoffkörper ist nun leer, ich bin hinausgegangen, aber Ihr habt mich nicht wahrnehmen können.
Sagt Euch das nichts?
Wie klein ich bin, mit allem, was in mir ist?
Was ich hier tue, und ob es die Mühe lohnt, Ardaty zu sehen?
Nun, mein Freund, hört, was ich sage.
Vor mir sehe ich einen Raum, und ich „gehe hinein“.“
Dann hörte ich: „Solltet Ihr meinen Rat befolgen wollen, so versucht, noch ein wenig zu schlafen.
Gebt Eurem Stoffkleid das, was Ihr nun wisst, und es wird Euch willkommen heißen, denn Ihr müsst eins sein.
Die Meister kennen diese Gesetze.
In der Ferne sehe ich meinen eigenen Himmel und jene, die um Ausbildung bitten und sich danach sehnen, die Gesetze kennenzulernen.
Ihr seid also nicht der Einzige, der empfängt.
Ich ziehe mich zurück, gehe in den unermesslichen Raum, und dennoch bin ich auf meinem Posten.
Seid gegrüßt, Venry, Ihr seid wieder allein.“
Dass diese Persönlichkeit sich entfernte, konnte ich deutlich spüren.
Sie zu sehen, war mir nicht möglich.
Ich stieg in meinen Stoffkörper hinab und fiel schon bald in einen tiefen Schlaf.
* *
*
Als ich wieder erwachte, fühlte ich mich ausgeruht.
Dectar würde mich bald abholen.
Ich hatte ihm sehr viel zu erzählen.
Wie glücklich er sein würde, zu erfahren, dass seine Zwillingsseele auf der Erde lebte.
In meinem Schlaf war Ruhe in mich gekommen, die Kräfte meines geistigen Leiters waren enorm.
Er war ein unbegreiflicher Jemand, besaß aber eine große Kraft, und ich bereute meine Gedanken.
Dann betrat Dectar meine Zelle und sagte: „Du bist ein Wunder, Venry.“
„Wie viel Zeit brauchen wir, Dectar?“
„Wir müssen uns beeilen, Venry, hast du mir viel zu erzählen?
„Ja, Dectar, sehr viel.
Ich bin deiner Seele begegnet, sie lebt auf der Erde.
Du musst ruhig bleiben, Dectar, auch ich habe mich wieder vergessen.
Wir beide sind nicht bewusst, obwohl mein geistiger Leiter sagt, du seist bewusst.
Ich kenne meine Mutter und meinen Vater, Dectar.
Mein eigenes Geheimnis, alles weiß ich nun von dir und mir selbst.
Kennst du ihren Namen, Dectar?
Ist ihr Name nicht in dich gekommen?
Die Liebe, die du empfindest, kommt von ihr zu dir.
Deine Gefühle sind rein, Dectar.“
„Ich kenne ihren Namen, Venry.
Lécca war ihr Name, aber jetzt heißt sie Myra.“
„Seit wann weißt du das, Dectar?“
„In der Nacht erwachte ich und durfte dir folgen.
Doch ich blieb in meinem Stoffkörper.
Dann hörte ich dich weit entfernt sprechen und Lécca zu dir rufen.
Da, lieber Venry, begriff ich alles, da wurde meine Seele ganz wach, doch nur durch deinen geistigen Leiter, ich selbst hätte das nicht gekonnt, denn du weißt, wie mein Zustand ist.“
„Du wirst sie sehen, Dectar, und sie wartet und wird weiterhin warten, bis wir zu ihr kommen.“
„Ich bin so glücklich, Venry, und werde mein Bestes tun.
Mögen die Götter uns beistehen, jetzt brauchen wir viel Kraft.
Jetzt müssen wir alles wieder vergessen, Venry, nur an die Finsternis denken.
Die Meister können zu uns kommen.
Wenn du wieder bei mir bist, reden wir weiter.
Ist mein Freund bereit?“
„Ist keine Zeit, dir alles zu erzählen, Dectar?“
„Nein, du musst nun alles vergessen.“
„Ich bin bereit, Dectar, und werde dir folgen.“
„Also komm, Venry, bald wirst du wieder bei mir sein.
Denke an alles und vergiss nichts von dem, was ich dir erzählt habe.
Denke vor allem an die Müdigkeit, gib dich dann völlig hin und lass kommen, was kommen muss.
Mach dich ganz leer, dann können sie nichts erreichen.“
„Ich bin leer, Dectar.“
„Du bist fabelhaft, Venry, nach so vielen Emotionen.“