In der Finsternis

Dectar brachte mich zu dem Gebäude, in das man mich einsperren würde.
Er sah mich an und ging fort.
Ein Priester in einem dunklen Gewand trat mir entgegen, sprach jedoch kein Wort zu mir.
Er brachte mich in die Finsternis, bedeutete mir, wie und wo ich mein einfaches Mahl bekommen würde, und verschwand.
In Gedanken fing ich seine unausgesprochenen Worte auf, denn er war wie der Tod und ein Wärter der Stille.
Es war ihm verboten zu sprechen.
Ich war allein.
Jetzt würde meine Ausbildung erst richtig beginnen.
Ich befand mich nun in diesem schrecklichen Raum, aus dem viele wahnsinnig herausgekommen waren und wiederum andere den Tod gefunden hatten.
Diese Zelle war rund.
Außer einem Ruhelager und meiner Person war sie vollkommen leer.
Ich legte mich nieder, denn ich hatte sehr viel zu denken.
Als ich mit meinen eigenen Erlebnissen fertig war, stellte ich mich auf die Finsternis ein.
Mein Ruhelager stand dem Westen zugewandt.
Das hatte eine Bedeutung.
„Das Lager darf nicht entfernt werden, es muss dort bleiben.
Doch bleibe soviel wie möglich im Osten.“
Diese Gedanken waren nicht meine, mein geistiger Leiter war auf seinem Posten.
„Ich bin Euch sehr dankbar.“
Ich versuchte dennoch, das Bett zu verrücken, aber es war nicht möglich.
An dieser Stelle war ich leicht zu erreichen, und sie mussten sich nicht mit Gewalt anstrengen.
Lag mein Organismus mit dem Kopf zum Westen, so war meine Konzentration bereits zur Hälfte gebrochen.
Die natürlichen Gesetze würde ich befolgen, nun jedoch lebte ich in einem disharmonischen Zustand.
Ich fand das nicht gerecht, doch ich gab mich geschlagen.
Aber meine Seele verlangte nach Abstimmung, mein eigenes Leben und Denken war auf den Osten ausgerichtet, nicht auf den Westen.
Das hier war keine natürliche Harmonie, sondern das Brechen meiner Persönlichkeit.
Noch war ein wenig Licht wahrzunehmen, aber schon bald wurde es sehr dunkel.
In dieser Hölle würde ich sieben Tage und Nächte bleiben müssen.
Gerne würde ich all meine Kraft verbrauchen, doch eine andere Macht wollte das nicht.
Ich fühlte mich sehr kräftig und dachte, ich wäre bereit.
Ein Gefühl des Schlafes übermannte mich.
Auch hier sah ich die astrale Mauer.
Die Finsternis kam immer näher, ich konnte kaum noch die Hand vor Augen sehen.
Ich begriff auch, dass ich versuchen musste, mich selbst zu retten; in allem wurde mir nicht geholfen, denn dann würde ich nichts lernen.
Jetzt sollte ich mir verschiedene Kräfte zu eigen machen.
Die Wirkung und die Gefahren von „Leben und Tod“ drängten sich mir bereits auf, weil mich eine tödliche Müdigkeit erfasste.
Ich ließ mich gehen und schlief ein, blieb aber geistig wach.
Mein Organismus schlief nun, ich selbst lebte darin und war wach.
Dieses Wunder hatte ich mir zu eigen zu machen gewusst.
Durch meine natürliche Begabung war mein Wachsein vollkommen.
Ich wartete nun auf die ersten Erscheinungen und durchbohrte die Dunkelheit.
Mein Schlaf, als allererste Erscheinung, wurde immer tiefer, eine tödliche Müdigkeit dominierte mich selbst und mein Stoffkleid.
Die Meister hatten ihre Konzentration eingestellt.
Ich war müde, todmüde.
Wie ein Kranker hing ich in meinem eigenen Körper.
Ich glitt von allein hinaus, doch ich wollte darin bleiben.
Ich stellte deshalb meine Konzentration als Widerstand ein, sodass ich ihrem Denken und Fühlen folgen konnte.
Im Schlaf wollten sie mich erreichen; wenn ich erschöpft wäre, würden sie mit mir machen können, was sie wollten.
Die Müdigkeit, die ich nun spürte, war schrecklich.
Ich glaubte schon jetzt zusammenzubrechen, und doch war ich erst kurz hier, und es sollte erst beginnen.
Je stärker die Müdigkeit wurde, um so kräftiger wurde mein eigener Wunsch, wach zu bleiben.
Dieses Spiel des Wachseins und Einschlafens hielt ich durch.
Wie lange ich das bereits tat, wusste ich schon jetzt nicht mehr.
Indessen trank ich ein wenig Fruchtsaft und stellte mich danach auf die Natur ein, denn ich wollte wissen, wie lange ich hier war.
Doch die Natur war für mich abgeschlossen, für mich gab es weder Tag noch Nacht, weder Zeit noch Sonne, nichts, nur Dunkelheit.
Ich lebte nun in ihrer Welt, ihre Konzentration und ihr Abschließen waren vernichtend.
Ich konnte an nichts denken.
Mein eigenes Fühlen und Denken wurde erstickt.
Ich durfte nur sie spüren und war ihr geistiger Gefangener.
Die schrecklichen Gedanken, die sie mir sandten, musste ich zu verarbeiten suchen.
„Ihr seid unfehlbar, Herren von Isis, Eure Konzentration ist sehr klar, doch abscheulich.“
Ich lernte eine Welt von Macht und Kraft kennen; aus ihrer Welt heraus spielten sie ein Spiel von Leben und Tod, denn ihre Gedanken begannen nun, Gestalt anzunehmen.
Als ich das verarbeitet hatte, kamen andere Gedanken zu mir.
Ich spürte wieder die Wärme, und ich verstand, was das bedeutete.
Von Zeit und Raum, Tag oder Nacht, hatte ich keine Ahnung mehr, doch die Wärme ließ mich fühlen, was ich tun sollte.
Es war meine einzige Möglichkeit, doch noch abseits von ihnen denken zu können.
Mein Stoffkörper war ein natürliches Produkt.
Mein eigener Körper konnte mich nun, als denkendes und fühlendes Wesen, mit der Natur verbinden.
Wenn ich richtig dachte und mich abseits von ihnen dennoch einstellen konnte, so war es mir ebenfalls möglich, abseits von ihnen zu denken und ich selbst zu bleiben.
Der Organismus besaß eine natürliche Abstimmung, aus dem Nichts war es entstanden, lebte nun jedoch auf voller Kraft und war vollkommen.
Indem ich nun dieser Wirkung folgte, und dabei wurde mir geholfen, war es mir möglich, dennoch abseits von ihnen denken zu können und mich für ihren Angriff bereitzumachen.
Dieser Wirkung zu folgen bedeutete einen Wachstumsprozess und verlangte mir alles ab.
Geraume Zeit war ich damit beschäftigt, als ich mich eins fühlte.
Erst jetzt begriff ich dieses Wunder.
Aus meinem stofflichen Körper heraus kam nun Schlaf zu mir, das Gefühl, das jedes lebende Wesen erlebt.
Dieses Gefühl gehörte zu meinem eigenen Organismus, der mich zwang, einzuschlafen.
Doch am Schlaf stellte ich nun Zeit und Stunde fest.
Das ist sonderbar, so dachte ich, ich sehe und fühle, dass die Sonne untergegangen ist.
Einen vollen Tag war ich bereits in der Dunkelheit und noch immer bewusst.
Da ich nun dieser natürlichen Müdigkeit weiterhin folgte, konnte ich sehen, dass die Nacht herannahte.
Durch dieses Einstellen war es mir dennoch möglich, zu sehen, obwohl die Meister mich in ihre eigene Welt hinaufgezogen hatten.
Aber ihr Einwirken spürte ich weiterhin.
Die Müdigkeit meines Stoffkleides und die der Meister konnte ich klar unterscheiden.
Ihre war grob und bestrafte mich, die andere Müdigkeit bedeutete für mich wohltuende Ruhe.
Da ich nun diese unterschiedlichen Arten von Müdigkeit kontrollieren konnte, fühlte ich mich glücklich.
Meinem Meister sandte ich Dank für das, was er mich gelehrt hatte.
Bisher war ich eigentlich unerreichbar.
Es verlief genau wie damals, als sie mich zum ersten Mal ergründeten und mich dennoch nicht finden konnten.
Ich war da und auch wieder nicht.
Ich lebte hier und erlebte ihre Konzentration, dennoch war schon ein Tag vergangen, und ich war noch bewusst.
Ein ausgezeichnetes Ergebnis war das, und meine erste Erkenntnis nach einem Tag Erleben in der Dunkelheit.
Doch hiervon hatte Dectar mir nichts erzählt.
Mein Körper schlief, doch ich musste ihn aufwecken.
Plötzlich bekam ich das Gefühl von heftigem Durst.
Dieses Gefühl fand ich sehr merkwürdig, denn ich lebte doch eigentlich außerhalb meines Stoffkörpers.
Doch die Schnur, die beide Körper miteinander verband, brachte den Durst zu mir, mein Körper brauchte Flüssigkeit.
Mein eigener Organismus zwang mich dazu, ihn aufzuwecken und seinem Bedürfnis zu entsprechen.
Dafür stieg ich in meinen Körper hinab.
Als ich eins war und den Organismus zur Wirkung brachte, erfasste mich eine schreckliche Müdigkeit.
Ihr ständiges Konzentrieren hatte ihn derart erschöpft, dass ich ihn kaum in Bewegung zu bringen vermochte.
Ich schleppte mich an den Platz, an dem der Fruchtsaft stand, und kehrte dann wieder zurück.
Ich war mehr tot als lebendig.
Dennoch hatte ich mich einen Tag lang zu schützen und das Verdichten der Dunkelheit zu verhindern gewusst.
Jeden Augenblick glaubte ich bereits Schemen zu sehen.
Ich konnte nun meinen Körper nicht mehr wach halten, so stark waren die Gedanken der Meister.
Ihr Gift sank in mich hinab.
Meinen stofflichen Körper hatten sie nun besiegt, das war mir klar.
Furcht kam zu mir.
Wenn ich zusammenbrach, konnten sie beginnen und das Ungeziefer auf mich losschicken.
Würden Schemen, von denen Dectar gesprochen hatte, zu mir kommen?
Einen ganzen Tag hieben sie auf mein stoffliches Kleid ein, das wie tot daniederlag.
Mein Untergang stand bevor.
Furcht ergriff meine Seele und das Gefühl der Machtlosigkeit.
Die Müdigkeit kam immer näher; jetzt ich selbst noch, dann erst würde es beginnen.
Deshalb suchte ich nach einem Mittel, mich selbst davor zu schützen.
Tief in mir lag noch immer ihr Gift, weil ein mattes Gefühl mich zum Einschlafen zwang.
Wenn das möglich wäre, würde dieser leere Raum bevölkert und sicher würden die Scheingestalten erwachen, unter denen es Dämonen gab, die in der Realität lebten.
Es war mir nun kaum noch möglich, zu denken.
Als ich Dectars Namen aussprach, hatte dieser keine Bedeutung mehr für mich.
Ich wiederholte ihn einige Male.
Dectar?
Wer ist Dectar?
Ich fühlte mich weit weg, in einer Welt, in der ich niemanden kannte, in der mir alles fremd war.
Aber durch ein wohltuendes Gefühl, das zu mir kam, erwachte meine Seele.
Dieses Gefühl half mir, zu denken.
Aber ich befand mich auf der Schwelle des Unbewusstseins, doch eine helfende Hand wurde zu mir ausgestreckt und zog mich hoch zum Tagesbewusstsein.
Ich wäre fast verloren und ein Spielball der Meister gewesen.
Meinen besten Freund kannte ich nicht einmal mehr.
Ich flehte um Hilfe, um meine liebe Mutter und Ardaty, alle, die mir lieb waren, mussten mir helfen.
Den Anfang vom Unbewusstsein hatte ich soeben gefühlt, denn ich war nicht mehr ich selbst.
Der Name Dectar sagte mir nichts.
In mir lag Bewusstlosigkeit.
Ich war geschwängert von ihrem Gift, es kam immer näher, und es würde mich vernichten.
Die Gefahr war bereits im Anzug.
Dann kam die Wärme zu mir.
Im allerletzten Augenblick griff man ein, aber meine Lektion und die Stärke ihrer Konzentration hatte ich erlebt.
„Teilt Euch bis auf fünfundzwanzig Prozent, Widerstand zu leisten macht Euch wahnsinnig“, hörte ich zu mir sagen.
„Könnt Ihr Euch vorstellen“, sandte ich zurück, „dass Ihr mich glücklich macht?
Ich werde Eure Hilfe in Dankbarkeit annehmen und mein Bestes tun, mehr ist nun nicht in mir.“
Nachdem ich meine Dankbarkeit hochgesendet hatte, ging ich an die Arbeit.
Ich würde mich teilen, und ich verstand, was man meinte.
Dafür musste ich in den Körper hinabsteigen und ihre Wirkung akzeptieren.
Doch die fünfundzwanzig Prozent würden meine eigene Waffe sein, die Fünfundsiebzig mussten erleben, was sie mir zusandten.
Es war mir sehr klar, und ich stieg in mein Stoffkleid hinab.
Sofort spürte ich die tödliche Müdigkeit meines Körpers; durch ihre fortwährende Konzentration hatten sie ihn fast ermordet.
Ich hatte zu lange Widerstand geleistet und konnte dem dennoch nicht entkommen.
Nun war Gewalt im Verzug.
Zu denken und zu fühlen war mir nun nicht mehr möglich.
Bald sank ich hinab, und mein Blick wurde verschwommen.
Die Meister hatten mich überwältigt.
Ich wusste gar nichts mehr.
* *
*
Ich war draußen.
Vor mir sah ich eine wundervolle Landschaft.
Die Natur war sehr schön, und ich war dabei, Früchte zu suchen, die in der Nacht wuchsen und gediehen.
Die Umgebung war einsam und verlassen, ich begegnete keinem Sterblichen.
Mein Weg führte mich in ein Tal.
Eine fremde Kraft jagte mich voran, immer schneller, sodass ich kaum noch atmen konnte.
Trotzdem besaß ich noch ein wenig Kraft, um dieses schnelle Vorangehen zu bremsen.
Als ich das Tal erreicht hatte, ging ich etwas langsamer weiter.
Jetzt wieder schneller zu gehen, war nicht möglich.
Ich war gleichsam ein willenloses Instrument und musste es erleben.
Ich stellte mich auf die Früchte ein und hoffte, sehr viele davon zu finden.
Damit würde ich den Pharao glücklich machen.
Hierfür erhielt man eine Belohnung, weil sehr viel Gefahr damit verbunden war.
Plötzlich konnte ich vor natürliche Ereignisse gestellt werden, und das waren die wilden Tiere, die hier in großer Zahl lebten.
Vor mir sah ich eine Höhle, und darin würde ich sie sehr sicher finden.
An Gefahr dachte ich nicht.
Am Eingang kam mir ein kalter Lufthauch entgegen.
Als ich mich daran gewöhnt hatte, ging ich weiter in die Höhle hinein.
Ich suchte links und rechts, in Spalten und auf Felsvorsprüngen, doch ich sah keine Früchte.
Immer tiefer irrte ich von Gang zu Gang und fühlte Furcht in mir aufsteigen.
Ich rannte nun in einen Gang hinein und zum anderen wieder hinaus und hatte mich verlaufen.
In einem Labyrinth aus Spalten und Gängen hatte ich mich verirrt.
Mir brach der Angstschweiß aus und ich fühlte mich ratlos.
Ich suchte weiter, doch überall fand ich meinen Weg versperrt.
Furcht und Schrecken erfassten mich.
Das Licht, das ich soeben noch wahrgenommen hatte, wurde schwächer, und tastend suchte ich nach dem Ausgang.
Plötzlich hörte ich ein schreckliches Zischen, in meiner unmittelbaren Umgebung kroch etwas über den Boden.
Zwei feurige Augen sahen mich an und kamen auf mich zu.
Das Tier strahlte Licht aus; ich konnte es deutlich sehen.
Es war eine Schlange von unglaublicher Größe.
Als sie sich mir näherte, schrie ich um Hilfe.
Die Augen zwangen mich, zu bleiben, wo ich war, doch ich rief weiter um Hilfe.
Das Zischen kam auf mich zu, die gespaltene Zunge schoss in meine Richtung, bald würde sie bei mir sein.
Durch die Furcht fühlte ich Schwindel kommen.
Ich sank immer tiefer weg, und meine ganze Umgebung wurde verschwommen.
Dennoch dachte ich weiterhin bewusst.
Aber dieses Denken war wie eine Erinnerung an Jahrhunderte zuvor.
Ich fühlte mich, und zugleich auch wieder nicht.
Und dennoch konnte ich mich entsinnen, dass ich es selbst war, die Person, die etwas erleben musste; dass ich einen Körper besaß wie alle Menschen, und dass ich auf der Erde lebte.
Ich fühlte mich wie ein kleiner Teil meiner selbst, die andere Menge war aus mir weg, und ich konnte sie nun nicht zu mir ziehen.
Ich war wie ein einziges Blatt einer Blüte und hatte dennoch mit dem Ganzen zu tun und war Teil davon.
Meine Furcht und mein Schwindel, mein Suchen und Tasten, und das Zischen dieses schrecklichen Tieres erreichten mich jetzt nicht.
Ruhig begann ich, zu denken.
Die Schlange war nun nähergekommen und schlang sich um meinen Körper.
Das Tier würde mich erdrücken, doch in mir waren keine Kräfte mehr, um Widerstand zu leisten.
Ich ließ geschehen, was kommen würde.
Ich war gelähmt, zur Gegenkonzentration fehlten mir die Kräfte.
Nun erdrückte die Schlange meinen Brustkorb.
Ich fühlte einen heftigen Schmerz in mich kommen, aber die Kraft, um Hilfe zu rufen, besaß ich nicht mehr.
Schmerz schnürte mir den Atem ab.
Die Bewusstlosigkeit kündigte sich an.
Dennoch konnte ich noch denken.
War ich bereits zu Tode gedrückt?
Ich konnte nicht einmal mehr folgen.
Tatsächlich, noch lebte ich, doch ich wurde langsam zu Tode gedrückt.
Das Atmen fiel mir immer schwerer, dagegen konnte ich nichts tun, ich ergab mich ganz und nahm hin, was ich erleben würde.
Ich hatte keine Angst zu sterben, denn es gab keinen Tod.
Das Tier hatte offenbar keinen Hunger, oder ich war bereits zerquetscht.
Den Sterbevorgang musste ich hinnehmen, und ich würde ihn nun erleben.
Und es war, als würde ich einschlafen.
Die Schmerzen wurden weniger, meine Atmung stand still.
Ich war tot, auf der Erde gestorben, erdrückt von einem Reptil, doch der Tod war nichts anderes als einschlafen.
Mein irdisches Bewusstsein hatte ich abgelegt, nun würde mein geistiges Bewusstsein in mich kommen.
Den Sterbevorgang hatte ich erlebt, und das Eintreten in jene andere Welt, und wartete ab, bis neue Kräfte in mich kommen würden.
Nun befand ich mich in dem Leben nach dem Tode, langsam kehrte mein eigenes Leben zurück, und ich verstand, was mit mir geschehen war.
Blitzschnell überdachte ich das, was ich hatte erleben müssen, und ich fand es wundersam.
Ihre Konzentration war jedoch schrecklich.
Doch wo war ich eigentlich?
Dieser Raum war mir bekannt.
War mein geistiger Leiter mir gefolgt?
Und hatte ich in jenem Zustand Widerstand geleistet?
Hatte es Augenblicke gegeben, in denen ich mich vergessen hatte?
Hatten die Meister meinem Denken und Fühlen folgen können?
Als ich all diese Fragen stellte, sah ich in meiner Nähe ein abscheuliches Monster.
Dieses Monster war wie ein irdischer Mensch, aber es hatte grüne Augen und ich gewahrte einen widerlichen Gestank.
Es war wie ein wildes Tier und stieß ein satanisches Geschrei aus.
Der Tiermensch stürmte auf mich zu, doch bevor das menschliche Tier bei mir war, brach ich zusammen und verlor das Bewusstsein.
In mir war kein Widerstand mehr, all meine Kräfte hatte ich verbraucht.
Dann erwachte ich und sah mich von Dunkelheit umgeben.
Vorsichtig begann ich zu denken und mich zu fragen, wo ich denn lebte.
Ich betastete meinen Körper und fühlte es.
Ja, ich lebte noch, doch wo lebte ich.
Hatte der Tiermensch mich nicht zerquetscht?
Um mich herum herrschte Dunkelheit, ich hatte keine Ahnung vom Leben, oder vom Tod, es war kein normales Bewusstsein mehr in mir.
Ich besaß nun nichts mehr, woran ich mich orientieren konnte.
Was war eigentlich mit mir geschehen?
Lebte ich zwischen „Leben und Tod“?
Gehörte ich noch zur Erde?
Konnte ich zur Erde gehören?
Wo war ich denn?
Wo bin ich, wo lebe ich?
Ich hatte den Verstand verloren.
Es war mir nicht mehr möglich, normal zu denken.
Ich bin verrückt, der Wahnsinn ist in mich gekommen.
Ich befand mich auf der Schwelle zum Wahnsinn.
In mir gab es kein Leben mehr, so etwas Schreckliches hatte ich noch nie erlebt.
War ich bereits wahnsinnig?
Wie fühlten sich Menschen, die den Verstand verloren hatten?
Konnten sie auch darin fühlen und denken?
War von ihrem eigenen Bewusstsein noch etwas geblieben, oder hatte sich dann ihre gesamte Persönlichkeit gelöst?
Ich bin verrückt, meine liebe Mutter, ich bin verrückt, Ardaty, ich bin wahnsinnig und habe den Verstand verloren.
Hilfe, Hilfe, ich bin verrückt!
Plötzlich hörte ich ganz nah neben mir sagen: „Du bist nicht verrückt.
Du bist nicht wahnsinnig.
Du kannst denken und fühlen.
Dein Gefühl ist normal.
Du fragst schließlich nach deiner Mutter?“
„Ja“, rief ich, „ja, ich rufe nach meiner Mutter, und ich weiß, wer meine Mutter ist.“
Mein Gehirn war verwirrt, und ich war todmüde; danach brach ich erneut zusammen.
So wie die Nacht dem Tage weicht, kehrte ich zum Leben zurück.
Ich war wieder wach, aber mein Zustand war noch derselbe.
Erneut stellte ich Fragen, fühlte und dachte und wurde etwas ruhiger.
Dass ich noch immer normal war, begriff ich nun, denn ich konnte denken.
Mein eigenes Wesen kehrte zu mir zurück.
Ich dachte an meine Mutter, an Ardaty und an Dectar.
Vorsichtig ging ich nun weiter und überdachte alles, und mir war klar, was ich erlebt hatte.
Ich war in der Dunkelheit gewesen, hatte den Sterbevorgang erlebt und war einige Male zusammengebrochen.
Jetzt war ich wieder ich selbst, und die Wärme schwebte über meinem Kopf.
Mein Meister hatte mich also nicht allein gelassen.
Mein geistiger Leiter zeigte mir jetzt den Weg, ich musste nun versuchen, ich selbst zu bleiben.
Ich folgte erneut allem und wartete dann ab.
Ob ich wieder in meiner Zelle lebte, konnte ich noch nicht feststellen.
Und auf der Erde Bilder zu sehen oder an irdische Dinge zu denken, war noch nicht möglich.
Ich lebte in einem geistigen Chaos, unterschiedliche Welten drängten sich mir auf, doch in keiner von ihnen war ich eigentlich bewusst.
Jetzt wusste ich weder ein noch aus, und dennoch musste ich ich selbst bleiben.
War ich noch in der Finsternis?
Mich jetzt auf etwas einzustellen, getraute ich mich nicht.
Aber ich musste denken und begann doch wieder allem, was ich erlebt hatte, zu folgen.
Nun näherte sich das Sterben auf der Erde, das Reptil erdrückte mich.
Ich konnte nicht mehr atmen, der Tod näherte sich, und ich brach wieder zusammen.
Mein Widerstand war gebrochen, meinem eigenen „Ich“ hatte man alles geraubt.
Ich war ein Spielball, ein Mensch ohne Gefühl.
Ob die Meister das alles wussten?
Ich bat um Zeit, Zeit um zu erwachen, Zeit, um zu mir zu kommen.
Ich brauchte Zeit, um mich zu erholen.
Kam Bewusstsein in mich?
Soeben dachte ich die Wärme zu spüren, und das bedeutete Hilfe.
Mein Bewusstsein wurde kräftiger, es kamen neue Gedanken zu mir, und diese Gedanken brachten mich zurück zu mir selbst.
Mein Fühlen und Denken war falsch gewesen, denn ich hatte meine Gaben nicht benutzt, sodass die Meister mit mir tun konnten, was sie wollten.
Der Anfang war ausgezeichnet, meine Teilung völlig richtig, dennoch hatte ich mich vergessen und meine eigenen Kräfte ausgeschaltet.
Wer hatte mich wieder wach gemacht?
Wer ließ mich jetzt denken?
Ich dachte wieder, doch durch wen?
Die Absicht war sehr gut, doch hatte ich nichts gelernt?
Wie ein leeres Wesen hatte ich alles erfahren?
Was ich durch Dectar gelernt hatte, hatte ich nicht angewendet?
All diese Fragen drängten sich mir auf, und ich verstand gar nichts.
Ich musste also erneut beginnen und mich bereit machen, ich musste in meiner Zelle und außerhalb meiner Zelle sein, auf der Erde, oder in dieser Welt, in der ich zu sein meinte.
Sicher war ich mir dessen noch nicht, aber ich hoffte, es bald zu erfahren, dann würde ich fortfahren können.
Ich erinnerte mich, dass ich alles nacherlebte und zusammenbrach, als ich dem Reptil begegnet war.
Aber jetzt wollte ich zuerst wissen, wo ich eigentlich war.
Ich betastete mich, kniff meinen Körper und fühlte, dass mein stofflicher Organismus lebte.
Tatsächlich, ich bin in meiner Zelle, in der Finsternis.
Als ich meinen Kopf spürte, wurde ich sehr glücklich.
Auch meine Arme und Beine waren in meinem Besitz, ich war also nicht verunglückt, auch nicht gestorben, das hatte ich durch die Meister erlebt.
Das Untier war eine Scheingestalt, doch die Realität davon hatte ich gespürt.
Jetzt hörte ich mein eigenes Herz schlagen und fühlte mein Bewusstsein zurückkommen.
Vor Freude rannen mir die Tränen über die Wangen.
Wie glücklich war ich, dass das normale Bewusstsein noch in mir war.
Durch meine Freude und Tränen entspannte sich mein Körper, und ich konnte wieder etwas leichter atmen.
Dann wollte ich erfahren, ob ich noch immer auf meinem Ruhelager lag.
Nein, mein Lager fühlte ich nicht, meine Hände berührten den Boden.
War ich eigentlich in meiner Zelle?
Das musste ich herausfinden, sonst würde ich keine Ruhe haben.
Darauf folgte ein Rundgang durch diese Dunkelheit.
Ich kroch von links nach rechts, in die Mitte und ging auch da wieder hinaus.
Ich sah nichts als eine tiefe Dunkelheit, noch immer hatte ich mein Ruhelager nicht gefunden.
Doch etwas war mir klar, ich war dabei zu suchen, und mein Denken war normal.
Das Gefühl, das in mir war, gehört zum normalen Bewusstsein.
Ich ruhte mich ein wenig aus und begann erneut zu suchen.
Mein Körper war durch das Umherkriechen sehr müde, aber ich hielt durch, ich musste wissen, wo ich war.
Nachdem ich lange hin und her, links und rechts, vorwärts und rückwärts gekrochen war, fand ich endlich mein Ruhelager wieder.
Mit all meinen Kräften, die noch in mir waren, zog ich mich hoch und sank zusammen.
Danach trat ich zugleich aus meinem Organismus heraus und lebte nun in jener anderen Welt.
Ein warnendes Gefühl sagte mir, dass ich die Realität erleben würde.
Ich befand mich in einem enormen Raum, aber ich war wiederum ganz allein.
Dennoch gab es ein wenig Licht, aber das Licht wurde schwächer.
In diesem leeren Raum nahm das Leben Formen an und verdichtete sich.
In dem Maße, wie es sich verdichtete, trat auch die Finsternis ein.
Als es völlig dunkel war, sah ich Gestalten und sogar Höhlen und Hütten, in denen Menschen lebten.
Diese Menschen hatten auf der Erde gelebt und waren astrale Dämonen, wovon Dectar mir erzählt hatte.
Dennoch fühlte ich mich ganz ruhig und trat etwas näher, denn ich wollte Genaueres wissen.
Wie ist es möglich, dachte ich, es sind Menschen, aber auch widerwärtige Monster.
Als ich mich auf diese Körper einstellte, sah ich ihr Blut und konnte auch dem inneren Leben folgen.
Diese Menschen waren wie Teufel und wie Tiere nicht sein konnten.
Zu mir kam: „Ihr Leben ist unbewusst, sie wissen nicht um ihre eigene Existenz und sind bereit, dich anzugreifen.“
Diese Erklärung war wieder von meinem geistigen Leiter, und ich war dafür sehr dankbar.
Ich lebte also in der Realität.
Als ich ihr Tun und Lassen beobachtete, verstand ich das Jämmerliche ihres finsteren Lebens.
Was sie taten, war nicht menschlich, ein Tier lebte anders.
Doch das Unmenschliche hielt mich gefangen, und in diesem Augenblick hatte ich mich selbst schon wieder vergessen.
Sie spürten, dass ich sie beobachtete, und stürmten auf mich zu.
Jetzt hätte ich meine Konzentration einstellen und mein Wissen über die magischen Gesetze anwenden müssen.
Im Bewusstsein all dieser Kräfte hätte ich ihnen allen widerstehen und einen offenen Kampf austragen können.
Doch ein plötzlich aufkeimendes Gefühl ließ mich anders entscheiden, und ich ergriff die Flucht.
Durch all die Höhlen und Hütten bahnte ich mir einen Weg, aber ich spürte, dass sie mich einkreisen würden.
Indessen stieß ich mit etwas zusammen, sodass mein Kopf schmerzte.
Auf der Flucht stellte ich mich wieder auf sie ein, denn ich wollte fühlen, ob sie mir folgten.
Sie hatten mich völlig eingekreist, eine neue und wieder andere Furcht überkam mich, und ich sank bewusstlos in mich zusammen.
Als ich erwachte und wissen wollte, wo sie waren, sah ich, dass die Dunkelheit mich umgab, jedoch eine andere als jene, in der ich gewesen war.
Hatten die Dämonen mich nicht vernichtet?
Wo war ich?
Ich lebte wieder in einer Finsternis.
War ich noch in dieser Welt?
Als ich mein Ruhelager fühlte, war mir klar, dass ich wieder ein neues Wunder erlebt hatte.
Wer hatte mich in meine Zelle gebracht?
Ich spürte einen brennenden Schmerz im Kopf.
Was ich dort erlebt hatte, musste mein Organismus ebenfalls erleben.
In der Bewusstlosigkeit war ich weggebracht worden, es konnte nicht anders sein.
Nun bekam ich eine Antwort, neben mir sprach eine Stimme, die sagte: „Die Meister haben Euch befreien können, in ihren Händen löstet Ihr Euch auf, sonst hätten die Dämonen Euch getötet, was den Bruch der Schnur bedeutet.“
Mein geistiger Leiter war mir gefolgt, und ich war sehr glücklich.
Nun verstand ich sehr viel, obwohl es Kräfte gab, die ich noch nicht kannte.
In meinen Kopf war nun eine Leere gekommen, und meine Schmerzen nahmen ab.
Eine wohltuende Kraft durchströmte mich nun, und dies waren die Kräfte des höheren Bewusstseins.
Auch dafür dankte ich meinem geistigen Leiter.
Er ließ mich nun wissen, dass Dectar mich bald würde holen kommen, und dass er sehr zufrieden sei.
Dann legte ich mich nieder und schlief ein.
* *
*
Wie lange ich geschlafen hatte, wusste ich nicht, aber die schreckliche Müdigkeit empfand ich nicht mehr.
Ein Gefühl dominierte nun alles andere.
Ich verstand nun, dass man mit mir noch nichts anfangen konnte, das Zusammenbrechen taugte nicht, auf all diese Schwierigkeiten war ich nicht vorbereitet.
Mit diesem Ergebnis konnte ich zufrieden sein, und dennoch hatte ich viel gelernt.
Die Finsternis löste sich allmählich auf.
War meine Zeit schon um?
Es kam mir vor, als hätte ich hier Jahrhunderte verbracht.
Würde Dectar bald kommen?
Doch ich schlief wieder ein.
Dann schlug ich die Augen auf, und ich war umgeben von Licht.
Der Priester trat ein und führte mich zu Dectar.
„Dectar, oh, mein bester Freund, wie lange war ich dort?“
„Du musst dich noch etwas gedulden, Venry, bald können wir sprechen.“
Ich folgte Dectar nach draußen, und als er meinte, sprechen zu können, sagte er: „Es ist fabelhaft, Venry, besser ging es nicht.
Du bist noch nichts wert, so können die Meister dich nicht gebrauchen, die Finsternis zerbricht dich.“
„Hast du allem folgen können, Dectar?“
„Ja, Venry.“
„Abseits der Meister, Dectar?“
„Ja, aber mit Hilfe.“
„Weißt du alles, Dectar?“
„Unsere Verbindung haben wir erhalten dürfen, Venry, dadurch konnte ich dir folgen.“
Ich betrat meine Zelle und musste ruhen.
Dectar ließ mich schlafen, und als er wieder zu mir kam, fühlte ich mich ausgeruht.
Einige Tage in Folge hatte ich geruht.
Dann begann ich, Fragen zu stellen.
„Weißt du, Dectar, dass ich fast wahnsinnig war?
Was wird mit mir geschehen, wenn das sieben Tage und Nächte dauern wird?“
„Dann ist es wieder anders, Venry, du hast dann ein anderes Bewusstsein und bist bereit.
Hast du nicht gespürt, dass du stärker wurdest?“
„Aber ich bin doch wieder zusammengebrochen, Dectar?“
„Das ist sehr gut, Venry.
Und dennoch hast du verstanden, dass du sie alle hättest zurückhalten können, oder, wie es sich gehört, andere Maßnahmen hättest ergreifen können.
Hast du diese Einwirkung klar gespürt?“
„Meinst du die Kraft, durch die ich bewusstlos wurde?“
„Nein, das nicht, sondern die Kraft, durch die du geflohen bist, Venry.
Diese Kraft wollte, dass du dich ganz hingabst, sonst hätten die Meister noch mehr Prüfungen auferlegt.
Hast du das richtig verstanden, Venry?“
„Was meinst du, Dectar.“
„Du spürtest nichts mehr von deinen fünfundzwanzig Prozent.
Indem du tief versankst, lösten sich die Kräfte auf, aber dennoch wurdest du dadurch immer wieder wach.
Davon spürtest du nichts mehr.
Du lebtest aber darin, und die Wirkung war sehr sonderbar, und du hattest sie von deinem geistigen Leiter empfangen.
Die Kräfte führten dich immer wieder zurück in dein eigenes Bewusstsein, sonst wärest du in jenem Zustand geblieben, und dann hätten sie aufhören müssen.
Für manche Priester ist das bereits das Ende, und dir wird klar sein, warum sie da wahnsinnig herauskommen.
Die Meister jedoch fragen sich nun, woher der Widerstand gekommen sein mag, in dir haben sie die Kräfte nicht feststellen können.
Und das ist auch nicht möglich, denn sie kommen aus dem Raum und sind die deines geistigen Leiters.
Er wachte, Venry, und hat dir sehr geholfen und sorgte für meine Verbindung.
Ich bin sehr dankbar, dass ich das habe erleben dürfen, bei anderen Schülern konnte ich nichts mehr fühlen, denn dann dominierten die Meister.
Das ist aufgrund unserer Mauer, Venry, doch wir sind eins und bleiben eins, auch in der Finsternis.“
„Hast du mir in die Höhle folgen können, Dectar?“
„Ja, sicher, Venry, auch ich habe etwas Ähnliches erlebt, aber ich habe dir davon nie etwas erzählt, denn sie können unterschiedliche Methoden anwenden.
Ich fand diese Methode sehr gut, wenn auch gefährlich.
Hast du gespürt, wie klar und natürlich alles ist?“
„Ich fand es grauenhaft, Dectar, und ich bin dort gestorben.“
„Genau, das Sterben, Venry, und dennoch am Leben Sein, du hättest es gleich wissen können, denn davon habe ich dir erzählt.
Aber dann ist sämtliches Bewusstsein aus uns verschwunden, und wir wissen von keinem Leben mehr.
Sehr viel hast du gelernt, mein Freund, und demnächst bist du bereit, geistig und körperlich.“
„Hast du die Müdigkeit gespürt, Dectar?“
„Ja, Venry, auf ganz einfache Weise hat man dich besiegt.“
„Was wäre passiert, Dectar, wenn ich weiterhin Widerstand geleistet hätte?“
„Dann hätte man dich geistig und körperlich getötet.
Es hat hier noch keine Priester gegeben, die das verarbeiten konnten.
Es ist ganz natürlich und deshalb so gefährlich, doch deine Teilung war ausgezeichnet.
Doch nicht jeder erfährt Hilfe.
Diese Methode, Venry, ist die einfachste, doch zugleich die gefährlichste, die man hier anwendet.“
„Warum so gefährlich, Dectar?“
„Weil man deinen Körper aller Kräfte beraubt und deine Seele dasselbe Schicksal erwartet.
Auf diese Weise, wenn Widerstand geleistet wird, erlebt der Schüler entweder den Wahnsinn oder den Tod auf der Erde.
Die Seele erschöpft sich völlig und ist dann ein Spielball für Dämonen und für die Meister.
Bei dir probierten sie viele Möglichkeiten aus und verstanden, dass du daran nicht zugrunde gingst.
Doch bei anderen Schülern können sie es nicht so weit kommen lassen, denn dann ist es bereits zu spät.
Als ihnen klar wurde, dass du durch eigene Kräfte bereits erwachtest, gingen sie weiter.
Dieses Wachsein schreiben sie Kräften zu, die in dir sind und die demnächst bewusst werden, die jedoch bereits jetzt hochkamen.
Du hast daraus geschöpft, und das ist eigener Schutz, den hat man oder man hat ihn nicht.
Wenn die Meister das spüren, gehen sie immer tiefer.
Wir jedoch wissen, dass diese Kräfte in dir sind und dass sie deinen geistigen Leiter bilden; sie meinen, dass sie Teil des Unterbewusstseins sind.
Spürst du das, Venry?“
„Mir ist klar, Dectar, dass man wahnsinnig da herauskommt.
Ich hatte meinen Verstand bereits verloren.“
„Deinen Gedanken habe ich folgen können.
Durch den Schlaf wirst du wieder wach und bewusst.
Im Schlaf kehrt das Bewusstsein zurück, wenn keine anderen Kräfte weiter auf uns einwirken, und solange du nicht in die Hände von Dämonen fällst.
Noch tiefer musst du wegsinken, Venry, und erst dahinter liegt der Wahnsinn.
Dein geistiger Leiter ließ es nicht soweit kommen, denn das kann man auch nicht mehr erleben.
Dann weiß man gar nichts mehr, ist also geistig unbewusst und körperlich zusammengebrochen.“
„Was wäre passiert, Dectar, wenn die Dämonen mich überwältigt hätten?“
„Du wurdest überwältigt, Venry, doch in ihren Händen hast du dich aufgelöst.
Doch lass uns akzeptieren, dass es geschah, dann stehen die Meister vor großen Problemen und wir hätten Versammlungen abhalten müssen, Tag und Nacht, um dich aus ihren Händen zu befreien.
Sie können dich nicht töten, doch das Elend, das du dann erlebst, ist schrecklich.
Bevor sie zu einem Entschluss gekommen waren, hast du dich aufgelöst, und das hast du erlebt.“
„Ich weiß nichts davon, Dectar.“
„Das ist ganz einfach, du warst schließlich bewusstlos.
Dennoch haben die Meister dich zurückgebracht in deine Zelle.
Das ist ein langer Weg, und trotzdem ganz nah.
Da wo wir sind, Venry, leben Dämonen.
Du lebtest noch immer in deiner eigenen Zelle, und doch wurdest du von astralen Wesen überfallen.
Ist dir klar, dass der Tod zu dir kommen kann?
All jene Gesetze müssen wir kennen und sie uns zu eigen machen, wenn wir heraustreten und die Weisheit von dort nach hier bringen wollen.
Du fühlst gewiss, wie machtvoll alles ist.
Und wir werden uns bereit machen, Venry, nun werden wir zuerst damit anfangen.“
„Dann ist mir alles klar, Dectar.
Ich habe noch einige Fragen an dich, ist das möglich?“
„Vergiss die Mauer nicht, Venry, was möchtest du wissen?“
„Wie alt war meine Mutter, als sie hier eintrat?
„Weißt du etwas darüber, Dectar?“
„Sieben Jahre alt, Venry, also noch sehr jung, aber sie war rechtzeitig hier.“
„Ich habe den Priester gesehen, der mich in meiner Kindheit erreichen wollte.
Wie war sein Ende?“
„Spurlos verschwunden, Venry, plötzlich verstorben.“
„Wie hat man das mit meiner Mutter zu verbergen gewusst, Dectar?“
„Isis ist mächtig, lieber Freund.
Anstelle ihres Leichnams wurde ein anderer einbalsamiert und beigesetzt.
Der Pharao weiß nichts, aber ich habe vieles sehen dürfen und verstehe erst jetzt, warum ich habe sehen dürfen.
Du weißt schließlich, dass ich verstümmelt bin?“
„Hat das damit zu tun, Dectar?“
„Das ist es, lieber Venry, sie haben mir folgen können, wissen jedoch nicht alles.
Unser geistiger Leiter hat mir bereits damals alles gezeigt, denn das ist ohne sein Zutun nicht möglich.“
„Du bist ihm auf Isis nicht mehr begegnet, Dectar?“
„Ich bin ihm manchmal begegnet in dem Gebäude, in dem die Toten einbalsamiert werden.
Als er von Ardaty fortging, Venry, nahte sein Ende.
In jener Nacht würde auch er sterben, jedoch durch Gewalt.
Vergiss nicht, deine Mutter war eine Prinzessin.
Als du besessen warst, habe ich ihn sehen können, alles war mir klar, und ich erkannte ihn an seiner Stimme und an seinem Sprechen.
Später dann sah ich ihn sehr deutlich, obwohl er sich vor mir zu verbergen suchte.
Auch er hat mich erkannt und mich verflucht, doch das kann mir nichts anhaben.
Er konnte mich nicht erreichen.
Doch wir alle wurden damals durch deinen geistigen Leiter beschützt, Venry.
Wenn der Vater des Tempels dem hätte folgen können, was für mich noch immer ein großes Wunder ist, wären wir alle sehr bald gestorben.
Deine Mutter war verstümmelt, und du sein Kind, und dennoch hat man ihn für all diese Geheimnisse abschließen können.“
„Man weiß also nichts von meiner Mutter und Ardaty, Dectar?“
„Nein, Venry, nichts weiß man hier, auch er nicht.“
„Hattest du diese Ahnung schon lange, Dectar?“
„Dectar sieht manchmal sehr gut, lieber Venry, und ich bin ein Freund Ardatys.“
„Hast du denn mit Ardaty sprechen können, Dectar?“
„Nein, nicht ein Wort, sonst wäre es, als hätte ich gebeten, sterben zu dürfen.
Doch es gab noch andere Möglichkeiten.“
„Darf ich es erfahren, Dectar?“
„Ja, sicher, Venry, jetzt ist das möglich, sie sind nun nicht mehr hier, aber du darfst nur jetzt daran denken.
Ich war sehr oft bei Ardaty, und dennoch durfte ich an nichts denken und niemals Fragen über deine Mutter stellen.
Nicht einmal in Gedanken, in keiner einzigen Weise.
Man folgte Ardaty Tag und Nacht.
Doch ich bekam eine andere Möglichkeit, mit Ardaty sprechen zu können.
Ardaty besaß Gaben und konnte zu seinen Kindern sprechen.
In der Stille seines eigenen Inneren hörte ich ihn zu all dem Leben sprechen, und dann konnte ich ihm folgen.
Darin war er derart empfindsam, dass man ihn Meister nannte.
Aber auch damals geschah das durch andere Kräfte, denn sonst hätten die Meister uns trotzdem folgen können.
Ich ging zu ihm mit einer Pflanze, und die Pflanze war sehr empfindlich.
Von Ardaty wollte ich erfahren, wie kräftig das Gift war.
Darüber bekam ich eine Erläuterung, doch in die Pflanze und darum herum legte ich Gedanken, und all diese Gedanken konnte Ardaty auffangen.
Vorsichtig habe ich ihm dargelegt, dass man ihm Tag und Nacht in seinem Denken und Fühlen folgte.
Doch auch Ardaty war bereit und dachte an eine Krankheit aus anderen Gegenden und pflegte die Frau.
Als er begriff, dass ich hatte sehen dürfen und dass ihm alles klar war, schloss ich mich wieder für ihn ab und habe kein Wort mehr darüber gesprochen.
Jetzt finde ich es wunderbar, lieber Venry, wir teilten ein Geheimnis, und das machte mich glücklich.
Schon allein dafür war es das wert, alles hinzunehmen, was die Meister mir auferlegten.
Aber ich weiß jetzt, dass dein geistiger Leiter alles führte, auch die Verstümmelung ihres Antlitzes, alles, Venry.
Die Meister hätten es sehen müssen, sie alle sind sehr begabt.“
„Wie hast du erfahren, Dectar, dass er mein Vater ist?“
„Ich begann zu sehen, Venry, an dem Ort habe ich alles sehen dürfen.
Auch das habe ich empfangen.“
„Schon damals, Dectar?“
„Ja, Venry, nur, um mich selbst zu wappnen, ich war also immer vorbereitet.
Alles zu wissen, so gefährlich es auch sein mag, ist besser, als nichts zu wissen, und das ist für hier notwendig.
Man kann jemanden dann nicht überrumpeln, aber unsere Selbstbeherrschung muss sehr stark sein.
Ab jenem Zeitpunkt, Venry, wurden all diese Leben in mir bewusst, und Ardaty verstand mich.“
„Jetzt habe ich keine Fragen mehr, Dectar, jetzt weiß ich alles.“
„Dann ist dir sicher auch klar, Venry, dass du du selbst sein musst und an nichts denken darfst, sonst sind auch wir nun verloren.
Dieses Geheimnis stirbt, aber die Meister wachen noch immer, sie ahnen etwas.
Mit Ardaty ist ihr Geheimnis tot, aber du bist noch am Leben.
Wenn du bereit bist, erst dann wird sich auch das lösen, aber wir werden abwarten.
Du hast Geduld, nicht wahr, Venry?“
„Ich werde mir Mühe geben, Dectar.
Was machen wir jetzt?“
„Du darfst mich jetzt begleiten, um zu heilen.“
„Das ist wunderbar, Dectar, ich bin bereit und ausgeruht.“
„Komm, folge mir, Venry, doch bedecke dein Gesicht.
Du achtest auf nichts, und vergiss nicht, dass man uns auch darin folgt.
Es dürfen keine anderen Gefühle zu dir und in dich kommen, Venry, jene Welt ist tot für uns.“