Hendrik, du kannst sagen, was du willst, ich sage dir, dies wird wieder ein Junge!

Februar 1898.
Die Menschen behaupten, dass sie noch nie einen solchen Winter erlebt haben.
Dieser Winter übertrifft alle vorherigen, denn es geht kein Tag vorbei ohne starken Frost und nie da gewesene Schneestürme; bei diesem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür.
Für die Männer, die in Emmerich arbeiten, ist es denn auch wohl sehr schlimm, da die Dampfstraßenbahn Zutphen-Emmerich gestern die Fahrt nicht schaffte und unterwegs stecken blieb.
Die Männer mussten daraufhin anderthalb Stunden durch den Schnee stapfen.
Wie sibirische Eiszapfen kamen sie bei ihrer Arbeit an, aber nur die Stärksten, denn die Schwachen gaben den Mut auf.
Unter den Willensstarken befand sich auch der Lange Hendrik, Crisjes Mann, der sich überhaupt nicht vor einem solchen Winter fürchtete.
Im Gegenteil, er war es, der den nötigen Unsinn anstellte und dadurch den Rest mitzog.
So schafften die robusten Kerle ihre furchtbare Reise.
Abends hatten sie Glück: Zutphen-Emmerich brachte sie zu Frau und Kindern zurück, was diese selbstverständlich außerordentlich schätzten.
Der Lange ist schon wach.
Crisje liegt noch im Bett, obwohl das gar nicht ihre Gewohnheit ist, denn sie ist sonst immer die Erste.
Aber das hat jetzt seine durchaus berechtigten Gründe.
Sie erwartet ihr drittes Kind und das junge Leben lässt hartnäckig auf sich warten.
Der Unterschied zwischen dieser Geburt und der ihrer ersten beiden Jungen ist wohl sehr merkwürdig, man könnte beinahe glauben, dass dieses Kind nicht geboren werden will.
Immer wieder denkt Crisje: Jetzt geschieht es, jedoch etwas später gehen die Schmerzen zurück und sie muss wieder abwarten.
Mina, die Hebamme, sagt:
„Kinder, Crisje, die lange auf sich warten lassen, sind meistens von ganz besonderer Art, und wenn’s ein Sonntagskind wird, darfst du dich gleich gar nicht beklagen.“
Ob dies tatsächlich eine unumstößliche Wahrheit ist, wissen sie nicht.
Und so lassen sie es dabei bewenden.
Als der Lange, während er fleißig ist, fragt, wie es jetzt sei, antwortet Crisje:
‚‚Ich weiß es ja selber nicht, Hendrik.
Es ist ganz anders als bei Johan und Bernard.
Ich muss ehrlich sagen, der Schmerz hält nicht an.
Ich denke jeden Augenblick, dass etwas passiert, aber dann lässt er wieder nach.
Ich hab’s ja selbst auch nicht in der Hand.“
Allerdings, so ist es, Crisje.
Dies sind die Gesetze Unseres Lieben Herrgotts.
Es sind die Gesetze, die die Menschen nicht in die Hand bekommen.
Hendrik kocht Kaffee und singt ein Lied dabei.
Der Lange kann gut singen.
Er ist mit einer prächtigen Tenorstimme gesegnet.
In der ganzen Gegend und weit in der Umgebung kennt man die Stimme des Langen.
Um sechs Uhr morgens kann man schon sein Ave Maria hören.
Doch heute kommt es nicht aus seinem Herzen.
Hendrik singt heute Morgen, weil er schlechte Laune hat.
Das Elend von gestern Morgen sitzt ihm noch im Schädel und das will er vor sich selbst verbergen.
Und vielleicht auch noch aus einem anderen Grund.
Es ist ja noch nicht so lange her, dass er einen sehr ernsthaften und schwierigen Entschluss fassen musste.
Er war gebeten worden, nach einem Studium an der Oper zu singen, und da hatte er vor einem der schwersten Augenblicke seines Lebens gestanden.
Lange, sehr lange hat er über dieses verführerische Angebot nachdenken müssen.
Monatelang hat er die Vorteile gegen die Nachteile abgewogen.
Mit Angst und Bangen hat Crisje den inneren Streit beobachtet. Ihr war wohl bewusst, dass, wenn er das Angebot annahm, mit ihm auch ihr Glück zur Tür hinausfliegen würde.
Bis endlich der Beschluss gefasst war und Hendrik sie von Herzen glücklich machte, als er eines Abends mit der Mitteilung nach Hause kam: „Cris, ich geh nicht.
Ich bleib bei dir und den Jungen.“
Crisje flog ihrer „Liebe“ um den Hals, dem Vater ihrer Kinder.
Er machte ihr hiermit ein gewaltiges Geschenk für das Leben, und sie empfand heilige Achtung dafür.
Auch bei seinen Dorfgenossen hatte Hendrik sich einen gewissen Respekt und eine bestimmte Bedeutung erworben.
Er spielt Geige, singt im Chor und hat ein eigenes Quartett zusammengestellt.
Mit dem Herrn Pfarrer ist er sehr gut befreundet.
Um nichts in der Welt würde dieser Priester auf ihn verzichten wollen.
Als der Ehrwürdige dann erfuhr, dass er seine Ehre und seinen Ruhm aufopferte und seiner Kirche erhalten blieb, bekamen er und Crisje zu hören:
„Hendrik, Unser Lieber Herrgott wird dich und Crisje segnen, dass du das nur weißt!
Dies ist wahrhaftig keine Kleinigkeit!“
Der gute Herr Pfarrer weiß, wie sein Langer ist.
Er kennt auch den herrlich schönen Charakter von Crisje.
Der überragt beinahe seinen Kirchturm.
Es ist ihm auch bekannt: Crisje hat Kontakt zum „Himmel“!
Und das ist die Wahrheit!
Komm Crisje nicht mit Klatsch über andere Menschen.
Versuche nicht, in ihrer Gegenwart jemandem die Krone vom Kopf zu schlagen.
Jeder Mensch hat seine Fehler und Unser Lieber Herrgott vergibt alles!
Warum machen die Menschen sich das Leben so schwer?
Ist es nicht ein Skandal?
Crisje schätzt das von Gott erhaltene Leben und sie kennt die Menschen.
Sie kennt auch ihren Langen, seine Seele und seine Seligkeit.
Sie weiß auch, dass Hendrik jetzt singt, weil er einem Stärkeren gegenüber steht, der jetzt „Winter“ heißt.
Der Lange bekommt es jetzt rechts und links um die Ohren.
Er kann das sicher vertragen, aber es ist nicht einfach, denn es fällt Hendrik nicht leicht, den Nacken zu beugen.
Crisje fragt:
„Was ist heute Morgen für ein Wetter, Hendrik?“
Der Lange schaut nach draußen und erschrickt.
Crisje hört ihn jammern:
„Verdammt noch mal, Cris, hier kommt ja kein Pferd durch.
Der Schnee häuft sich an der Tür auf.“
Crisje erschrickt auch, aber vor etwas anderem als ihr Langer.
Als Hendrik hört:
„Musst du deshalb fluchen, Hendrik“, weiß er es auch.
„Du solltest dich schämen.
Weißt du denn nicht, worauf wir warten?“
Siehst du, Langer, das ist deine Crisje.
Aber er hat sofort seine Antwort parat.
„Was hat das mit diesem lausigen Winter zu tun, Cris.
Dass ich nicht lache.“
Crisje ist so vernünftig, ihren Mund zu halten.
Der Lange musste doch immer das letzte Wort haben.
Aber Fluchen findet sie furchtbar, es ist für ihr Leben, ihre Seele und Persönlichkeit beinahe noch schlimmer als ein Mord.
Sie muss jedoch immer über die verrückten Faxen des Langen lachen.
Hendrik ist nie um eine Antwort verlegen.
Die Späße und Faxen kommen bei ihm von selbst heraus.
Sein Geist ist unerschöpflich und sein Urteil und seine Bemerkungen sind immer treffsicher.
Deswegen hat Hendrik auch so viele Freunde.
Er ist der ungekrönte Dorfkönig; der Mann der Begeisterung und des mitreißenden Fortschritts.
Er hat einen Kopf, der denken kann, kennt kein Aufhören und erfasst alles um sich herum.
Bremsen kennt er nicht.
Der Mensch muss einen starken Willen haben, sonst muss er seinen Untergang akzeptieren.
Und dabei huldigt er noch der Auffassung: Das Leben kann „jederzeit vorbei sein“.
„Hier hast du deinen Kaffee, Cris.
Aber wie ist es jetzt?
Hast du noch Schmerzen?“
„Was soll ich dazu sagen, Hendrik.
Der Schmerz will nicht zunehmen!“
Hendrik steht eben grübelnd da und sagt dann:
„Das ist doch wohl verrückt, was?
Mit den beiden anderen hatten wir doch keinen Ärger, Cris?“
„Nein, Hendrik, bei Johan und Bernard war alles anders.
Bei Johan lag ich noch keinen Tag, und dann schrie der schon.
Weißt du noch?
Bernard wiederum kam etwas später und er bereitete mir auch die meisten Schmerzen.
Das werde ich mein Leben lang nicht vergessen.
Aber jetzt weiß ich auch nicht, Hendrik.“
Als der Lange in der Küche sitzt, sich Kaffee und Brote hinstellt, um zu essen, hört er Crisje wimmern und stürzt in das Schlafzimmer.
„Was ist los, Cris?
Kommt er jetzt doch?
Soll ich heute nicht doch zu Hause bleiben?“
„Nein“, sagt Crisje resolut, „geh du mal zur Arbeit, wir können das Geld gut gebrauchen.
Ich helfe mir schon selbst.“
Siehst du, Hendrik, das ist wieder deine Crisje!
Sie schafft es schon alleine – hierbei braucht sie dich nicht.
Andere Frauen wären überglücklich, wenn ihr Mann zu Hause bliebe, sie nicht.
Sie denkt an alles.
Das Geld ist nötig!
Das Leben fordert zu viel.
Natürlich muss der Lange noch was sagen und fügt hinzu:
„Dann ist es deine Sache.
Ich will dir ja nur helfen!“
Über Crisjes Antlitz huscht ein verzücktes Lächeln, ihre Gefühle warmer Dankbarkeit und Zuneigung strahlen Hendrik entgegen.
Es sind die Orchideen ihres schönen, liebevollen Herzens, die sie ihrem Langen jetzt anbietet.
Und der Lange ergreift sie und drückt seine Crisje voller Dankbarkeit so heftig an die Brust, sodass sie beinahe erstickt und miaut:
„Musst du mich jetzt erdrücken, Hendrik, langer Narr.
Geh jetzt, wenn du wieder laufen musst, bist du ja den halben Tag weg.“
Crisje ist die Einzige, die „langer Narr“ sagen darf und dann erscheint es Hendrik, als würde Unser Lieber Herrgott es selbst sagen, so streichelt es sein Leben.
Es geht direkt in sein Herz, das fühlt er sicher und bewusst.
Scherzhaft sagt er noch:
„Du willst mich wohl loswerden, was?“
„Das weißt du wohl besser, Hendrik.
Aber was willst du hier tun?
Maulaffen feilhalten?“
Jetzt lacht der Lange vor lauter Spaß.
Oh, diese Cris.
Er setzt sich kurz hin, schlingt sein Brot hinunter, trinkt seinen Kaffee aus und macht sich nebenbei fertig zum Aufbrechen.
Aber in dem Augenblick, in dem der Lange sich über seinen Engel beugt und sie küsst, wirft Unser Lieber Herr ihnen eine Überraschung zu, ein Glück, auch eine starke Hand, denn „Zutphen-Emmerich“ lässt sich hören.
„Sapperlot, wenn das nichts ist, Cris!
Dafür werde ich Unserem Lieben Herrgott danken.
Dass Er noch mit uns armen Menschen Mitleid hat.
Wenn du das Gefluche von all diesen Männern gehört hättest Chris, könntest du das auch begreifen.
Wenn es drauf ankommt, hat Er es doch in der Hand.‘‘
Wie immer mildert Crisje sein Gerede und sagt in ermahnendem Ton: „Bist du jetzt völlig verrückt geworden, Hendrik?
Mach, dass du wegkommst, sonst hast du noch das Nachsehen und das ist wohl zu verrückt.
Du musst Unseren Lieben Herrgott nicht bei allem hinzuziehen.‘‘
„Wenn Er nicht mit Winter und Sommer zu tun hat, wer denn sonst, Cris?‘‘
,,Mach jetzt keinen Zirkus, Hendrik, und sieh zu, dass du wegkommst, sonst musst du laufen.“
Jetzt eilt der Lange davon und sagt zu Crisje:
„Bis heute Abend, Cris.“
„Ich hoffe nur, Hendrik, dass ich dann das Kind in deine Hände legen darf.
Mach’s gut, Hendrik.“
„Mach’s gut, Cris.“
Weg ist der Lange und Crisje denkt nach.
Morgens erlebt sie bereits lustiges Theater mit dem Langen.
So ist er immer, er ist nie schlecht gelaunt.
Nie lässt er den Kopf hängen.
Er ist immer stark und bewusst und weiß, was er will.
Wie kann sie jemals Unserem Lieben Herrgott genug danken für all das Schöne, was sie empfangen durfte.
Sie weiß wohl, sie hat dafür kämpfen müssen und ihr Glück nicht geschenkt bekommen.
Ihre Gedanken wandern zurück in die Vergangenheit, als sie alles tat, den Langen zu bekommen.
Ihre Eltern waren vehement gegen ihn, denn sie mochten ihn nicht.
Doch Crisje liebte seine schöne Stimme, seine natürliche Herzlichkeit und seinen aufgeweckten Charakter, seinen Mut und seine große Willenskraft.
Crisjes Eltern ging es gut.
Seine Eltern hingegen waren nicht so gut gestellt, es waren ganz einfache Leute, Hungerleider laut Crisjes Eltern, und sie waren mit einer Verbindung gar nicht einverstanden.
Lieber Himmel, was hat sie gelacht.
Was für ein Sturm war das.
Dieser Hendrik aber auch.
Auf der Kirmes geschah das Wunder.
Crisje stand unter der Kontrolle von Vater und Mutter.
Sie hatten ihr sogar verboten, auch nur nach Hendrik zu schauen, denn diese Beziehung war ‚nichts’!
Aber Crisje wollte keinen anderen und Hendrik dachte genauso darüber.
Auch für ihn lebte keine andere auf dieser großen Welt.
Crisje war für ihn alles.
Sie spazierte mit Vater und Mutter über die Kirmes.
Plötzlich stand der Lange vor ihr.
Er schaute ihr erst in die Augen und wandte sich dann an ihre Eltern.
Blitzschnell hatte er seinen Beschluss gefasst und laut rief er ihrem Vater und ihrer Mutter zu:
„Jetzt müsst ihr noch einmal versuchen, uns auseinander zu bringen, dann erzähle ich euch etwas ganz anderes!‘‘
Vor den Augen der Eltern und der Umstehenden küsste Hendrik seinen Engel und verschwand mit ihr.
„Und jetzt, Cris“, hatte der Lange gesagt, „gehen wir Kirmes feiern.
Wer will uns etwas anhaben?“
Crisje erinnerte sich noch so genau.
Sie hätte wohl ein Buch darüber schreiben können, so bewegend war Hendrik für ihr Leben und das Glück, das sie bekam.
Der Prinz ihres Lebens hatte sie in seine starken Arme geschlossen und keine Eltern, kein Mensch, nichts und niemand konnten sie aus ihrem Zustand der Glückseligkeit reißen.
Als sie spät abends nach Hause kam, mein Gott, wie hat sie für ihre Liebe kämpfen müssen.
Doch dann sahen ihre Eltern eine andere Crisje.
Nun wusste sie es ein für alle Mal.
Der Lange war es.
Hendrik sollte sie bekommen und kein anderer.
Wo sie die Worte herholte, weiß sie jetzt nicht mehr.
Aber das Elternpaar schaute drein, als ob der Blitz eingeschlagen hätte, als Crisje sagte:
„Ich nehme mein Leben jetzt selbst in die Hand, dass ihr das nur wisst!“
In dieser Zeit gingen Crisje erst recht die Augen auf und sie sah, wie unbeholfen ihre Eltern eigentlich waren.
Diese Menschen lebten nicht.
Sie waren lebend-tot.
Wählerisch, kleinmütig und hochmütig waren sie.
Und Hochmut bringt den Menschen zu Fall.
Davon will Unser Lieber Herrgott nichts wissen.
Es ist beinahe das Schlimmste, was es gibt.
Der Teufel lauert dann auf dich.
Als Crisje heiratete, bekam sie einen heftigen Streit mit ihren Eltern als Hochzeitsgeschenk, aber der Lange bereitete dem sofort ein Ende mit den Worten:
„Komm, Crisje, hier haben wir gar nichts zu suchen, das sind ja keine Menschen.“
Die tapfere Crisje überließ ihre Eltern sich selbst und folgte Hendrik, wofür er ihr noch immer innigst dankbar war.
Sicher, auch sie weiß, dass geschrieben steht: „Ehret Vater und Mutter“.
Aber wenn ein Vater und eine Mutter sich gegen alles wenden, was gut ist, und immer ihren eigenen Willen versuchen durchzusetzen, dann wird es etwas anders.
Crisje hat mit dem Herrn Pfarrer darüber gesprochen und weiß, dass sie ihren Langen bekommen hat, weil der Herr Pfarrer bei ihren Eltern ein Machtwort gesprochen hat.
Zu ihr sagte der gute Hirte:
„Crisje, du musst der Stimme deines Herzens folgen.
Selbstverständlich, deine Eltern haben nun nichts mehr zu sagen, überhaupt nichts.“
Das gab den Ausschlag und sie wurden eingesegnet.
Keine Sekunde hat Crisje gezweifelt.
Ihr Glück ist vollkommen.
Seitdem, in all den Jahren, hat sie ihre Eltern nicht mehr gesehen.
Selbstverständlich steht dies im Widerspruch zu den Geboten der Liebe und der Gerechtigkeit, doch Crisje weiß auch, dass ihre Eltern so engstirnig sind, dass man sich ihnen nicht nähern kann.
Außerdem, was können sie von ihrem Langen sagen?
Nichts!
Nein, hier hätten ihre Eltern anders handeln müssen.
Sie bekam keinen Cent, und Hendrik wollte übrigens nichts von ihnen haben.
Ihr Glück durften sie behalten.
„Lass sie doch auf ihrem Geld sitzen“, sagte Hendrik, „dann können sie demnächst einen schönen Sarg kaufen, die Habenichtse, die scheinheiligen Halunken.“
Wenn der Lange so tobte, dann lehnte Crisje sich auf und zügelte ihn ein bisschen.
Schließlich blieben es doch ihre Eltern und man wirft einen Menschen nicht weg.
Sie wusste für sich selbst ganz sicher: Dies mussten ihre Eltern gutmachen.
Jetzt hat Crisje Zeit, nachzudenken.
Alle diese Dinge prasseln auf sie ein.
Und doch hat sie Gründe, dankbar zu sein.
Es gibt so viel Schönes, wofür sie Unserem Lieben Herrgott danken kann.
Angenommen, dass der Lange der Versuchung erlegen wäre und an die Oper gegangen wäre.
Dann wäre er in die Welt gezogen und sie wäre mit den Kindern allein geblieben.
Dann wäre ihr großes Glück in Scherben gegangen und unwiederbringlich vernichtet, denn für Geld war so etwas nicht zu kaufen.
Nein, dann tausendmal lieber kein Geld.
Lieber sich totarbeiten, um den von Gott erhaltenen Segen zu bewahren.
Ihr Hendrik ist ein gutmütiger Kerl.
In dieser Zeit, als Hendrik sich auf der Bühne sah, zauberte er Crisje die prächtigsten Paläste vor Augen, die jedoch, das sah sie sehr gut ein, keinen Lebenswert hatten, da der unruhige Inhalt für einfache Seelen nicht zu verstehen war.
Die Leute um sie herum sprachen jeden Tag darüber und fanden, der Lange sei ein Dummkopf.
Was verdiente er jetzt?
Einen Hungerlohn natürlich.
Aber als Opernsänger könnte er alles genießen.
Du liebe Güte – Paris, London, Berlin, Wien, New York.
Das warf der Lange einfach so weg und zertrampelte es.
War er total verrückt?
Könige und Kaiser würden ihn empfangen.
Die Türen der Reichen würden sich für ihn öffnen.
Wusste Hendrik das denn nicht?
Crisje wusste es schon besser.
Diese kleinen Menschen erfassten nicht, was das Leben ausmacht, und hatten ihre Liebe nicht getroffen.
Die Menschen sahen nur das Geld und die Wichtigtuerei, aber nicht die Leere, die dahinter lag.
Nein, soweit schauten sie nicht.
Es waren Menschen ohne Verstand.
Durch seine Weigerung bekam Hendrik jedoch auch einen enormen Respekt.
Er wagte es, der Welt zu sagen: Ich habe eure Autos und Paläste nicht nötig.
Wohl kehrte er so dann und wann für sich selbst einmal dorthin zurück.
Dann lag er in einem herrlichen Stuhl, rauchte feine Zigarren für 25 Cent und ... ja, dann gingen seine Gedanken: Sahst du mich nicht?
Hast du mich noch nicht singen gehört?
Du musst einmal kommen und zuhören.
Ich bin überall auf der Welt gewesen.
Und ich kenne die Menschen, und wie.
Was für eine Glückseligkeit.
Auch Crisje musste dann hören, wie Ehrfurcht gebietend reich er für sich selbst und sie das Leben sah.
Sie war jedoch so vernünftig, nicht darauf einzugehen.
In der Tat, sie musste ehrlich zugeben: Einfach war es nicht.
Und schließlich war man auch nur ein Mensch.
Es war für den Langen das einzige Äpfelchen aus dem wahrhaftigen Paradies und das ließ er hängen.
Dieses Kunststück vollbrachte er.
Dicht vor den Augen all dieser armen Schlucker schloss er die Pforte, sicher und gewiss.
Geht weg, Dummköpfe.
Ihr kennt das Leben nicht.
Und als Hendrik zu Hause sein Problem auf den Tisch legte, schob Crisje die Heiligkeit davon jedoch von sich und zum Langen zurück mit den Worten:
„Das musst du ja doch selbst wissen, Hendrik.
Ich sage dir, für Geld ist das, was wir jetzt haben, nicht zu kaufen.‘‘
Dagegen konnte der Lange nichts mehr einwenden.
Dies schnürte seine Kehle und seine Gedankenwelt vollkommen zu.
Jetzt hielt er Maulaffen feil und war sprachlos.
Crisje bekam Recht und Hendrik beugte seinen starken Kopf.
Wenn der Lange zu Hent Klint kam und seinen Kräuterschnaps trank, hatten die geschwätzigen Kerle immer wieder etwas anderes für sein Leben und das von Crisje und wussten natürlich alles viel besser.
In solchen Herbergen werden Menschenleben verhunzt, betrogen und bewusst zu Pulver gerieben.
Wenn die Welt es vielleicht noch nicht wusste, dort kamen die Genies zusammen.
Und jeder wusste es besser.
Aber für sich selbst wussten sie nichts.
Die Mäuse lagen tot vor dem Schrank, Armut herrschte bei ihnen.
Crisje verstand das nur allzu gut.
Männer!
So ein Kräuterschnaps gab ihnen jede Inspiration.
Nur ihre eigenen Leben wussten nichts davon und blieben lebend-tot.
Die kamen nicht aus ihren blauen Kitteln heraus.
Was der Lange leider für sich selbst nicht hat erreichen können, das sieht er jetzt für seine Jungen, denn Johan und Bernard werden singen.
Crisje kann das zum Weinen bringen.
Hendrik hat für sie und die Kinder ein mächtiges Glück aufgebaut und macht immer weiter.
Er wirft die Flinte nicht ins Korn.
Wenn das Leben ihm ab und zu ein Bein stellt, wirft er sich selbst auf den Boden des Lebens und gibt nicht nach.
Hendrik ist stark und steht auf zwei Beinen, die sein wechselhaftes Leben tragen können.
Und neben ihr und Hendrik steht Unser Lieber Herrgott, stehen die Kirche, der Chor und das Quartett.
Sie sieht ihn mit seiner Geige und seinem starken Charakter, wodurch sie diese Lieblichkeiten erfährt und wodurch ihr Leben seinen prächtigen Glanz erhält.
„Nein, Lieber Herrgott, ich bin nicht unzufrieden.
Ich bin glücklich.
Wie kann ich Dir danken?
Dass Du mir Hendrik zu Hause erhalten hast, das ist ja ein Wunder.
Denn Du warst es und kein anderer.“
Hört Unser Lieber Herrgott ihr Dankgebet?
Hendrik kann mit der Straßenbahn fahren, denkt Crisje.
Das ist auch wieder ein schöner Gedanke.
Jetzt Jeus noch und dann kann sie wieder anfangen.
Denn dieses Liegen und Warten ist nicht gut.
Jeus ... Jeus ... es ist, als ob das Kind zu ihr spricht.
Sie weiß sicher, dass es ein Junge ist.
Als Hendrik es nicht glauben wollte, kam mit einer keinen Widerspruch duldenden Überzeugung:
„Du kannst sagen, was du willst, Hendrik, ich sage dir, auch jetzt kriegen wir einen Jungen.“
Es ist, als ob das Kind jetzt schon etwas zu sagen hat.
Es ist anders und so ganz neu für ihr Leben.
Was es eigentlich ist, kann sie unmöglich in Worte fassen, aber es ist da!
Sie wusste es bei Bernard und Johan auch im Voraus.
Woher doch die Sicherheit kommt und ihrem Leben die Wahrheit gibt?
Es ist seltsam.
Es lebt in ihrem Wesen.
Das Leben sagt es selbst!
Crisje besitzt diese Feinfühligkeit.
Wie andere Mütter diesen gewaltigen Prozess empfinden, weiß sie nicht.
Sie kann mit dem Leben sprechen.
Nein, das ist es nicht.
Sie fühlt es.
Dieses Gefühl ist nunmehr überzeugend und kriecht von selbst an die Stelle, wo eigentlich das menschliche Denken beginnt.
So wird es wohl sein, ob es in Wahrheit so ist, kann sie auch nicht sagen.
Hierfür ist sie ein zu einfaches Menschenkind, eine Frau vom Lande, ein ungebildetes Wesen, aber mit einem inneren Gefühl, wie man es nur selten trifft.
Mina sagte einmal:
„Das Gefühl, Cris, ist alles!
Und du hast das Gefühl für die Dinge.
Andere Mütter sind lebend-tot.“
Mina bekam diese Wahrheit zu sehen und zu hören, denn Crisje schenkte bereits zwei Söhnen das schöne Leben.
Es waren keine Mädchen ... Jungen waren es.
Im Voraus hatte sie es gefühlt oder dies Wissen von Unserem Lieben Herrgott bekommen.
Es war doch verrückt, dass die Schmerzen nicht zunahmen.
Seltsam!
Und doch kann sie das Leben jede Stunde erwarten.
Die Jungen sind jetzt auf und Trui ist gekommen, um ihr zu helfen.
Trui, ihre Schwester, macht das immer.
Sie ist zwar keine Crisje für die Jungen und nicht so religiös, wie Crisje wünschen würde, aber das kann sie doch nicht mehr ändern.
Hilfe ist da, und dafür muss der Mensch dankbar sein.
Als der Lange nach Hause kommt und Trui vorfindet, liegt sofort Spannung in der Luft.
Die zwei können sich nur arg schlecht vertragen.
Hendrik hat ihren Charakter erforscht und weiß jetzt genau, was er an seiner Schwägerin hat.
Es erfordert Crisjes ganze Aufmerksamkeit, einen heftigen Streit zu verhindern, wegen nichts bekommen sie Streit, oder es fallen harte Worte.
Sie geben einander keinen Zollbreit nach und auch Trui leistet ganze Arbeit.
Sie muss immer als Prellbock dienen und diese zwei Persönlichkeiten auffangen, sonst ist keinen Augenblick Frieden im Haus.
Crisje weiß, dass das Leben ihrer Schwester nicht das gegeben hat, was sie erwartet hatte und dass auch sie sehnlichst Kinder hätte haben wollen, aber leider – dieses Vorrecht wurde ihr noch nicht geschenkt.
Damit konnte der Lange sie oft verletzen.
Hart, sehr hart fand Crisje das und außerdem nicht schön.
Man hat den Kummer des anderen zu achten.
Der Lange hatte einmal gesagt: Trui, dieser tote Griesgram, ist zu steif, um Kinder zu kriegen.
Danach blieb Trui Monate weg, obwohl sie dicht nebeneinander wohnten.
Ein anderes Mal ging es so weit, dass Onkel Gradus, Truis Mann, hinzukam und den Langen zur Ordnung rief, zur großen Überraschung der ganzen Familie, denn Gradus war ein gutmütiger Kerl, der sich nirgendwo einmischte.
Wenn Crisje jedoch ein Kind erwartet, geht Trui über den ganzen Ärger hinweg und das findet Crisje wunderbar.
Es ist für Crisje der Beweis, dass Trui lernte, den menschlichen Nacken zu beugen.
Und der Lange sollte sehr dankbar sein, denn dann nahm ihre Schwester sich doch wieder sehr zurück.
Auch dies empfindet sie als Gebet für Unseren Lieben Herrgott.
Diese Stunden sind herrlich für Crisje, um all diese Dinge zu überdenken.
Als sie ihre Schwester wieder hereinkommen sah, hätte sie vor Glück weinen können.
Und als Hendrik mit seinem sturen Kopf etwas dagegen einzuwenden hatte, bekam er eine Tracht Prügel von seiner Crisje und hatte es ansonsten zu akzeptieren.
Er goss ein paar Kräuterschnäpse darüber und kam etwas zu spät und ein bisschen zu unsicher auf seinen Beinen wieder nach Hause.
Aber was dachte der Lange sich denn?
Dass er so einfach über ihr Leben walzen könnte?
Trui hatte ihren Nacken gebeugt und Crisje verlangte dies jetzt ebenso von ihm.
Hendrik bekam die sehr ernste Warnung:
„Wenn du mir das noch einmal antust, Hendrik, werde ich dir was anderes erzählen und ich laufe weg.“
Dem Langen verschlug es die Sprache vor Schrecken; solche Drohungen hatte er noch nicht von seiner Cris gehört.
Er musste klein beigeben und Trui kam und half.
Gewiss, Trui hatte ihre Fehler, doch sie war ein Mensch.
Und der Lange war ebenso wenig unfehlbar.
Diesen Unsinn brauchte er sich nicht in den Kopf zu setzen, das glaubte doch kein Mensch.
Friede und Ruhe im Haus war alles; darauf konnte man aufbauen.
Streit und Gekeife dahingegen untergruben alles und zerbrachen das Herzensglück.
Und darüber war sie nicht begeistert.
Crisjes Weg war kein Weg mit Gruben und Löchern, sie wollte alles in dem mächtigen Licht scheinen sehen und sah das allein durch Glauben, Liebe und Vertrauen.
Und ein jeder hatte sich ganz dafür einzusetzen.
Wer das nicht konnte oder wollte, hatte dann den „Dreck“ davon zu akzeptieren.
War es etwa nicht so?
Als der Lange wieder einmal Trui in die Quere kam, bekam er von dieser an den Kopf geworfen:
„Was willst du denn mit deinem quäkenden Schweinetenor anfangen?“
Patsch, das saß.
Das hätte Trui jedoch nicht ausrufen dürfen, fand Crisje, denn der Lange konnte singen.
Aber sie waren nun einmal zwei sich abstoßende Elemente.
Für Crisje war es eine sehr traurige Geschichte.
Dennoch kämpfte sie für beide Leben.
Alle Menschen waren für sie gleich, denn sie waren alle Kinder Unseres Lieben Herrgotts!
Johan und Bernard stören jetzt ihr Denken und Fühlen, denn sie wollen die Mutter sehen.
Die Jungen wollen ihr von dem prächtigen weißen Schnee erzählen, aber sie werden von Tante Trui weggejagt.
„Die erlaubt auch gar nichts“, klagt Johan.
Sie lieben ihre Tante nicht.
Der Unterschied zu ihrer Mutter ist wohl auch zu groß.
Trui fragt ihre Schwester, wie sie sich fühlt.
Das bringt Crisje innerlich doch leise zum Lachen, weil Trui eine Haltung einnimmt, als wüsste sie alles darüber.
Crisje bekommt jetzt gute Ratschläge.
Der Rat des Doktors kann da nicht mithalten.
Trui lebt jetzt.
Je mehr sie darüber reden kann, umso mehr genießt sie es.
So ist das Leben von Trui auf dieses mächtige Geschehen eingestellt, von dem sie selbst jedoch ausgeschlossen ist, da ihr keine Kinder geschenkt wurden.
Was Trui jetzt bei Crisje erleben kann, ist für sie das Strahlen einer Sonne, an der sie sich erwärmt.
„Will der Schmerz noch nicht kommen, Cris?“
„Nein, Trui, es dauert wohl lange, dieses Mal.
Ich verstehe das nicht mehr.“
Genießt Trui das für einen Moment?
Crisje begreift ihre zwei Jahre ältere Schwester sehr gut und versteht sie vollkommen.
Es ist ein trauriges Entbehren.
Selbst seinem ärgsten Feind gönnt man so etwas nicht.
Trui sagt immer mitfühlend:
„Ich bin zu alt, um Kinder zu kriegen“, aber Crisje weiß wohl, dass das Geschwätz ist, denn Trui hat die Dreißig noch nicht überschritten.
Crisje spricht dann mit ihrer Schwester, als ob diese zehn Kinder bekommen hätte und dann jubelt es innerlich in Trui.
Man muss einem Menschen etwas gönnen, und wenn man einem Menschen immer das gibt, wonach sein Leben verlangt, geht es immer gut.
Crisje geht immer behutsam mit den Charakteren um.
Sie stößt sich nicht an den Ecken und Kanten, dafür hat sie nichts übrig.
Die Menschen müssen sich um die lästigen Dinge selber kümmern.
Aber Trui tut das nicht.
Sie trägt die Dinge zur Schau, und wenn sie dann sieht, dass ihr Leben daran zugrunde geht, heißt es: „Ich bin zu alt, um Kinder zu kriegen!“
Aber schau einmal gut auf das menschliche Schiffchen.
Armut ist es!
Crisje weiß das sehr gut, bei Trui weht der Wind falsch in die Segel und ihr Kahn fährt in die „verkehrte“ Richtung.
Das läuft dann meistens auf Verdrießlichkeit hinaus und darauf, dass der Mensch sich den Kopf anschlägt.
Wenn diese Dinge Truis Herz berühren, ist es um sie geschehen.
Und Crisje weiß: Der Lange weiß verflixt gut, wie er Trui so weit bringt, wann immer er es will und ohne dass sie es merkt, so schlagfertig sie auch sein kann.
Sobald Crisje mit ihren Bibelsprüchen anfängt, kann Trui ihr nicht mehr folgen.
Sie will auch nichts davon wissen.
Aber dann gibt es noch Unseren Lieben Herrgott, und vor Ihm muss Trui ihren Nacken beugen, sonst kommen nie Kinder.
Wenn Crisje ihr dann das Bibelwort deutlich macht, sagt sie: „Beten und einfach sein, Trui, das ist alles.“
Aber diese kann Schwielen an ihren Knien nicht ausstehen.
Crisje ist anders, die wäre schon dankbar, wenn sie zur Kirche kriechen müsste, und das weiß der Pastor auch ganz genau.
Crisje geht jeden Morgen in die Kirche; sie beichtet und geht zur Kommunion.
Zuviel des Guten ist laut Trui verkehrt.
Damit tust du Unserem Lieben Herrgott auch keinen Gefallen.
Damit sagt man: Ich will dort bei dir sein.
Ich will dicht bei dir sein.
Hochmut ist das.
So sehr unterscheiden diese Leben sich voneinander, dass die eine alles durch den Glauben tut und die andere durch ihren nüchternen menschlichen Verstand, mit der Verbissenheit und den Fragezeichen von „Warum und Wofür“ auf der menschlichen Brust.
Dachtest du wirklich, so etwas erzwingen zu können, Trui?
Wenn Trui meint, dass sie nicht genug Aufmerksamkeit von Crisje bekommt, fängt sie an, über das kommende Ereignis zu sprechen.
Dann kommen die Ratschläge.
Schöne warme Wärmflaschen sind auch so gut, und „Lagewechsel“.
Was Trui damit genau meint, kann Crisje nicht herausbekommen, aber sie sind gut für die Wehen, laut Trui.
Warme Milch ist auch sehr gut.
Wie Trui an die Weisheit kommt, ist Crisje ein Rätsel, aber sie wartet dann ruhig, bis Mina da ist.
Und weil Mina sie innerlich auslacht, mag Trui auch sie nicht.
So geschieht es dann, weiß Crisje, dass die Menschen schließlich alleine sind, da sie mit sich selbst und dem schönen Leben keinen Rat wissen.
„Mina kommt ja sofort, Trui“, und als ob Crisje es gefühlt hätte, steht Mina in der Küche und sie hören ihr „Guten Morgen“.
„Guten Tag, Mina.“
„Und, Cris, haben sie dich hier einfach so liegen lassen?
Wie geht’s?“
„Es will noch nicht, Mina.
Trui dachte, dass ich mich anders hinlegen sollte, aber ich wollte doch so lange warten, bis du da bist.
Wird mir das helfen, Mina?‘‘
Die Hebamme versteht schon und weiß, wo dieser Schuh drückt.
Auch sie kennt Trui.
„Ja‘‘, kommt es, „Cris, wir schauen mal.“
Sie setzt sich neben das Bett, fühlt den Puls, klopft auf den Bauch, kneift hier und da, denkt kurz nach und sagt dann:
„Nein, nein, Crisje, keine Kunststückchen machen, bleib nur ruhig liegen, das kommt alles in Ordnung und geht von selbst.‘‘
Und Mina wäre nicht Mina, wenn sie nicht wüsste, dass sie Trui empfindlich auf die Finger schlug.
Aber diese Dinge sind Mina zu heilig und Laiengerede darüber kann sie nicht ausstehen.
Sie wendet sich jetzt an Trui:
„Und jetzt noch du, Trui.
Es wird Zeit, dass du das nur weißt.“
Diese genießt es aus ganzem Herzen.
Sie hören das Bekannte: „Ich bin schon zu alt“, aber Truis Seele strahlt.
Mina weiß auch, dass Trui eine gepeinigte Seele ist.
Das Mutterherz will schlagen und kann nicht.
Ihre Natur steht in der Blüte, bekommt jedoch keine Frucht, keine Blume und keine Stacheln zu sehen, nichts.
Es bleibt bei ihr ein kahles, unbestelltes Feld.
Beide senden ihr jetzt eine Woge der Güte und ein Meer von Verständnis, aber auch dies: „Was weißt du schon“, dein „Umlegen“ ist gut für ein Puppenkind.
Und man kann es von Truis Gesicht ablesen: Hinter diesem Strahlen liegen die Stacheln.
Aber Mina greift nicht danach, die ist darüber erhaben und Trui steht schon betreten da.
Jetzt ist für Crisje die Stunde reif, die menschliche Seele zum Beugen des Nackens zu zwingen und sie hält Trui ihre Predigt:
„Du bist nicht die Einzige auf der Welt, Trui.
Aber der Glaube tut alles!“
Für Trui bedeutet der Glaube genau so viel wie ein Pfund Bohnen zu 4 Cent das Kilo.
Gebete?
Sind weniger wert als das Papier, auf dem sie stehen.
Wusstest du das noch nicht?
Und dann doch bei der „Geburtswissenschaft“ mittun?
Davon solltest du nicht herumfabulieren, Trui.
Sicher nicht mit Mina, denn dann hast du einige Treffer einzustecken.
Sobald Trui jedoch merkt, dass sie auf der falschen Seite steht, macht sie eine Kehrtwendung zur anderen Seite.
Dann merkt man, dass sie ihr Leben verbergen will und sich eine Maske aufsetzt.
„Ich hab ja mit dem Herrn Pfarrer gesprochen, Mina, und ich weiß ja, dass dies göttliche Geschenke sind.
Und ich hab ja auch gebetet!“
Wenn Trui so redet, dann durchschau das mal, wie Crisje und Mina das durchschauen, da sie sie so gut kennen.
Wahrheiten wie: „In der Kirche musst du dein Glück suchen!
Dort ist es!
Beten musst du, das ist das Einzige!“
Den Nacken beugen, rütteln an jemandes Persönlichkeit, das betrachtet Trui jedoch nur als Geschwätz.
Mina sagt es aber wieder auf eine andere Art und Weise: „Ach, was soll ich dazu sagen, Trui.
Sag mal selbst.
Ich darf doch wohl sagen, dass ich Erfahrung habe, oder nicht!
Aber ich sag dir, überall ist etwas.
Bei den Schroetes liegen die Kinder mit dieser schlimmen TBC.
Bei Jansens haben sie Pusteln, die sie ihr Leben lang nicht loswerden.
Bei dem einen ist es dies und beim anderen etwas anderes.
Wenn du keine hast, Trui, bist du eigentlich noch am besten dran.
Aber ja, entweder, du bist Mutter oder du bist es nicht!
Und du hast ja sehr damit zu kämpfen.“
Sie hören ein Wort, aber sie werden es nicht aussprechen.
Doch steht es in diesem Raum.
Mina leckt eben daran und man hört: „Sie ist läufig!“
Pfui, Mina!
Trui ist weder „läufig“ noch bewusst für die Mutterschaft.
Sie steht oben auf einem Dach und spielt Windfänger.
Wenn es wahr ist, was die anderen Frauen fühlen und sehen.
Hier ist der Doktor, Crisje.
Was sagt der Gelehrte?
„Guten Morgen zusammen.‘‘
„Guten Tag, Herr Doktor.“
Der gelehrte Mann schaut kurz nach dem Rechten und verschwindet dann genau so schnell, wie er gekommen ist.
„Verstehst du jetzt solche Menschen, Mina?“
„Nein Cris, daraus kann man nicht klug werden.
Was sind das doch für seltsame Menschen.
Der wird hier nie richtig dazugehören, das sag ich dir.“
Da Mina und Crisje nicht verstehen, warum dieser Mann so seltsam ist, meint Trui, ein Wort der Wertschätzung über ihn sagen zu müssen:
„Es sind aber doch Gelehrte, nicht wahr?“
Und dann verschwindet sie, sonst hätte sie bestimmt etwas zu hören bekommen.
Mina äußert nun Crisje gegenüber ihre Verwunderung.
Was für ein seltsamer Mensch sie doch ist.
Wie ist es möglich – zwei Schwestern, und dann so verschieden.
Crisje mildert es ab.
Trui ist nun einmal so.
Sie hat es „ja“ ziemlich schwer.
Als Crisje einen Schubs bekommt, ist Mina wieder zur Stelle.
Sie schaut nach und sagt dann:
„Er will kommen und bleibt doch, wo er ist.
Und von dem Gelehrten erfahren wir auch nichts.
Den brauchen wir auch nicht.‘‘
Mina geht weg.
Trui ist mit den Kindern beschäftigt und Crisje liegt und denkt wieder nach.
Wie will Trui Kinder kriegen, wenn sie so widerspenstig ist?
Mit solch einem aufgequollenen Gesicht brauchst du nicht zu Unserem Lieben Herrgott zu kommen.
Die Gebete von Trui bleiben irgendwo kleben, sie sind zu schwer, zu stofflich.
Da gibt es kein Fünkchen Heiterkeit.
Unser Lieber Herrgott ist ja kein Narr.
Richtig, Crisje, so ist es.
Warum Trui keine Kinder kriegen kann, ist ihr selbst und vielen anderen Frauen ein großes und gewaltiges Rätsel.
Aber jetzt kommt Jeus auf die Welt, und er wird es ihr später erklären.
Er wird die Gesetze Unseres Lieben Herrgotts zur Offenbarung bringen und für die Menschen aufschlüsseln.
Hörst du dies, Crisje?
Hierdurch erlebst du diese herrlichen Gefühle von innen.
Der Raum, in dem du lebst, liegt jetzt unter deinem Herzen und will demnächst, in einigen Stunden, geboren werden.
Da dieses Leben die Anzeichen dafür an dein Herz und Gefühlsleben weitergibt, kannst du dies ruhig annehmen, denn es ist etwas Besonderes.
Fühlst du diese Stille, Crisje ?
Du hattest dafür keine Worte, aber es ist „Stille“!
Und diese Stille ist wieder Tiefe, es ist Gefühl.
Du kannst dadurch schweben!
Du wirst deswegen weinen.
Warte nur, wenn du Jeus erst mal hast, dann weißt du es, oder später!
Johan und Bernard sitzen vor den Fenstern und sehen nach dem furchtbaren Wetter.
Es kommt ihnen jedoch paradiesisch vor.
Sie schauen nach den Jungs und nach allem, was ihr Interesse weckt.
Johan, der viel begreift und Bernard alles Mögliche beibringt, sagt:
„Wenn ich später groß bin, Bernard, werde ich mit Schneebällen schmeißen ... und Schlittschuh laufen!
Aber was hör ich, ist Tante Trui weggegangen?“
„Ja, Johan, sie ist weg.“
Johan denkt an Crisje.
Johan hängt sehr an seiner Mutter.
Bernard auch, aber Johan ist doch einfühlsamer.
Als Johan sieht, dass der Schnee dichter wird und es noch immer weiter schneit, fragt er:
„Wie will der Storch denn hier durchkommen, Bernard?
Das ist ja furchtbar und sozusagen auch unmöglich.
Und hast du Mutter noch nicht schreien hören?“
„Was sagst du?“, will Bernard wissen.
„Muss Mutter denn schreien?“
Das vierjährige Kind gibt seinem Bruder Unterricht.
Bernard will mehr darüber wissen und fragt:
„Woher hast du das, Johan?“
„Das sagen die Leute, Bernard.
Weißt du was, Bernard?
Ich gehe auf’s Dach gucken.
Vielleicht sehen wir den Storch schon und da sehen wir mehr als hier.“
Johan zieht sich selbst die Treppen hoch.
Bernard muss einen Moment warten.
Auf dem Speicher steht eine Kiste.
Johan klettert darauf.
Nein, er sieht noch nichts.
Er schreit Bernard zu:
„Hier kommt das Biest nie durch.
Mein Gott, Bernard, wie sehr es doch schneit!
Der kann ja unser Haus gar nicht finden.
Hörst du, was ich sage, Bernard?“
Johan versteht es nicht, warum sagt Bernard nichts?
Wer jedoch wohl etwas sagt, das ist Tante Trui.
„Was hast du hier zu suchen, Rotznase?
Marsch, komm runter!“
Johan spürt, wie er am Kragen gepackt wird, und steht wieder unten.
Er versucht, Tante Trui noch zu erzählen, was er tun wollte, aber sie hat keine Zeit.
Sie ist nicht Crisje, Johan.
Sie besitzt nicht das Gefühl, das in deiner Mutter lebt!
Als die Jungen wieder unten sind, fragt Crisje:
„Was wollten die Jungs, Trui?“
„Gucken, ob der Storch noch nicht da ist.
Das ist alles!“
Crisje braucht nichts mehr zu fragen.
Sie weiß es.
Die Kinder haben die Tante schon wieder vergessen.
Die kann ihnen übrigens gestohlen bleiben.
Mutter ist ihre Mutter und nicht Tante Trui.
Die erlaubt nichts!
Wenn Vater kommt, werden sie ihn danach fragen.
Vater weiß alles.
Aber Bernard will mehr wissen.
Er dachte an etwas, weiß aber nicht, was es eigentlich war.
Auf einmal fällt es ihm ein und er fragt Johan:
„Du sagtest mir, Johan, dass der Storch Mutter ins Bein beißt.
Ist das wahr?“
„Dann musst du hinhören, Bernard.
Früh genug wirst du das hören.“
„Aber wo hast du das her?“, will Bernard weiter informiert werden.
„Ich sagte doch schon, das sagen die Leute.
Wenn das Kind gebracht wird, beißt der Storch Mutter ins Bein und sie fängt an zu schreien.“
„Von wem weißt du das, Johan?“
„Von ... von ... aber davon verstehst du sowieso nichts“, rettet sich Johan.
Die Jungen gucken der Schneeballschlacht zu.
Die Stunden gehen vorbei.
Sie warten auf den Langen.
Mit Mutter können sie nicht reden, Mutter sieht schlecht aus.
„Da ist etwas mit Mutter.“ Was, wissen sie nicht.
Aber es hat mit dem Storch zu tun.
Crisje vermutet schon, dass sie dem Langen das Kind gleich noch nicht in die Arme legen kann.
Innen ist es so still.
Auch Mina, die gerade wiedergekommen ist, weiß es nicht genau.
„Nur die Natur weiß es“, sagt Mina, und da hat sie recht.
An dem Krach, den die Jungen machen, hört Crisje, dass etwas los ist.
Johan kommt hereingestürzt.
Das Kind rennt zu seiner Mutter und zittert vor Nervosität, denn der Vater ist bereits da.
Crisje kann es nicht glauben.
Es ist erst fünf Uhr und der Lange kommt immer erst gegen sieben Uhr nach Hause.
Trui glaubt es nicht, doch als sich dann die Tür öffnet und ihr Mann in der Türöffnung erscheint, fliegt das Glück zu Crisje.
Trui gegenüber ein etwas verbissenes Gesicht und das Gefühl von „Was willst du?“
Der Lange hat so seine Launen, aber auch Ehrfurcht vor Menschen mit gutem Willen.
Sicher, auch er, hochgewachsen, wie er ist, kann große Töne spucken, aber er weiß auch gute Dinge anzuerkennen; er kann auch seinen Nacken beugen, doch das geht nicht so plötzlich.
„Hallo Trui.“
Es folgt ein unwirsches: „Hallo Hendrik.“
Sofort steht der Lange bei seiner Frau:
„Tut sich noch nichts, Cris?“
„Nein, Hendrik, es dauert diesmal lange.
Aber da kann ich auch nichts machen.“
„Verdammt, das ist ja was, oder, Cris?“
„Oh Hendrik!“
„Das ist doch nicht geflucht, Cris.
Ist das geflucht, Trui?“
Sie antwortet nicht direkt, murmelt jedoch etwas, was aber nicht genug Kraft und Willen besitzt, um die Gefühle über die Lippen kommen zu lassen.
Die liegen innen schwarz und schwer aufeinander gepresst und rühren sich nicht.
Der Lange stört sich nicht an Trui.
Er nestelt an seinem langen Leib und zupft an seinen Kleidern herum.
Dann zieht er etwas unter seiner Hose hervor und hält es triumphierend in die Höhe.
„Was sagst du hierzu, Cris?
Ich werde dir arbeiten helfen!
Das dauert mir zu lange!
Ich schenke dir jetzt ein teures Glas Wein ein.“
Der Lange setzt die Flasche auf den Tisch.
Erst Crisje küssen.
Inzwischen will Trui die Flasche entkorken, doch dann ist Hendrik schon dabei und sagt, wieder nicht mit Zustimmung von Crisje:
„Finger weg, Trui, das lass ich mir nicht abnehmen, das mache ich selbst!“
Trui beherrscht sich und fühlt, dass sie hier nichts mehr zu tun hat.
Großartig ist Trui dem Langen gegenüber, als sie sich von ihm abwendet und beiläufig zu ihrer Schwester sagt:
„Cris, ich gehe dann mal wieder.
Wenn du mich brauchst, du weißt ja, wo ich bin.
Kann ich noch etwas tun?“
„Nein, Trui, Hendrik wird mir schon helfen.
Ich danke dir aber sehr.“
„Nichts zu danken, Cris.
Bis morgen früh, ansonsten ruft mich, wenn doch noch etwas passiert.“
Trui geht fort, ihr Schwager bringt sie zur Tür.
Er macht etwas gut.
Das findet Crisje herrlich, so hat er sich noch nie gegenüber Trui verhalten.
Bis zur Tür folgt der Lange seiner Schwägerin.
Dann fällt das Brett für Crisjes Gefühl doch noch zu laut zu und das Erste, was sie zu sagen hat, als er zurückkehrt, ist: „Jetzt bist du so lieb zu Trui, warum musst du das verderben, indem du die Tür so fest hinter ihr zuschlägst?
Denkst du, dass sie das nicht gemerkt hat?
Das ist doch wirklich schade!“
Der Lange ist nun betroffen.
Er hat es doch nicht extra getan.
Die Tür flog aus seinen Händen.
Es war der Wind.
Crisje weiß es jedoch besser.
„Das kannst du deiner Großmutter erzählen, Hendrik.
Für andere Dinge bist du wohl anders und da fliegt dir die Tür nicht aus der Hand.“
Jetzt merkt der Lange, dass Crisje ihm auf die Schliche gekommen ist und dass seine zur Schau gestellte Liebe und Herzlichkeit in Bezug auf Trui alles andere als aufrichtig waren.
Inzwischen hat er sein moralisches Tief überwunden und sagt:
„Trui ist doch keine Königin, oder?“
„Hendrik“, fährt Crisje fort, „das hat nichts mit Königinnen zu tun.
Nichts!
Das tut man aus Höflichkeit!
Trui hätte nicht herkommen müssen, das tut sie aus Liebe.“
„Cris“ begehrt der Lange jetzt auf, „Liebe und Trui, das sind zwei Paar Schuh!
Und jetzt Schluss mit deinen Predigten.
Unser Lieber Herrgott hat mich heute schon genug geschlagen.
Hier, trink dies, dann kannst du arbeiten und es kommt von selbst.“
Crisje will jedoch kein gestohlenes Gut trinken, und als sie das unumwunden sagt, ist er entrüstet und sie bekommt als Antwort:
„Willst du mir jetzt erzählen, Cris, dass ich dies gestohlen habe?
Willst du mir jetzt erzählen, dass die ganze Welt etwas mit Unserem Lieben Herrgott zu tun hat?
Willst du mir sagen, dass ich, wenn ich mit meiner Nase vor tausend Flaschen stehe, die Finger davon lassen muss, weil ich kein Geld habe, um mir eine Flasche zu kaufen?
Nein, Cris, mein Chef sagte heute: „Langer, du musst Cris mal was spendieren, Cris mag sicher einen guten Tropfen.
Und Prosit, auf das Glück Ihres Sohnes.“
Crisje hört nur ruhig zu; sie weiß, es hat keinen Sinn, etwas einzuwenden.
Aber sie kontert noch:
„Ja, schwätzen kannst du wohl.
Und große Töne spucken, das kannst du auch.
Aber ich trinke keinen gestohlenen Wein, dass du das nur weißt.“
Etwas später prosten sie sich zu und trinken auf die Gesundheit von Jeus, der jetzt doch wirklich bald kommen muss.
Der Abend bricht herein, draußen rast der Sturm.
Crisje schlummert und ächzt dann und wann.
Die Jungen schlafen schon.
Es herrscht Stille und friedliche Ruhe.
Der Lange streckt seine Beine unter dem Ofen aus und schaut dann und wann zur Lagerstätte.
Ungeduldig, wie er ist, weiß er noch nicht, wie er den Abend verbringen soll.
Die Lust, schlafen zu gehen, übermannt schließlich auch ihn.
Ein Mensch wird müde von der Kälte.
Der Winter, für viele eine Quelle von Verdruss und Elend, ist doch auch eine Wohltat für den müden Organismus, wenn man herrlich an den warmen Ofen kriechen und sich wärmen kann.
Jetzt kann der Lange dem Schlaf nicht länger widerstehen und legt sich neben seine liebe Cris nieder.
Sie reden noch ein wenig, aber dann fallen seine Augen zu und er verliert alles Fühlen und Denken.
Am Schnarchen hört Crisje, dass ihr Langer schlummert und herrliche Ruhe genießt.
Sie faltet die Hände und bittet Unseren Lieben Herrgott innig, ihn für sie zu beschützen.
Ja, dass der Lange immer gesund bleiben möge, um für sie und ihre Kinder sorgen zu können.
Was ist das Leben doch schön, denkt Crisje.
Was ist das Leben doch prächtig, gehen ihre Gedanken weiter, doch dann erhält sie von innen einen Stoß, eine Warnung, dass sie auch daran denken muss und dafür beten und danken muss.
Gesegnet ist sie mit ihrem Langen über Tausenden von Menschen in dieser Welt.
In einer reinen Stille und voll tiefer, menschlicher Dankbarkeit schickt Crisje ihre Gebete nach oben.
Sie weiß, dass sie aufsteigen und von den Engeln aufgefangen werden, da sie sich selbst kennt und erkennt, dass sie ein Kind Gottes ist. Der will ja alles für Seine Geschöpfe, wenn man den menschlichen Nacken beugen kann.
Noch ein Weilchen, dann sinkt Crisje in einen gesunden, erquicklichen Schlaf, sodass sie in den folgenden Stunden alles für die Geburt ihres Jeus geben kann, denn es ist ein Junge!
Eine beinahe erhabene Stille herrscht jetzt im ganzen Haus, nur unterbrochen vom regelmäßigen Ticken der alten friesischen Uhr, das Crisje ganz langsam vom Schlummer in den Schlaf hinübergleiten lässt, und ... von dem Ticken im Inneren ihres Lebens, unter ihrem Herzen, das, wofür sie jetzt lebt und alles geben würde, ja selbst würde sterben wollen, um ihren Langen wieder glücklich zu machen.
Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Das Amen kommt ihr nicht mehr über die Lippen.
Crisje schläft oder träumt.
Sie ruht.
Ihre Seele und ihre Seligkeit gehören Unserem Lieben Herrgott.
Ob die Engel das nicht wissen?