Frau Aanse, mein Bernard hat es getan

Unser Lieber Herrgott ist gut und allwissend, denkt Bernard, besonders, wenn Er auch noch für ein kleines Paradies in der Nähe des Hauses sorgt, in das man einfach so klettern kann und von dem die Menschen keine Ahnung haben, zumindest, wenn du früher dort bist als das Schaf, das darin lebt und diese Herrlichkeiten gar nicht alle aufessen kann.
Eines Morgens sind Frau Aanses Trauben verschwunden.
Hunderte wertvoller Trauben liegen auf dem Boden verstreut, es sieht aus, als ob ein Orkan sie von den Zweigen gerissen hätte, so roh und unachtsam wurden sie heruntergeholt.
Es ist schlimm, furchtbar ist das!
Und Frau Aanse weiß es noch nicht einmal.
Crisje sieht, wie Bernard, auf dem Rücken liegend, genüsslich Trauben isst.
Sie erschrickt sich fast zu Tode, sind das nicht die Trauben von Frau Aanse, Bernard?
Bernard fühlt sich ertappt, haben sie ihn schließlich doch erwischt.
Crisje duldet keinen Diebstahl.
„Was isst du da, Bernard?
Trauben?“
Blitzschnell will Bernard seine Trauben verstecken, aber es ist gerade zu spät.
„Nun, kannst du mir keine Antwort geben?“
Bernard weint nicht, sondern haut schnell ab.
Crisje ruft ihm jedoch nach:
„Bring die Trauben wieder zurück, Bernard.
Das sind Frau Aanses Trauben.
Ich weiß es.“
Aber das ist nichts für Bernard.
Frau Aanse wird ihm die Ohren lang ziehen, mit der Frau, die zweihundertachtzig Pfund wiegt, ist nicht zu spaßen, das weiß er haargenau, und zurückbringen, dazu hat Bernard folglich keine Lust.
Aber es ist schade, jetzt muss Crisje es dem Langen sagen und dann hat er nichts zu lachen.
Bernard wird schon zurückkommen.
Aber er lässt sich den ganzen Tag nicht sehen.
Gleich kommt der Lange nach Hause und Bernard ist noch nicht da.
Es ist eine Schande.
Frau Aanse wohnt zwei Häuser weiter.
Was soll Crisje tun?
Bernard ging zu weit, er hat lange genug darüber nachgedacht, aber ja, sie wuchsen einem direkt vor der Nase und wurden größer und dann ist er der Versuchung erlegen.
Bernard dachte, mir kann ja nichts passieren, und nun siehe da, Crisje hat ihn erwischt.
Bernard ist ein Prachtkerl, aber er klaut gerne, das ist ein feiner Sport für ihn.
Das Schönste, was es gibt, aber weder der Lange, noch Crisje wollen etwas davon wissen, sie wollen die Jungen nicht zu Schurken heranwachsen lassen.
Crisje geht jetzt zu Frau Aanse, sie selbst wird es ihr erzählen.
Frau Aanse sitzt in ihrer Ecke und weiß noch nicht, dass die Trauben hinter ihrem Häuschen gestohlen worden sind.
Das weiß Crisje, denn sonst hätte Frau Aanse schon längst Alarm geschlagen.
„So, Crisje, kommst du mich einmal besuchen?
Wir wohnen so dicht beieinander und sehen uns so wenig, was?
Wir haben nie Zeit für ein Schwätzchen, und du mit deinen Jungen erst recht nicht.
Wie geht es den Jungen denn?
Sind die Kinder gesund?
Setz dich doch zu mir, Crisje.“
Das ist ja eine schöne Bescherung, denkt Crisje, dieser gute Mensch weiß noch von nichts.
Frau Aanse, denkt sie, gleich wirst du anders über meine Jungen reden.
Crisje hat keine Lust, lange um den heißen Brei herumzureden, sie geht direkt auf das Leben von Frau Aanse zu.
„Ja, Frau Aanse, es ist alles bestens, aber ich habe keine erfreuliche Mitteilung für dich.
Weißt du noch nicht, dass deine Trauben gestohlen worden sind?“
„Was sagst du mir da, Crisje?
Meine Trauben sind gestohlen worden?
Und du musst kommen und es mir erzählen und ich selbst weiß nichts davon?
Das ist mir noch nie passiert.
Meine kostbaren Trauben gestohlen?
Das ist zu viel für mein Leben, Crisje.“
Frau Aanse will sich jetzt selbst überzeugen, aber ihre Beine wollen nicht mehr richtig und sie sinkt zurück in ihren Sessel.
„Es ist schlimm, Crisje, meine Beine wollen nicht mehr, sie sind geschwollen.“
„Nasse Umschläge, Frau Aanse, die helfen immer.“
„Das ist wahr, Crisje, ich hätte daran denken müssen.
Auch meine Knie sind geschwollen.“
Frau Aanse kommt mühsam auf die Beine und schaut sich die Verwüstung an und jammert:
„Du lieber Himmel, Crisje, ach, meine armen Trauben.
Das ist, Gott verzeih mir, das ist mir doch zu schlimm.
Wenn ich den in die Finger bekomme, drehe ich ihm den Hals um.
Ich breche ihm die Knochen.
Und weißt du, wer das getan hat, Crisje?“
„Ja, Frau Aanse, das weiß ich, mein Bernard hat es getan.
Du musst mir sagen, was sie kosten, ich werde sie dir dann bezahlen.“
„Was erzählst du mir da? Dein Bernard hat meine Trauben gestohlen?
Dann geh ich zur Polizei.
Der muss in den Knast, Crisje, den müssen sie ins Zuchthaus stecken.
Habt ihr, du und dein Langer, denn nichts mehr zu sagen?“
Frau Aanse schimpft jetzt nach allen Regeln der Kunst mit Crisje und diese akzeptiert alles.
„Ich kann dazu nichts sagen, Crisje.
Dem muss ein Ende bereitet werden.
Deine Jungen wollen nichts taugen und werden im Knast enden.
Das sagte Trui, und jetzt kann ich das glauben.
Mein Theet würde so etwas nie tun.“
„Ist das denn nicht wieder gut zu machen, Frau Aanse.
Du hast nur einen, ich habe fünf.
Das kann man doch wieder gutmachen?“
„Ich will dir mal was sagen, Crisje!
Du bist zu vernarrt in deine Kinder, dadurch werden sie verdorben.
Weißt du denn nicht, was eigene Trauben für einen selbst bedeuten?
Ich plage mich Tag und Nacht, um ihnen alles zu geben, was sie brauchen, und jetzt sind sie weg.
Sie sind für mich und nicht für deinen Bernard.“
Frau Aanse geht weg.
Crisje soll sich fortscheren, ihre Trauer ist schlimm.
Wo ist Bernard bloß?
Jan Kniep sucht ihn.
„Wo warst du, Jeus?“
„Ich war bei Hosman, Mutter.“
„Weißt du nicht, wo Bernard ist?
Hast du gehört, was der getan hat?
Bei Frau Aanse Trauben gestohlen.“
Das ist furchtbar, denkt Jeus, jetzt wird es Bernard schlecht ergehen.
Haben sie ihn schließlich erwischt.
Der Lange ist schon da.
„Was ist hier passiert, Cris?“
Er fühlt, dass etwas los ist.
Und dann beichtet Crisje alles ehrlich.
„Wo ist Bernard?“
„Hendrik, vorsichtig, du schlägst das Kind doch nicht wegen ein paar Trauben tot?“
Aber der Lange ist außer sich.
Crisje denkt, wär das bloß vorbei.
Wenn Hendrik drauflosschlägt, bleibt von Bernard nicht viel übrig.
„Wo steckt Bernard?“
„Hendrik ich warne dich, vergiss dich nicht.“
„Wo ist Bernard, Jan?“
„Ich weiß es nicht, Hendrik.“
„Johan, hast du Bernard gesehen?“
„Du auch nicht, Jeus?“
Kein Mensch hat Bernard gesehen?
Der Lange sitzt am Tisch und kocht vor Wut, er stampft vor lauter Gift.
Auf einmal glaubt er zu wissen, wo Bernard ist.
Er läuft in den Gang, öffnet die Kellertür und ruft:
„Bernard, bist du da?“
Aus der Dunkelheit piept es.
Bernard dachte, ich gehe schon mal hinein, muss ich ja sowieso.
Der Junge klettert die Treppen hoch.
Als er in Reichweite des Langen ist, packt der ihn und jetzt hängt Bernard im Raum wie ein gerade aus dem Wasser geholter Hecht.
So erscheint der Lange mit Bernard vor Crisje.
Crisje jammert schon, aber Bernard steht jetzt zwischen den Beinen des Langen und kann nirgendwo mehr hin.
Das ganze Haus ist in Aufruhr.
Jan und die Jungs sitzen da in einer Ecke, Crisje steht vor dem Langen und fleht, vergiss dich nicht, Hendrik.
Der Lange stört sich an nichts.
Als Jan sagen will: „Hendrik, bedenke, es ist doch noch ein Kind!“, bekommt er von ihm zu hören, dass er hier alles zu sagen hat und er seinen Mund halten soll.
Jeus zittert und bebt, auch Johan weint, denn jetzt wird es losgehen.
„Da haben wir unseren Dieb, was“, beginnt der Lange.
„Der kann nicht hören.
Der wendet sich gegen mich und Mutter.
Der macht sich aus nichts etwas.
Schau mich an, Bernard?“
Bernard schaut dem Langen in die Augen und sagt: „Schlag mich ruhig tot.“
Aber der Lange schlägt noch nicht, sondern Bernard hört: „Wenn geschlagen werden soll, Bernard, dann geschieht das, wenn es mir passt.“
Crisje hofft, dass es nicht so schlimm werden wird, aber diese Hoffnung geht nicht in Erfüllung.
„Hast du schon mehr gestohlen, Bernard?“
„Nein, Vater.“
„Weißt du das ganz genau, Bernard?“
„Ja, Vater.“
„Warum willst du nicht hören, Bernard?“
„Ich werde es nicht wieder tun, Vater.“
„Wenn du noch einmal wagst, zu stehlen, dann schlage ich dich wirklich tot.“
Crisje denkt, dass er mit einem ordentlichen Rüffel davonkommt, aber das ist nicht so, Crisje.
Der Lange legt Bernard über seine Knie und schlägt drauflos, dass Crisje vor Schmerzen zusammenbricht.
„Hendrik, hör auf damit, du schlägst dein Kind tot.“
Hendrik gibt ihm so viel, dass von Bernards Popo nicht viel übrig bleibt.
„So, und jetzt ohne Essen ins Bett.“
Bernard kann abziehen.
Das Kind kann beinahe nicht mehr laufen.
Crisje akzeptiert das nicht.
Als alle dabeistehen, sagt sie:
„Versuch das nochmals, Hendrik.
Wenn das noch einmal geschieht, gehe ich mit den Kindern weg, das ist keine Strafe mehr, das ist eine Schande.“
Aber der Lange sagt zu Crisje, dass sie gleich darüber sprechen werden.
Der Lange sieht, dass Crisje mit Essen hantiert.
„Cris, ich sagte, ohne Essen ins Bett.“
„Das sind doppelte Strafen, Hendrik.
Du kannst machen, was du willst, aber Kinder ohne Essen schlafen zu lassen, damit bin ich nicht einverstanden.“
„Ich sagte, ohne Essen ins Bett, Cris.“
Bernard liegt und lutscht genüsslich an einer Birne.
Johan sieht das.
„Hast du doch etwas zu essen, Bernard?“
„Hast du die Augen zu?“
„Hast du keine Schmerzen, Bernard?“
„Ich will mit Schmerzen nichts zu tun haben.“
Johan bekommt Respekt vor Bernard.
Was ist das für ein Kerl.
Das hätte er nicht gedacht.
Bernard ist stark!
Nein, Johan hätte dies nicht gewagt und er stiehlt auch nicht, er findet das Klauen nur beängstigend.
Unten wird es anders ausgetragen.
Der Lange sagt:
„Willst du die Klauerei noch unterstützen, Cris?“
„Das weißt du ja wohl besser, Hendrik, aber das ist nicht Strafen.
Du wusstest ja nicht mehr, was du tatest.
Du warst ja wie besessen.“
„Ich bin der Vater und ich werde wissen, wie meine Kinder bestraft werden müssen, Cris.“
„So, hast du das gedacht.
Und hast du gedacht, dass ich das weiter gut finde.
Und dass ich dich mit den Kindern das tun lasse, was du denkst.
Ich sage dir eines: Wenn das noch einmal passiert, Hendrik, gehe ich weg!
Dies ist nicht Strafen, sage ich dir.
Du schlägst aus ihnen die Achtung heraus.
Die Kinder bekommen Angst vor dir.“
„So, das hast du gedacht, Cris.
Hast du denn gesehen, dass der Angst vor mir hatte?“
„Hast du das denn nicht verstanden, Hendrik?
Begreifst du denn nicht, dass Bernard sich gegen dich wendet?
Mit Milde kommen wir weiter.“
„Entweder bin ich Vater oder ich bin es nicht, Cris.“
„Du bist der Vater der Jungen, selbstverständlich, aber ich bin auch noch da.
Und wenn du wieder so strafen willst, dann reden wir weiter, Hendrik.“
So, Langer, da hast du deinen Teil weg.
Crisje weint, das war zu verrückt.
Sie geht nach oben und schaut nach Bernards Popo.
„Mein Gott, was hat der dir den Popo weggeprügelt.“
„Ich fühle nichts, Mutter“, sagt Bernard.
Als sie nach unten kommt, sagt der Lange: „Merkst du denn nicht, Cris, dass die Kinder jetzt zwischen uns stehen?“
Crisje denkt kurz nach und gibt dem Langen recht.
Aber, schau einmal selbst, was du getan hast.
Der Lange lenkt ein.
Sie reden noch lange, Crisje muss ihm recht geben und der Lange gibt ihr recht.
Sie können wieder weitermachen.
In Zukunft straft der Lange anders.
Und Crisje hält ihren Mund, wenn Vater die Jungen ins Gebet nimmt.
Unser Lieber Herrgott sagte:
„Gut so, Crisje und Hendrik, so geht es gut, versteht einander, sonst wachsen euch die Jungen über den Kopf, und das darf nicht sein.
Aber, Langer, dies war etwas zu viel.“
Johan sieht, dass Bernard unter dem Stroh herumstöbert, und will alles darüber wissen.
Jan Kniep freut sich in seiner Ecke, er versteht es und findet, Bernard ist ein toller Kerl.
Johan bekommt von Bernard:
„Halt doch deinen Mund, mit deinem Geheule, sonst haue ich dir eine rein.
Ich habe genug Essen.“
Etwas später essen sie zusammen leckere Birnen und Äpfel.
Auch für Jeus ist Bernard ein Wunder und noch etwas später fallen allen die Augen zu und das Tagesbewusste schläft, um das Alltägliche zu vergessen, aber morgen ist wieder ein Tag.
Der Lange ist noch nicht weg, da steht Crisje schon vor den Betten.
„Lass mich mal nach deinem Popo schauen, Bernard.
Mein Gott, du hast ja keinen Popo mehr.
Hast du Schmerzen, Bernard?“
„Nein, Mutter, ich spüre nichts.“
„Aber du bleibst heute im Bett.“
„Ich spüre nichts, Mutter.“
Auch Johan muss schauen.
Auch er findet, dass Bernards Popo praktisch weg ist.
Er geht nach unten.
Bernard steht jetzt im Vorzimmer auf einem Stuhl vor dem Spiegel und betrachtet sich selbst.
Er muss zugeben, das ist kein Popo mehr, der Lange hat ihn grün und blau geschlagen.
Aber was bedeutet das?
Nichts bedeutet das, nichts!
Crisje hört jetzt von ihm, dass er zu Frau Aanse geht, um es wieder gutzumachen.
„Traust du dich das, Bernard?“
„Natürlich, Mutter.“
„Und wirst nie mehr stehlen, Bernard?“
„Natürlich nicht, Mutter.“
„Versprichst du mir das, Bernard?“
„Ja, Mutter.“
Es ist beinahe nicht zu glauben, wie tapfer das Kind doch ist, schade, dass Bernard klaut.
Bernard wagt alles und geht bewusst zu Frau Aanse.
Jetzt geschieht es, denkt Crisje.
Da hört sie Pferdegetrappel, das ist die Polizei.
Nein, sie gehen an ihrer Tür vorbei.
„Frau Aanse?“
Bernard steht vor der dicken Frau und beichtet alles.
„Frau Aanse ... ich komme beichten.
Ich habe Ihre Trauben gestohlen, ich werde es nie wieder tun.
Ich bitte Sie um Verzeihung.
Mein Vater hat mich beinahe totgeschlagen, Frau Aanse.
Schauen Sie selbst.“
Bernard zieht seine Hose herunter und zeigt Frau Aanse seinen grün und blau geschlagenen Popo.
Frau Aanse schaut und denkt, so eine Tracht Prügel hätte sie Bernard nicht gegeben.
Das Kind schaut ihr in die Augen und wartet ab.
„Das nennt sich, Gott vergebe mir, Bernard, eine Tracht Prügel bekommen.
Das muss ich sagen, dein Vater kann das.“
„Ja, Frau Aanse, damit kennt Vater sich aus.“
„Mach deine Hose mal wieder zu.
Ich hab es schon gesehen.“
„Willst du denn nicht draufhauen, Frau Aanse?“
Da muss Frau Aanse lachen.
Oh, dieser Bernard.
„Nein, Bernard, du hast schon genug Prügel bekommen, und ich finde dich auch tapfer.“
Sie hört jetzt nichts anderes als: „Ja, Frau Aanse, natürlich Frau Aanse, Sie haben recht, Frau Aanse.
Ich werde es nicht mehr tun, Frau Aanse.
Ich werde daran denken, Frau Aanse!
Nein, Frau Aanse, ihr Theet würde das nicht tun, das weiß ich, Frau Aanse, dafür ist ihr Theet viel zu gut.“
Und was tut Frau Aanse?
Sie findet, Bernard ist der Beste von allen.
Ob Bernard kein Glas Limonade haben möchte?
Ist das nicht allerhand, Bernard?
Schau selbst, Crisje, sonst glaubst du es gleich nicht, Bernard trinkt mit Frau Aanse Limonade.
Frau Aanse geht nicht zur Polizei, sie hat Bernard vergeben.
Und, Crisje - sie sind Freunde geworden.
Wie wird das Unserem Lieben Herrgott gefallen.
Als Crisje das hört, kann sie es nicht glauben.
Wie hat dieser Lausebengel Frau Aanse beeinflussen können?
Auch der Lange gibt zu, dass Bernard sich gut herausreden kann, aber das Klauen muss aufhören.
Vier Wochen später fragt Bernard Jeus, ob er nachschauen will, wie viel Birnen bei Hosman an dem kleinen Bäumchen sitzen.
Jeus erschrickt sich fürchterlich. Ist Bernard verrückt geworden?
Nein, Bernard ist nicht verrückt, er weiß, was er will.
Pass gut auf, er will die Riesenbirnen haben.
Jedes Jahr haben sie ihn damit gepiesackt, die Kinder von Hosman.
Dieses Jahr sind die Riesenbirnen für ihn.
Diese Birnen sind die größten der ganzen Gegend.
Der Sport, sie zu bekommen, ist für Bernard wie essen und trinken, und erst, wenn er die hat, hört er auf zu klauen.
Jeus spürt: Das ist waghalsig.
Hosmans Hector ist ein mieser Bluthund.
Bernard hat seinen Plan schon fertig, jeden Morgen holt er die Milch und schwatzt ein wenig mit Mieneke und Gerrit, er will kurz Hector sehen.
Und das gelingt.
Hector bekommt leckere Wurst, aber Crisje - die sieht, dass der Vorrat über dem Ofen schwindet - fragt sich: Habe ich gestern etwas von dieser Wurst abgeschnitten?
Jetzt hängt da nur noch ein kleines Wurstende.
Das ist verdächtig, aber die Kinder essen viel und gut.
Wie viele Birnen an dem Bäumchen hängen, weiß Bernard schon.
Das lohnt sich.
Es ist ein Sport, den man nicht jeden Tag erlebt.
Der Lange muss demnächst in Deutschland singen, es könnte nicht besser sein.
An dem Abend, an dem Bernard zuschlagen will, regnet es.
Er hat alles gut vorbereitet.
Hector wird sein Vergnügen haben und er bekommt die Riesenbirnen.
Da wird es schöne belemmerte Gesichter zu sehen geben!
Eben den Stokkumse Weg hinunter, dann in den Garten, jeder Schritt ist berechnet.
„Hector? Hector ... hier ist etwas für dich.“
Der Hund schnuppert an der leckeren Wurst, das Tier spürt einen Bekannten.
Wochen im Voraus hat er Hector an sich gewöhnt.
Inzwischen klettert Bernard in das kleine Bäumchen und stopft seine Taschen und den Korb voll.
Die Vier, die jetzt noch dranhängen, dürfen sie behalten.
Er hätte nicht gedacht, dass es so einfach gehen würde.
In weniger als einer halben Stunde ist er wieder zurück.
„Hast du sie, Bernard?“
„Ssssst ... halt den Mund.
Aber ich hab sie.“
Bernard schläft gut, er hat damit nichts zu tun, die Trottel essen dieses Jahr keine eigenen Birnen.
Schon früh schauen Bernard und Jeus durch das Dachfenster zur gegenüberliegenden Seite.
„Sie sitzen vor dem Fenster, Bernard, sie denken, dass wir das getan haben.
Schau, da sind Anneke und Mieneke.“
Und jawohl, die Familie schaut hinüber, das hat einer von der gegenüberliegenden Seite getan.
Crisje weiß noch nichts.
Wer holt Milch?
„Ich, Mutter.“
Bernard geht weg.
Die ganze Familie, sogar Hosman selbst, empfängt ihn dort.
„Du weißt nicht zufällig, Bernard, wer heute Nacht unsere Birnen gestohlen hat?“
„Wurden Ihre Birnen gestohlen, Hosman?
Die großen Birnen?
Aber mein Gott, Hosman, ist das nicht eine Schande?“
Der Bauer schaut ihm in die Augen, aber Bernard schaut zurück.
Nein, ein Junge kann nicht so lügen.
Aber sie glauben Bernard noch nicht.
Er wird jetzt beweisen müssen, was er kann, und er gibt ihnen die Sicherheit.
Das ganze Viertel weiß es schon.
Ist das nicht eine Schande?
Der Grintweg ist in Aufregung.
Nein, ich habe es nicht getan Frau Hosman, ich würde nicht einmal daran denken.
„Mutter, bei Hosman haben sie heute Nacht die großen Birnen gestohlen.“
„Was sagst du, Bernard?“
„Ja, Mutter, sie fragten mich, ob ich etwas damit zu tun hätte.“
„Mein Himmel, und das waren diese großen Birnen.“
„Ja, Mutter, sie haben dort nur einen einzigen Baum dieser Art und Hector hat sie nicht in die Beine gebissen.“
„Hat der Bluthund denn geschlafen, Bernard?“
„Ich weiß es nicht, Mutter.“
Bernard ist ruhig.
Jeus sagt nichts.
Er hat heiligen Respekt vor Bernard.
Sie haben sich dort auf der anderen Seite jedes Jahr über sie lustig gemacht und das ist jetzt vorbei.
Jetzt wissen die Kinder, die Geizhälse und Angeber, wo der Hammer hängt.
Jeus schlendert zu Gerrit, er will hören, was sie dort zu sagen haben.
„Weißt du nichts davon, Jeus?“ fragt Gerrit.
„Wie soll ich das denn wissen, Gerrit.
Aber ich finde, es ist eine Schande.“
Auch Gerrit schaut schräg, Anneke schimpft ihn aus, aber das akzeptiert er nicht.
„Weißt du wohl, Anneke, dass du das beichten musst?“
Das gibt ihr einen Moment zu denken.
Man kann nicht so einfach jemanden verdächtigen.
Nein, kommt dann:
„Wir haben damit nichts zu tun, Anneke.
Nein, Hosman, selbstverständlich nicht, aber hat Hector denn geschlafen?“
Der Lange kommt nach Hause.
Bernard steht wieder zwischen den Schraubzwingen des Langen.
„Schau mir in die Augen, Bernard.“
Der Lange schaut, aber Bernard blickt zurück.
„Du hast es wirklich nicht getan, Bernard?“
„Nein, Vater, ich habe nichts damit zu tun.
Ich will nicht mehr stehlen, Vater.“
Der Lange bespricht den Fall mit Gerrit Noesthede.
Es ist ein Streich, vor dem man Respekt haben muss.
Jeus wird bei den Hosmans nicht mehr angeschaut, aber das dauert nur kurz, Crisje braucht zwei Tage später Stroh.
Und das liegt oberhalb des Schweinestalls, sie zieht ab und zu an dem Stroh und schmeißt es den Schweinen vor.
Heute Morgen ist für Crisje mehr als nur Stroh zu sehen, ein Berg Obst kullert ihr entgegen.
„Du lieber Himmel, was ist das?“
Birnen und Pflaumen, Äpfel und Mohrrüben, alles Mögliche rollt nach unten.
Bernard sitzt wieder in der Patsche, jetzt kann er heute Abend seine Hose runterziehen. Crisje findet, dass dies sehr schlimm ist.
Aber die großen Birnen von Hosman sind nicht dabei, die liegen irgendwo anders.
„Bernard, was machst du mir doch für Kummer“, jammert Crisje, sie weiß, was ihn erwartet, sie kann das nicht verschweigen.
Hendrik hat recht, das Kind wird im Gefängnis enden.
Bernard kann nichts sagen, er weiß es.
Jeus und Jan haben Mitleid mit ihm.
Der Lange schlägt ihn tot.
Das sieht jetzt nicht gut aus für Bernard.
Da ist Vater.
Was ist los, Cris?
Der Lange hört von dem Drama.
„Was hast du mir jetzt zu sagen, Bernard?
Nichts?“
„Nein Vater, schlag mich jetzt ruhig tot, ich hab es verdient, Vater, schlag nur zu.“
Das ist mir ein Junge, denkt der Lange.
Aber Hendrik denkt nach; er hat durchaus etwas von Crisje gelernt.
Er denkt jetzt ausgezeichnet, noch nie hat der Lange so denken können.
Kommt es daher, dass er so einen Erfolg auf der Bühne gehabt hat?
Peter, Gerrit und die Jungen von Smadel kommen noch, sie treten ein und sehen, dass der Lange mit Bernard beschäftigt ist.
„Was los ist, Gerrit?
Der hier hat sich ein Paradies zusammengestohlen, das ist alles.“
Crisje steht bei dem Langen und sagt nichts, aber sie schaut.
Was tut Hendrik?
Bernard totschlagen?
Sie betet, sie denkt, sie weint innerlich.
Der Lange lächelt.
Das Gericht, vor dem Bernard steht, wird entscheiden.
Dann fragt der Lange:
„Ich könnte dich totschlagen, Bernard.
Natürlich kann ich das.
Aber ich will dir etwas ganz anderes erzählen.“
Und dann zu Crisje:
„Cris, die Jungs müssen weg.“
Die Jungs müssen raus aus der Küche.
Dann sagt der Lange: „Bernard, wenn du mir jetzt alles ehrlich beichtest, werde ich vieles übersehen.
Aber ich will alles wissen.
Und ich sage dir dazu, wenn ich wieder höre, dass du stiehlst, bringe ich dich selbst zur Polizei.
Mutter weiß das.
Wir sind arme Menschen, Bernard, aber wir sind keine Diebe!
Verstanden?
Wir sind keine Landstreicher.
Wir haben dafür zu sorgen, dass wir Unserem Lieben Herrgott jeden Tag in die Augen sehen können.
Glaubst du das, Bernard?“
„Ja, Vater.“
Die großen Männer schauen, sie wissen jetzt, auch Crisje, dass der Lange es wahrhaftig noch einmal probiert.
Von Crisje bekommt Hendrik ihr Verständnis, aus ihren Augen strahlt ihm reine Liebe entgegen und die Erkenntnis, so ist es besser, Hendrik, damit ist Unser Lieber Herrgott zufrieden.
Jetzt bekommen die Kinder wieder Achtung vor dir, Hendrik, sie spüren wieder, dass du ein Vater bist und dass du den Verstand besitzt, als Vater aufzutreten, und weißt, wie du zu handeln hast.
Sicher, Crisje spürt, dies ist eine ehrliche Chance!
Und Bernard beichtet dem Langen.
„Ist sonst noch etwas, Bernard?“
„Ja, Vater.“
„Was weißt du denn noch, Bernard?
Schäme dich nicht.“
Und jetzt bekommt der Lange zu hören, dass er die Riesenbirnen bei Hosman gestohlen hat.
Der Lange erschrickt.
Gerrit Noesthede fühlt ein „Kribbeln von innen“, Peter und die anderen verstehen, wie bewusst Bernard ist und wie fehlerlos er stehlen kann.
Was ist das doch für ein Kerl, denkt Gerrit.
Vor so einem Jungen muss man Respekt haben.
Der Lange fährt fort.
„So, Bernard, hast du dort die großen Birnen weggeholt.“
„Ja, Vater.“
„Warum hast du das getan, Bernard?“
„Weil sie mich jedes Jahr gehänselt haben, Vater.“
„So, und das kannst du nicht vertragen, was?“
„Nein, Vater.“
„Aber es gibt so Vieles, Bernard, was wir Menschen anschauen und wovon wir trotzdem die Finger lassen müssen.
Sieh doch mich einmal an, Bernard.
Was habe ich nicht für dich getan.
Lass die Männer dir das einmal erzählen.
Was würdest du sagen, wenn ich nicht mehr da wäre?“
Bernard fühlt, wo der Lange hin will, und ist bereit, er sagt zum Langen:
„Ich will für kein Geld der Welt auf dich verzichten, Vater.“
„Meinst du das ernst, Bernard?“
„Natürlich, Vater.“
„Schau mal, Bernard.
Dies ist das letzte Mal.
Wenn ich dir wieder gegenüberstehe, dann geschieht etwas ganz anderes.
Wenn du mir versprechen willst, dass du die Finger von den Sachen anderer Leute lässt, verspreche ich dir, dass ich dir keine Tracht Prügel gebe, und du brauchst auch nicht in den Keller.
Aber, wenn du vorhast, mich zu betrügen, dann tu ich ganz was anders.“
„Ich will dich nicht betrügen, Vater.“
„Deine Hand darauf, Bernard?“
„Auf mich kannst du zählen, Vater!“
Der Lange legt seine Hand um die von Bernard.
Crisje ist glücklich.
„Und jetzt ab ins Bett.
Aber erst essen, Bernard.“
„Ja, Vater!“
„Cris“, sagt Gerrit zu ihr‚ „Cris, von mir bekommt er zehn Mark für sein Stehlen.
Hendrik, ich meine es ernst.“
Sie lachen.
Oben wird alles besprochen.
Jeus fragt: „Hörst du jetzt mit dem Klauen auf, Bernard?“
„Natürlich, aber ich schlafe jetzt.“
Der Lange weiß, so ein Abenteuer hat er in seiner Jugend nicht erlebt.
Bernard ist unerhört gut weggekommen.
Crisje denkt, dass sie dies gut machen muss.
Sie beichtet, sie wird dafür arbeiten.
Auf Frau Hosmans Feld kommt sie zu einem menschlichen Gespräch.
Frau Hosman ist nicht so gefühllos, dass sie dies nicht versteht.
Crisje beichtet auch dort alles ehrlich.
Frau Hosman weiß jetzt, dass Bernard es getan hat.
Was tut Frau Hosman?
Auch sie hat denselben Lieben Herrgott.
Als Crisje Wochen später todmüde nach Hause kommt und ihr Rücken von der Arbeit auf Hosmans Feld gebrochen ist, fragt Bernard, warum Mutter so spät nach Hause kommt und warum Mutter sich so müde arbeitet, Vater verdient doch Geld und er selbst wird sich um die Zeitungen kümmern, sagt Crisje:
„Komm du mal her zu mir, Bernard.
Du musst jetzt gut zuhören.
Du weißt doch, dass ich alles beichten muss?“
„Ja, Mutter, natürlich.“
„Nun, Bernard, als ich das beichtete, sagte Unser Lieber Herrgott zu mir, Crisje, das musst du wieder gutmachen.
Und jetzt, Bernard, muss ich für das arbeiten, was du gestohlen hast.
Dies hat der Herr Pastor mir aufgegeben, Bernard.
Ich wollte für all die Arbeit keinen Cent haben.“
„Wissen sie auch, dass ich das getan habe, Mutter?“
„Nein, Bernard, aber ich kann es Frau Hosman sagen.“
„Und tust du das, Mutter?“
„Wenn du nie mehr stiehlst, Bernard, nein, dann brauche ich nicht darüber zu sprechen.
Was würdest du sagen, wenn sie dich dein ganzes Leben lang als Dieb beschimpfen, wie würdest du das finden, Bernard?“
„Das ist schlimm, Mutter.“
„Jetzt siehst du es selbst, Bernard.“
„Ich stehle nicht mehr, Mutter.“
Dann fiel auch Bernard in sich zusammen, gegen seine Mutter kam er nicht an und er versprach ihr, dass es aus war mit dem Stehlen.
Es herrschen Ruhe, Friede und Glück, dies ist heiliger Respekt!
Hierdurch kommt neues Leben, fühlt Crisje und der Lange hat eine Menge gelernt!
Doch fragt Crisje sich, wo Bernards Leben wohl stranden wird.
Ist dieses brausende Gefühlsleben wohl zu zähmen?
Noch etwas Geduld, Crisje, und du weißt es!