Erneut in der Finsternis, mein Bewusstsein wurde auf die Probe gestellt

Dectar brachte mich wie einige Jahre zuvor zum Gebäude.
Unterwegs meinte ich, etwas mehr Gefühl in ihm zu sehen.
Als ich hineingehen sollte und er sich entfernen musste, nahm er meine beiden Hände in seine und sagte: „Wenn es einen einzigen unter uns gibt, Priesterschüler, so bin ich es, der sich wünscht, dass Ihr die Priesterschaft erlangen werdet.
Ich weiß jedoch, dass Ihr bereit seid.“
Ich sah in seine schönen Augen, stieg blitzschnell in ihn hinab, was jetzt möglich war, und ich begriff, dass er für mich geöffnet war, und ich ergründete seine Gefühle.
Doch im selben Augenblick verschloss sich seine Seele wieder vor mir, und ich spürte meinen Meister.
Dennoch sagte ich: „Ich danke Euch, Meister Dectar, ich bin Euch sehr dankbar.
Könnt Ihr meine Dankbarkeit annehmen?“
„Wenn die Götter wollen, dass ich Eurer Dankbarkeit würdig bin, so bin ich bereit, doch ich bin nur ein Diener.“
Ich verstand ihn, er nahm keinen Dank an und durfte diesen nicht annehmen.
Dann löste ich mich von ihm.
Ich betrat die Finsternis, die nun sieben Tage und Nächte währen würde.
Aber ich war vollkommen bereit.
Ich setzte mich nieder.
Alles war wie früher, doch ich hatte mich verändert.
Danach legte ich mich hin und wartete ab.
Bald fühlte ich, wie ich müde wurde, und ich verstand, dass die Meister ihre Konzentration fokussiert hatten.
Nun jedoch dominierte ich selbst diese Müdigkeit; ich erlaubte nicht, dass sie meinen stofflichen Organismus erreichen konnten.
Die Müdigkeit verschwand, wie sie zu mir gekommen war.
Ich zeichnete einen magischen Kreis um mich, und ich blieb darin und fühlte mich bereit, sodass sie beginnen durften.
Die allererste Müdigkeit hatte ich bereits überwunden.
Doch die zweite und dritte Attacke war heftiger.
Ich verdichtete meinen kleinen Kreis, sodass es für sie schwieriger war, mich angreifen zu können.
Doch sie fuhren fort, es wurde immer schwieriger für mich, dennoch blieb ich ich selbst.
Dann begann ich zu sehen und sah, dass meine ganze Zelle bevölkert war.
Ich sah Tausende kleiner, doch giftiger Tiere zu mir kommen.
Sie suchten nach einem Eingang, um mich dann zu vernichten.
Doch meine magische Mauer hielt dem stand.
Ich wusste, dass es Scheingestalten waren, aber ich blieb bewusst.
All die Tiere scheiterten an meiner Konzentration.
Diese kleinen Tiere konnten mich nicht finden, und in Wirklichkeit waren es die Meister.
Ich zwang sie, aufzuhören und zurückzukehren.
All diese Tiere ließ ich einschlafen, doch es kamen ständig andere, und so hörte ich damit auf.
Auch dadurch konnten sie mich vernichten.
Ich machte meinen Abschluss deshalb kleiner, wodurch ich sie daran hinderte, zu mir zu kommen.
Jetzt erlebte ich das machtvolle Glück, dass ich Herr und Meister auf eigenem Boden war, weil Vater Taiti in mir bewusst war.
Trotzdem lebte ich im Leben von Venry, denn beide waren nun vollkommen eins.
Die Tiere schliefen ein und lösten sich auf, die Meister hatten gespürt, dass sie mich damit nicht erreichen konnten.
Dann sah ich Schemen, von denen Dectar mir erzählt hatte.
All die Schemen waren Frauen und sehr schön.
Doch auch sie waren tot für mich, jene Gefühle kannte ich nicht.
Bis zum Überdruss blieben sie in meiner Nähe, und sie lockten mich aus meinem eigenen Haus, doch ich ging nicht darauf ein, wie sehr sie es auch versuchten.
Ich war bewusst und blieb bewusst.
Ich begriff nun jedoch, wie dämonisch sie waren, diese menschlichen Gestalten.
Auch sie lösten sich auf.
Man lockte mich nun ins Freie.
Ich folgte einem Menschen in die Natur, und dieser forderte mich auf, ihm aufs Wasser zu folgen.
Ich begriff ihn und die Meister, denn ich ging nicht.
Ich verschwendete meine Kräfte nicht.
Dectar hatte mir auch davon erzählt.
Dennoch fand ich das Spiel lohnenswert und trat hervor, jedoch auf zehn Prozent.
Meine anderen Kräfte machten weiterhin mein Bewusstsein aus.
Ich dümpelte mit ihm auf einem großen Gewässer.
Dann kam der Sturm, und wir ertranken.
Doch ich war bewusst und fand es lächerlich.
Danach brannte meine Zelle, sodass die Flammen meine magische Mauer versengten.
Es wurde so schrecklich, dass ich volle Bewunderung bekam für die Herren Meister.
Aber sie vermochten mich nicht zu erreichen.
Ich spürte die Wärme bis in meinem Kreis, aber ich blieb bewusst, Furcht war nicht in mir.
Was würde ich nun erleben?
Ich fühlte und sah nichts und versuchte, ein wenig zu schlafen.
Doch sofort trat ich aus meinem Organismus.
Ich sah, wo ich mich befand, jetzt lebte ich wieder in jener anderen Welt.
Dort vor mir sah ich sehr viele Menschen.
Es waren Dämonen, ich befand mich in der Finsternis, die Realität würde ich nun wieder erleben.
Auch jetzt beobachtete ich sie, doch unvermittelt stürmten sie auf mich zu.
Vor einigen Jahren hätte ich die Flucht ergriffen, jetzt wartete ich auf sie.
Es waren Tiermenschen.
Von allen Seiten schlossen sie mich ein, immer enger zogen sie den Kreis um mich, doch ich wusste nun, was ich tun würde.
Plötzlich griffen sie mich an und schleuderten mich durch die Finsternis.
Während das geschah, kamen die Gedanken zu mir, um mich ihren Händen zu entziehen, denn ich gehörte nicht zu ihnen.
„Auf der Erde hätte ich das mit meinem Körper gekonnt“, so sagte einst mein geistiger Leiter, hier war ich ein Geist.
Ich konzentrierte mich und löste mich in ihren Händen auf.
Sie sahen mich vor ihren Augen verschwinden.
Sie sahen, wie sich ein unglaubliches Wunder vollzog, von dem sie nichts begriffen.
Sie waren wie Teufel, all diese Menschen.
Erstaunt sahen sie sich an.
Sie waren behaart, und ich sah Frauen und Männer zusammen.
Trotzdem wollte ich zu ihnen zurückkehren, ich wollte mehr über ihr Leben erfahren.
Als ich mich darauf einstellte, verdichtete sich ihre Welt, und ich hatte ihr Leben und ihre Finsternis wieder angenommen.
Ich machte nun einen langen Spaziergang durch die Finsternis und blieb lange Zeit in ihrer Mitte.
Wenn sie mich sahen, zog ich mich rasch in meine eigene Welt und in mein eigenes Leben zurück.
Als ich hier umherging, ihr Reich betrachtete und kennenlernte, spürte ich, dass man mir folgte.
Während ich die Tierart betrachtete, spürte ich, dass mir ein Meister aus der Vergangenheit folgte und mich angreifen würde.
Ein Dämon, von dem Dectar mir erzählt hatte.
Das hier war ein Meister, aber er lebte in der Finsternis.
Doch ich zog mich zurück und spazierte durch den Tiermenschen hindurch, und er sah mich nicht.
Nichts konnte er mir anhaben, ich lebte in den Gesetzen von Vater Taiti.
Nach diesen Menschen sah ich viele andere Arten, doch ich setzte meinen Spaziergang fort.
So lernte ich die Finsternis kennen, und es kam mir vor, als würde ich hier sicher einige Tage verweilen.
Jetzt lebte ich zwischen Leben und Tod und hatte mir sehr viel Weisheit zu eigen machen können.
Im Gehen spürte ich, wie Durst zu mir kam, und ich verstand, dass das zu meinem Körper gehörte.
Deshalb kehrte ich zurück zu meinem Körper, weckte ihn auf und gab ihm zu essen und zu trinken.
Dann legte ich mich wieder hin und schlief alsbald ein.
Doch sogleich trat ich wieder hinaus und kehrte zurück zur Finsternis, denn ich wollte dort meinem Weg weiter folgen.
All diese Welten wollte ich nun kennenlernen.
Ich konzentrierte mich auf Fortschweben und begab mich in diese Richtung.
Überall wo ich sah und lebte, herrschte Finsternis.
Wenn ich etwas höher ging und die Finsternis verließ, wurde es verschwommener und heller.
Als ich all die dunklen Welten kennengelernt hatte, spürte ich, dass mich das Licht anzog, und ich machte mich auf den Weg.
Tatsächlich, das hier war eine andere Welt.
Auch hier sah ich Menschen, Männer und Frauen zusammen, aber sie waren anders.
In ihnen meinte ich, mehr menschliche Gefühle zu sehen.
Als ich mich ihnen näherte, kamen sie auf mich zu, und einer von ihnen sagte zu mir: „Wohin führt Euer Weg?“
Eine klare und menschliche Frage, dachte ich, doch ich war auf der Hut.
Auch andere kamen näher, neun Menschen standen in meiner Nähe, unter ihnen vier Frauen.
Ich antwortete: „Ich bin hier ein Fremder.“
„So, ein Fremder, und was tut Ihr hier?“
„Nichts“, sagte ich, denn ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Aber er antwortete: „Wenn Euch Euer Leben lieb ist, so geht rasch fort.“
Die Frauen hatten viel Spaß an der Situation, doch ihr Lachen fand ich abscheulich.
Sie hatten meine Gedanken offenbar auffangen können oder gefühlt, weil eine von ihnen zu mir sagte: „Siehst du, er wird wütend, er findet uns abscheulich.“
Die ganze Meute stürmte auf mich zu, und das geschah so unerwartet, dass sie mich überrumpelt hatten.
Dann stellte ich meine Konzentration auf Rückzug ein, und ich löste mich auch in ihren Händen und vor ihren Augen auf.
Wie ein Schemen stand ich vor ihnen und sagte: „Ihr alle gehört zu den Dämonen.
Beginnt ein anderes Leben und lasst Fremde in Ruhe.“
Ich ging weiter, aber ihr Lachen und Kreischen folgte mir, und ich konnte es in meiner eigenen Welt deutlich hören.
Wieder begegnete ich anderen Menschen, und auch diese griffen mich an.
Immer wieder wurde ich angegriffen, aber ich zog mich immer zurück, und dadurch lernte ich eigentlich all jene unterschiedlichen Welten kennen, von denen Dectar gesprochen hatte.
Ich lebte in der wahren Schule des Lebens.
Nun ging ich weiter und lebte in einem nebelartigen Raum.
Auch dies war eine der vielen Welten, aber ich sah niemanden.
Nachdem ich eine Weile vorangegangen war, sah ich über mir eine Gestalt, und diese besaß Schwingen.
Als ich dieses Wesen erblickte, verdichtete es sich, und ich sah, dass es ein Mensch war.
Obwohl das hier eine völlig andere Erscheinung war, vertraute ich dieser Gestalt nicht und niemandem.
Doch dieser Mensch sah mich an, lächelte mir zu und schien sich für mich zu interessieren.
Doch hier drohte allenthalben Gefahr.
Ich setzte meinen Weg fort und wollte weiter.
Aber über mir schwebte das menschliche Wesen, und als ich müde war und mich hinsetzte, um mich ein wenig auszuruhen, entfernte es sich.
Ich fand das äußerst merkwürdig, blieb jedoch auf der Hut.
Nach einer kurzen Weile sah ich erneut dieselbe Gestalt, jedoch in etwas mehr Licht.
Die Umgebung wurde sozusagen durch sie erleuchtet.
Ich sah, wie eine schön geformte, doch Licht ausstrahlende Hand sichtbar wurde.
Die Hand warf mir eine Frucht zu, und ich hörte, wie mir gesagt wurde: „Esst sie ruhig, Fremder, denn Ihr seid durstig.“
Ich fing die Frucht in meinen Händen auf, warf sie jedoch sofort wieder von mir.
Ich traute dieser Güte nicht und wollte auf alles vorbereitet sein.
Erneut hörte ich: „Hier, Fremder, habt Ihr eine andere Frucht, esst sie jedoch, sie ist gut, und Ihr könnt mir vertrauen.“
Die Gestalt achtete aber darauf, nicht ganz gesehen zu werden, und das machte mich misstrauisch.
Doch ich hörte: „Esst sie, Ihr habt kein rechtes Vertrauen, aber Ihr könnt mir vertrauen.“
Ich ergründete die Frucht und spürte, dass sie gut war.
Auf Isis hatte ich das gelernt, und darin war Dectar ein Meister.
Zur eigenen Sicherheit mussten alle Priester und Priesterinnen das können.
Was von außen nach Isis kam, wurde auf diese Weise geprüft, weil viele Priester in der Vergangenheit vergiftet worden waren.
Auch jetzt stellte ich mich auf die Frucht ein, und ich fühlte und sah, dass sie gut war.
Ich aß sie.
Die prall gefüllte Frucht, voller köstlichem Saft, erquickte mich.
Solch eine hatte ich im Tempel noch nicht gegessen.
Herrlich, dachte ich, aber trotzdem aufpassen.
Nachdem ich eine Weile nichts mehr von diesem unsichtbaren und gütigen Menschen gesehen hatte, hörte ich plötzlich aus einer anderen Welt zu mir sagen: „Geht noch ein wenig weiter, Freund der Erde, und Ihr werdet schöne Szenen sehen.
Wenn Ihr möchtet, so verwendet Eure Schwingen.
In dieser Welt könnt Ihr gehen, wohin Ihr wünscht.
Tut es also.“
Doch ich weigerte mich entschieden und blieb, wo ich war.
„Versucht es doch, Ihr wollt schließlich all diese Welten kennenlernen?“
„Wer seid Ihr?“
„Was spielt das für eine Rolle, ich bin ein Menschenfreund.
War meine Frucht denn nicht gut, nicht natürlich?
Ihr ergründetet diese Frucht, Freund, ich habe Euch folgen können.
Aber sie war vorzüglich, nicht wahr?“
Dieser Mensch wusste, an was ich dachte?
Aber das konnten Dämonen auch.
Ich fand es jedoch sonderbar.
Trotzdem blieb ich, wo ich war, und fragte: „Warum bleibt ihr für mich unsichtbar, wenn Ihr behauptet, ein Menschenfreund zu sein?“
„Werter Freund, mein Licht würde Euch nur ängstigen.
Ich bleibe also, wo ich bin, versuche jedoch, Euch zu helfen.
Aber Ihr denkt falsch über mich.
Die Menschen, denen Ihr begegnet seid, das waren Dämonen, auch die anderen.
Wenn Ihr noch tiefer in die Finsternis hinabgestiegen wäret, wäret Ihr noch anderen Menschen begegnet, aber die sind sehr gefährlich.“
„Seid Ihr ein Mann oder eine Frau?“
„Auch das hat keine Bedeutung, hier sind wir beides.“
„Ihr sprecht in Rätseln, und Ihr seid ein Rätsel.“
Doch der Schemen sagte: „Wenn alle Priester wären wie Ihr, glaubt mir, ihr Leben wäre dann zu kurz, wollten sie die Priesterschaft erlangen.
Auf diese Weise erreicht Ihr es nie.
Diese Vorsicht kenne ich, sie riskiert nichts, aber sie empfängt auch nichts.
Sie ist lebendig tot.
In der Welt, in der Ihr nun seid, erlebt man die Dinge.
Auf dieser Seite lernt man durch Erfahrung, aber in Euch ist Furcht.
Wo ist Eure Weisheit, Schüler von Isis?“
Ich erschrak, man kannte mich, und das zwischen Leben und Tod?
In dieser Welt kannte man mich?
Ich stand sofort auf und ging weiter.
Den Fremden sah ich nicht mehr.
Wundersam, dachte ich, woher weiß man hier, wer ich bin?
Ob er vielleicht mein geistiger Leiter war?
Doch das glaubte ich nicht.
Ich konzentrierte mich auf das Fortschweben.
Nun lebte ich im Raum, und ich besaß die Großen Schwingen.
Herrlich war dieses Vorangehen aus eigener Kraft.
Je weiter ich kam, um so heller wurde es.
Schon bald ging ich in andere Welten hinüber, und auch hier sah ich Menschen.
Ein großes und kräftiges Licht strahlte mir entgegen, von dem ich die selige Ruhe und Kraft aufnahm.
Wenn ich hinabsinken, auf meinen Beinen weitergehen wollte, so hatte ich das nur zu wollen.
Unter mir lag eine wundervolle Landschaft.
Ich sah Bäume und Blumen und kleine Gewässer, es war hier wie ein Paradies.
Hier würde ich bleiben wollen und sank hinab.
Ein Stück weiter waren sehr viele Menschen beisammen, und zu ihnen wollte ich gehen.
Ich sah Männer und Frauen, und alle trugen prachtvolle Gewänder, und sie waren jung und schön.
Ihre Ruhe strahlte mir entgegen.
Ich fragte eine junge Person, es war eine prachtvolle Erscheinung: „Könnt Ihr mir sagen, wo ich bin?“
„Sicher doch“, erwiderte er sehr herzlich, fragte jedoch: „Ihr seid von der Erde?“
„Woher wisst Ihr das?“
„Das sehe ich an Eurer Ausstrahlung.
Doch nun seid Ihr im Leben nach dem Tode.“
Ich sah ihn erstaunt an; so eine klare Sprache sprechen zu hören, erlebte ich nicht jeden Augenblick.
Das war ein aufrichtiger Mensch, es konnte nicht anders sein.
Er antwortete: „Fühle mich an, lieber Freund, ich spreche keine Unwahrheit.
Ihr seht, wir alle sind vollkommen offen, und Ihr könnt uns fühlen.“
„Was tut Ihr hier“, fragte ich.
„Wir erwarten Freunde.
Sie werden heute auf der Erde sterben, aber an dieser Stelle werden wir uns begegnen.
Dann kehren wir zurück in unsere Welt, die schöner ist als diese, in der wir jetzt sind.“
„Woher wisst Ihr, dass sie heute sterben werden?“
„Wenn Ihr unser Leben kennen würdet, würdet Ihr das nicht fragen, aber Ihr seid noch auf der Erde und könnt es auch nicht wissen.
Jene, mein Freund, die auf der Erde sind und uns lieb haben, denken an uns.
All die Gedanken fangen wir auf, und wir folgen ihnen von hier aus in das irdische Leben.
Aber nur wir können sehen, wann sie dort sterben, und diese Gefühle sind nun in uns.
Es wird plötzlich geschehen, und zwar durch ein Unglück.“
„Ihr seid sehr weise“, dachte ich, woraufhin er antwortete, und ich begriff, dass er meine Gedanken aufgefangen hatte.
„Wir alle können das, werter Freund, es ist unser Besitz, ich sehe, an was Ihr denkt.“
Ich dachte jetzt an all die Welten, die hier sein mussten, aber auch jetzt fing er meine Gedanken auf und sagte: „Wir leben hier nur vorübergehend, wie ich Euch bereits sagte, denn wir leben in einer anderen Welt, einer schöneren als diese.
Diese Welt ist ein Übergang zu einer höheren Welt.
Wenn Ihr möchtet, werde ich Euch diese andere und höhere Welt zeigen.
Ich habe alle Zeit und tue es gerne.“
Ich zweifelte nicht mehr an seiner Ehrlichkeit und seinen guten Absichten, und wir gingen gemeinsam weiter.
Unterwegs stellte ich viele Fragen, und die Fragen wurden beantwortet.
Ich sah Welten, in denen Menschen lebten, die dort in Ruhe ihr geistiges Glück erleben konnten.
Es gab prachtvolle Gebäude und Tempel, die ihr eigenes Licht ausstrahlten, und ich sah Blumen und Pflanzen, wie wir sie auf Isis nicht kannten.
Er zeigte mir wunderschöne Blumen, und das ließ mich heftig erschrecken.
Unter all den Blumenarten sah ich meine Blume, die mir aus dieser Welt geschenkt worden war.
Ich war sehr gerührt von diesem Wiedersehen und durch die Wirklichkeit.
Ich nahm die Blume in die Hände, und die Tränen liefen mir über die Wangen.
Ich dachte an Dectar und an das Geschehen an jenem Tag.
Ich weinte vor Glück und Rührung, vor Dankbarkeit und Freude und hatte für einen kurzen Augenblick meinen Begleiter vergessen.
Wie konnte Dectar dieses Wunder vergessen?
Als ich ihn ansah, lächelte er mir freundlich zu, als würde er verstehen, was in mir vorging.
Dann stellte ich ihm Fragen, und meine Erste lautete: „Einst lebtet Ihr auf der Erde, doch wart Ihr dort im Besitz all dieser Weisheit, dieser Pracht und der Wirklichkeit dieses Lebens?“
„Nein, mein Freund, wir alle waren dort unbewusst.
Dennoch haben wir Leben erlebt, in denen wir bewusst waren, aber nach unserem Sterben haben wir erst das große Wunder kennengelernt.“
„Seid Ihr Euch jetzt des Geborenwerdens und des Sterbens auf der Erde bewusst?“
„Ja, beidem sind wir uns jetzt bewusst.“
„Was ist Eure Sehnsucht in dieser Welt, habt Ihr Sehnsüchte?“
„Wir alle sehnen uns danach, weiter und höher gehen zu können und jene höheren Welten erreichen zu dürfen.“
„Fabelhaft ist das, und könnt Ihr sie erreichen?“
„Sicher doch, wenn wir möchten, werden wir jene Welten bald betreten, denn wir sind auf dem Weg, werter Freund.
Früher, vor vielen Jahren, lebten wir alle in dieser Welt und konnten nicht weiter.
Jetzt sind wir da und somit fortgeschritten.“
„Und sind alle bereit, möchten sie höher und weiter?“
„Nicht ein einziger bleibt zurück, alle sind bereit.“
„Herrlich ist es, bewussten Menschen zu begegnen, die wissen, was sie wollen.
Was tut Ihr so?“
„Wir dienen, mein Freund, wir helfen den Armen im Geiste, und jene, die sich nach Weisheit sehnen, empfangen Lebensweisheit.
Wir helfen jedem, der zu uns kommt, und sind bereit, ihnen beizustehen.“
„Das ist wundervoll.
Kennt Ihr die Existenz Eures Selbst, und kennen alle ihren eigenen Besitz und den Grund, weshalb Ihr zu diesem Leben gehört?“
„Wir kennen nicht nur uns selbst, sondern wissen zudem, dass wir Teil all jener Welten sind und danken „Ihm“, der uns Teil davon sein ließ.
Wir kennen die Gesetze und wissen, wie alles erschaffen wurde und wo wir gewesen sind, bevor wir unser letztes Leben auf der Erde erlebt haben.“
„Ist diese Weisheit schon auf der Erde?“
„Nein, mein Freund, in den Tempeln ist schon viel über unser Leben bekannt, das jedoch nicht.
Von der allerhöchsten Weisheit weiß man noch nichts, und vielleicht könnt Ihr es ihnen schenken.“
„Liegt darin das Geheimnis, dass wir Menschen auf der Erde leben müssen?
Der Anfang allen Lebens?“
„Genau, darin liegt und lebt der Anfang allen Lebens und die Gesetze, die wir zu befolgen haben.“
„Wart Ihr ein Gelehrter auf der Erde oder ein Priester?“
„In meinem letzten Leben wusste ich sehr viel über die Priesterschaft, mein Freund, dennoch war ich sehr arm, jetzt jedoch habe ich einen anderen Reichtum empfangen.“
„Wisst Ihr von Euren vorigen Leben?“
„Ja, sicher.“
„Sind all diese Leben in Euch bewusst?“
„Auch das, mein Freund, und wir wissen jetzt, wo wir gewesen sind und wie diese Leben vollbracht wurden.“
„Es ist mächtig, was Ihr sagt und kennt.
Kennt Ihr alle Gesetze, die man hier zu befolgen hat?“
„Ich sagte Euch, wir haben viele kennengelernt.“
„Aber wisst Ihr auch, wie diese Blumen auf der Erde geboren werden können?“
„Ja, auch das ist uns bekannt.“
„Und könntet Ihr das tun, falls Ihr das möchtet?“
„Dafür sind irdische Kräfte erforderlich, Gaben also, aber es ist möglich.“
Er sah mich an, sagte jedoch nichts, und ich wollte nun fortgehen, weil ich seine Güte nicht ausnutzen wollte, doch er spürte, an was ich dachte, und sagte: „Ich kann mit Euch gehen, mein Freund, solange ich das möchte.
Sorgt Euch also um nichts, ich bin froh und glücklich, dass ich Euch helfen kann.“
Eine sehr schöne Lebensart, dachte ich, doch ich fragte: „Wenn Ihr möchtet, so bringt mich zum allerersten Stadium, als es noch nichts gab.“
Er sah mich mit seinen strahlenden Augen an und antwortete: „Könntet Ihr als vierjähriges Kind Eure beiden Eltern auf Eure Schultern nehmen und sie stundenlang umhertragen?“
„Ich danke Euch, ich bin Euch sehr dankbar für diese weise Lektion, ich werde warten.“
„Ich danke Euch für Eure scharfe Auffassungsgabe, aber ich werde Euch nicht enttäuschen.
Kommt, folgt mir, wenn Ihr möchtet.“
Wir gingen durch andere Länder, und ich sah, dass sich die Natur ständig veränderte und es immer heller wurde.
„Wundersam ist alles.
Wie soll ich Euch danken.“
„Hier müssen wir bleiben, weiterzugehen ist Euch nicht möglich, sonst vernichtet die Sehnsucht, dies alles auf der Erde besitzen zu wollen, Euer inneres Leben, und dann könnt Ihr Eure Arbeit nicht mehr tun.
Doch seht genau hin und nehmt alles in Euch auf, vorläufig seht Ihr das nicht wieder.
Wenn Ihr später bereit seid, ist es möglich, jetzt jedoch stört es Euch, weil diese Kräfte noch nicht in Euch sind.“
Ich betrachtete geraume Zeit das Land vor mir und verspürte Müdigkeit.
Diese überwältigende Schönheit ermüdete mich, weil ich es nicht verarbeiten konnte, und ich verstand nun seine Erklärung.
Ein anderer Schlaf als der, den ich auf der Erde kannte, kam nun in mich, und der Fremde sagte zu mir: „Ruht Euch ein wenig aus, lieber Freund, ich bleibe hier und werde über Euch wachen, obwohl das nicht notwendig ist, hier stört Euch niemand.
Wenn Ihr zur Erde zurückgekehrt seid, werdet Ihr viel Kraft brauchen.“
Ich legte mich nieder und schlief bald ein.
Wie lange ich geruht hatte, wusste ich nicht, aber ich fühlte mich herrlich ausgeruht.
Als ich wach war, kam der Fremde zu mir und fragte: „Seid Ihr ausgeruht?“
„Ja, ich fühle mich sehr wohl.
Wie lange habe ich geschlafen?“
„Wenn ich der Zeit nach irdischer Berechnung folgen soll, so habt Ihr einige Tage geschlafen.“
„Wie bitte?“
„Einige Tage, mein Freund.
Ihr habt schließlich alle Zeit?
Warum die Eile?
Ihr könnt besser hier sein als in dem kleinen Raum.“
„Wisst Ihr davon?“
„Wir können alles sehen, mein Freund.“
„Wisst ich dann auch, wie lange ich in der Finsternis umhergegangen bin?“
„Auch dort verweiltet Ihr einige Tage.“
„Dann muss ich mich doch sputen, mein Körper ruft mich, ich muss nun zurück.
Kennt Ihr das auch, ich meine, dieses Zurückrufen meines Organismus?“
„Mir ist das bekannt.
Hier, mein Freund, nimm die Früchte mit zurück zur Erde, sie werden Euch stärken.
Sie nähren nicht nur den Körper, sondern vor allem die Seele.
Doch ich gehe mit Euch, dann kehre ich gleich zurück zu meinen Freunden.
Wollen wir fortgehen?“
„Gerne, und ich bin Euch sehr dankbar.“
Wir kehrten gemeinsam zurück zur Erde.
Unterwegs erläuterte er mir sehr viel, doch dann verabschiedete er sich von mir.
„Nun gehe ich fort, mein Freund, und Ihr geht weiter, zurück zu Eurem Organismus.“
Er drückte mir beide Hände sehr herzlich, blickte mir dabei in die Augen, sodass Glückseligkeit in mich kam.
Dann löste er sich vor mir auf, und ich war allein.
Ich hörte ihn noch sagen: „Seid sehr fleißig auf der Erde, Priester von Isis, Ihr seid Priester.“
„Ich danke Euch“, rief ich ihm zu und eilte zurück zur Erde.
Wundersam ist alles, dachte ich und fühlte mich sehr glücklich.
Mit großer Geschwindigkeit durchschnitt ich den Luftraum und stellte mich auf meinen Körper ein.
Dann betrat ich meine Zelle, ich hatte eine wundersame Reise vollbracht.
Jetzt war ich im Besitz der Großen Schwingen, und ich besaß Macht, und sehr viel hatte ich gelernt.
Ich kniete nieder und dankte den Göttern für all diese Güte.
Danach stellte ich mich auf die Zeit ein, denn ich wollte erfahren, wie lange ich hier war.
Die sieben Tage und Nächte waren fast um.
Nichts hatte mich stören können, gestärkt war ich zur Erde zurückgekehrt.
Ich hatte die Finsternis kennengelernt und höhere Welten.
Wie glücklich war ich.
Könnte ich nun mein Glück mit Dectar teilen, erst dann wäre mein Leben vollkommen.
Ich stieg in meinen Körper hinab und erwachte.
Der Körper hatte nicht gelitten, und ich fühlte mich auch nicht müde.
In den Händen trug ich die Früchte, diese geistigen Produkte waren mit mir zur Erde zurückgekehrt.
Erneut dachte ich an meine wundervolle Reise.
Ach, so dachte ich, die Blumen.
Warum habe ich daran nicht gedacht.
Ich überlegte keine Sekunde, sank sofort in den Schlaf und trat wieder heraus.
Das in den Schlaf sinken war nun in meinem eigenen Besitz, und ich konnte es tun, wann ich wollte.
Schnell wie der Blitz kehrte ich zurück in jene Welt.
Ich pflückte in diesem Garten des Friedens und der Ruhe die Arme voller Blumen.
Ich nahm mir Schneeweiße, Violette und Dunkelblaue, auch Zartrosafarbene und viele andere Farben.
Auch pflückte ich noch einige Früchte und aß sie.
Dann kehrte ich zurück zur Erde.
Ich wollte sie zur Erde bringen, wie die Früchte es mit mir erlebt hatten.
Doch ich spürte, dass ich dies auf eine andere Weise tun sollte.
Deshalb stieg ich in meinen Körper hinab, ließ die Blumen jedoch zurück.
Als ich in meinem Organismus erwachte, sah ich die Blumen vor mir.
Jetzt stellte ich mich auf die Blumen ein und wollte sie bewusst in meine Welt ziehen.
Ich nahm sie auf, drückte mir die Blumen ans Herz und kehrte zurück zur Erde.
Meine Konzentration war vollkommen, sie waren verstofflicht und in meinem Besitz, jedoch auf der Erde geboren.
Ihren Duft sog ich ein, und mein Herz schlug nun vor Freude.
Mit meinen Blumen fest in den Armen schlief ich ein.
Wie lange ich geschlafen hatte, konnte ich nicht wissen, aber in meiner Zelle war Licht.
Die Finsternis war vorbei und hatte sich aufgelöst.
Die Türen gingen auf, und wer betrat meine Zelle?
„Dectar, Meister Dectar, Ihr kommt mich holen?“
Wir sahen uns in die Augen.
Ich sah und las in ihm Tiefe und ein anderes Gefühl.
Ein unbeschreibliches Glück kam zu mir.
Tränen der Freude liefen mir über die Wangen, und auch Dectar weinte vor Glück.
Als er meinen Namen aussprach und ich seine Tränen sah, versagten mir fast die Glieder.
„Venry, mein lieber Venry, wie glücklich ich bin.“
„Dectar, mein Bruder.“
Ich fühlte und sah Dectar wieder.
Ich dankte den Göttern von Isis für seine große Liebe, seine außerordentliche Geduld und Selbstbeherrschung.
Dann sagte er zu mir: „Priester von Isis, ich komme Euch holen, Ihr seid von nun an Priester und erhaltet ein anderes Gewand.
Wir alle sind erfreut.“
Dann sah er auf meine Blumen.
Dectar kannte dieses Wunder und ließ mich spüren, wie lieb er mich hatte.
Jetzt verstand ich meinen Freund.
Dectar hatte ein Spiel spielen müssen.
Ich dankte ihm für all die Kraft und seine Strenge, obwohl ich noch nicht begriff, warum, doch ich meinte, es zu spüren.
Er sagte noch zu mir: „Priester von Isis.
Manchmal gibt es Zeiten, die sehr schwer sind, durch die uns jedoch die Gesetze offenbart werden.
„Er“, der über Himmel und Erde herrscht, gibt uns Menschen zu tragen, und darin müssen wir allein sein.
Ihr habt gezeigt, Ihr selbst zu sein, habt die Kluft zwischen „Leben und Tod“ überwunden, und Ihr seid bewusst.
Es ist sehr hart, wenn eine Mutter ihr eigenes Kind züchtigen muss, denn es schlägt tiefe Wunden ins mütterliche Herz, doch wenn es notwendig ist für das Bewusstsein, für das Erwachen, sodass die Jugend sich in Alter verwandelt, folgt sie diesem Weg trotzdem.
Ein Priester von Isis lernt sich auf diese Art selbst kennen.
Die Blumen, die Ihr in Euren Armen haltet, repräsentieren Eure Weisheit.
Ihr habt die Gesetze kennengelernt, nicht durch mich, nicht durch die Meister, sondern aus eigenen Kräften.
Wir alle grüßen Euch und nehmen Euch in unserer Mitte auf.
Mein lieber, lieber Venry, nicht mein Wille geschah, sondern seiner, der Wille deines geistigen Leiters, der sagte, du seist Priester.“
Ich verstand Dectar, auch, dass er mir hatte folgen können, und dass wir immer noch eins waren.
All die Jahre hatte er eine Maske getragen, doch durch eine unglaubliche Kraft hatte er sich zu beherrschen gewusst.
„Komm, lieber Venry, die Meister warten, nachher können wir reden.“
Wir traten ins Freie.
Der Oberpriester trat zu mir, beugte das Haupt vor den Blumen und sagte: „Ich heiße Euch willkommen in unserer Mitte.
Priester von Isis, wir alle sind erfreut, Euch in unserer Mitte zu sehen.“
Die Augen, die auf mich gerichtet waren, schossen Feuer, ich spürte Hass und Neid zu mir kommen.
Doch alle machten mir Platz, beugten die Häupter für dieses machtvolle Wunder.
Keiner von ihnen konnte es mir gleichtun.
Die Kraft, die von diesem Wunder ausging, zwang sie alle zur Ehrfurcht.
Trotzdem hatten sie mir in die Finsternis folgen können, und ich wurde in ihr Heiligtum gebracht.
Der Pharao hatte einen Boten gesandt, um das Wunder zu sehen.
Gemäß den Gesetzen von Isis hätte ich noch einige Monate warten müssen, bis ich mein Gewand tragen durfte.
Nun jedoch empfing ich mein Kleid, das weißgelbe Gewand mit dem schwarzen Gurt als Zeichen, dass ich den Tod besiegt hatte.
Ich verbeugte mich tief vor dem Oberpriester.
Der Bote des Königs lud uns alle ein, zum Pharao zu kommen.
Dann empfing ich mein Zeichen und die Großen Schwingen.
Ein junger Mann mit Schwingen schwebte im Raum und über der Pyramide, verbreitete von dort seine Weisheit über jene, die auf der Erde lebten.
Das waren die Zeichen der Großen Schwingen, und diese waren nun in meinem Besitz.
Dann spürte ich, dass Gedanken in mich kamen, und ich wollte erfahren, ob die Meister über mich und Dectar etwas wussten, und fragte den Oberpriester: „Hoher Meister, ich bin sehr glücklich und danke Euch.
Doch mein Glück wäre nicht vollkommen, wenn mein Meister mein Glück nicht teilen durfte, der mir das Mächtige gab und mich zu dem machte, was ich nun bin.“
„Was wünscht Ihr, Priester von Isis?“
„Darf ich meinem Meister diese Blume schenken, die zwischen Leben und Tod lebte und gedieh?
Und darf ich die andere den Göttern von Isis opfern?“
„Ihr seid ein würdiger Schüler, und Ihr zwingt mir allen Respekt und Bewunderung ab.
Schenkt Eurem Meister dieses Glück, seine kraftvolle Führung macht Isis groß.“
Ich wusste genug und sah Dectar an, aber auch er verstand mich.
Dann nahm mein lieber Freund die Blume von mir an, und ich trat zum Boten des Königs und sagte: „Wenn ich den Pharao glücklich machen kann, siehe hier, eine andere Blume für sein mächtiges Haus, für ihn und seine Gemahlin.“
Ich stellte mich vor ihn, beugte mich zur Erde und pflückte aus der unsichtbaren Welt einen tiefschwarzen Kelch und reichte ihm diesen.
Ich sah, dass alle niederknieten.
Der Gesandte bebte vor Angst und Rührung ob dieses Wunders.
Ich sagte zu ihm: „Sagt Eurem König, dass sie bis zur Nacht am Leben bleibt, dann löst sie sich auf.“
Zum Oberpriester sagte ich: „Ich, der ich die Gesetze zwischen Himmel und Erde kenne, sage mir nun selbst, fortzugehen und auszuruhen.“
Ich trat aus ihrer Mitte, ich wusste jedoch, dass ich dies nicht hätte tun sollen, aber eine plötzlich einsetzende Empfindung zwang mich, so zu handeln.
Diese Macht kannte man auf Isis nicht, kein Priester hatte sie erleben dürfen, obwohl sie sehr viel über diese Wunder wussten.
Dectar brachte mich zu meiner neuen Zelle.
Als wir allein waren, umarmte er mich, und wir beide weinten.
„Dectar, oh, mein lieber Freund, wie glücklich bin ich, dass du noch mein Bruder bist.
Wie dankbar ich dir bin, Dectar, ich habe heilige Ehrfurcht vor dir, du bist ein großer Meister, ein Meister in allem.
In mir war kein heiliger Ernst, aber durch wen, lieber Dectar, und warum so plötzlich?
Meine Gaben sind nun bewusst, ich kann gehen, wohin ich möchte, kann mich nun in das stoffliche Leben versetzen, und das durch dich, Dectar.
Du wirst nun Wunder erleben, mein Freund, und dieser Ernst wird in mir bleiben.
Auch du hast die Großen Schwingen, Dectar?
Aber über Myra weißt du noch nichts?
Ich sehe alles, lieber Freund, und mein Sehen ist sehr klar.“
„Hör zu, lieber Venry.
Als das erste Wunder geschah, hat dein geistiger Leiter mir das aufgetragen.
Du hörtest im Raum sprechen, und bei meiner Rückkehr zur Erde war ich tief getroffen.
So schrecklich es auch für mich war, lieber Venry, es war dennoch notwendig, denn wir hatten uns vergessen.
Damals brach mir das Herz.
Myra habe ich noch nicht gesehen, doch das wird bald kommen.
Ich bin so glücklich, Venry, jetzt sind wir wieder vollkommen eins, trotzdem sollten wir sehr vorsichtig sein.
Du bist für mich eine Vision, Venry, ein großes Wunder.
Du siehst es, auch der Pharao weiß bereits Bescheid, man hat dir folgen können und deine Macht gespürt, aber ich habe meine Schwingen wieder, lieber Venry, und das wissen sie nicht.
Nur dein geistiger Leiter und der, lieber Venry, dem du dort begegnet bist.“
„Meinst du, Dectar, dass er mein geistiger Leiter war?“
„Es kann nicht anders sein, aber für die Meister ist es ein großes Rätsel, nur ich weiß es, und ich durfte dich dort sehen.“
„Dann ist alles fabelhaft, Dectar, und wir können mit unserer Arbeit beginnen.
Erst jetzt bin ich bereit, in allem bereit, Dectar.
War mein geistiger Leiter „im Tode“ auch bei mir, Dectar?“
„Auch dort, mein Freund, er hat dich auch darin nicht allein gelassen.“
„Kannst du mir alles vergeben, Dectar?“
„Habe ich etwas zu vergeben, Venry?
Ich bin sehr glücklich, dass es vorbei ist, jetzt kann ich wieder mit dir reden.
Trotzdem folgte ich dir in allem, aber dein Abgeschlossensein war vollkommen.“
„Hat mein geistiger Leiter dich so tief abgeschlossen, Dectar?“
„Können irdische Menschen sich so abschließen, Venry?“
„Nein, das ist nicht möglich, also sind in allem Kräfte.“
„Jetzt beginnt unsere Arbeit, Venry.“
„Nachher siehst du Myra, Dectar, und danach die „Wiese“.
Kannst du noch ein wenig Geduld haben?“
„Natürlich, ich werde warten.“
„Hast du deine Schwingen durch meinen geistigen Leiter zurückerhalten?“
„Du hast den Tod erlebt, und in dieser Zeit erlöste er mich von ihren Kräften, Venry.“
„Das ist alles wunderbar, Dectar.“
„Doch nun solltest du ruhen, Venry.
Priester von Isis, Ihr werdet schlafen.
Jetzt werdet Ihr schlafen.
Meine Kräfte kehren zurück zu mir, Venry, du hast auch den Schlaf besiegt.
Dectar wird nun Weisheit empfangen, und wir werden gemeinsam zum Pharao gehen.
Das wird fabelhaft, Venry.
Die Allergrößten Schwingen sind nun in deinem Besitz.
Wie können wir den Göttern danken.
Ich gehe fort, sei gegrüßt, Venry.“
Nachdem ich meine neue Zelle bewundert hatte, legte ich mich nieder.
Doch bevor ich eingeschlafen war, hörte ich zum ersten Mal meinen geistigen Leiter wieder zu mir sprechen und hörte: „Könnt Ihr, Priester von Isis, meine einfachen Glückwünsche annehmen?
Wahrlich, lieber Venry, du verstehst nun, zu handeln und Maßnahmen zu treffen.
Du bist es wert, Gaben zu besitzen, deine Jugend ist gestorben.
Du dienst nun den Göttern, von denen du all diese Gaben empfangen hast.
Lieber Venry, kannst du auch mir vergeben?
Ich musste diese Maßnahmen treffen, dein Freund Dectar fand es schrecklich, aber es musste sein.
Hast du es schon gehört, Venry?
Die geistig Armen laden dich bereits ein, und ich habe dir davon erzählt, vor einigen Jahren.
Nun sind wir soweit.
Man wird dich empfangen.
Ich bitte dich, Venry, verhalte dich wie ein Hohepriester.
Auch das wirst du bald empfangen.
Zeige ihnen deine Kräfte, doch gehe wie ein Lamm zur Mutter, umgebe dich mit all deiner Weisheit, aber verberge nicht deine Meisterschaft, zeige ihnen die Wunder, nur dann, wenn die Gefühle zu dir kommen, denn dann werde ich bereit sein.
Trage das Gewand der Einfachheit und Demut, doch lasse von dir ausgehen all dein Wissen und all deine Kraft, deine Ruhe und Bewusstsein.
Vergiss nicht, lieber Venry, dass er der Pharao ist und du ein Priester.
Wenn die Folgen all der Wunder dir bisweilen zu mächtig werden, so rufe mich.
Deinem Bruder Dectar gab ich die Schwingen, und ich bin ihm sehr dankbar; für seine große Hilfe empfinde ich heilige Ehrfurcht.
Du hast den Tod besiegt, lieber Venry.
Kennst du nun den Tod?
Hast du meine Wärme gespürt?
Von jetzt an kannst du über mich verfügen, und du solltest wissen, dass ich immer da bin.
Du brauchst mich weder zu suchen, noch zu warten, trotzdem geschehen die Wunder allein durch mich.
Wisse dann, dass wir eins sind in allem.
Du bist ein Meister, doch bleibe du selbst.
Lasse sie gehen, die Wunde auf Wunde schlagen, ihre Zeit wird kommen, unsere ist sicher.
Du wirst zu ihnen allen sprechen, Venry, wisse deshalb, deine Worte so zu wählen, dass sie die Tiefe nicht ergründen können und dich dennoch verstehen.
Dabei werde ich dir helfen.
Ich gehe fort, mein Freund, unsere mächtige Arbeit nimmt nun ihren Anfang.
Derjenige, dem du zwischen Leben und Tod begegnet bist, grüßt dich.“