Séancen

„So, mein Junge, kein Werk wird gelingen, worauf nicht Gottes heiliger Segen ruht.
Allein durch Gottes Wille wird unser und des Menschen Glück ein Segen sein.
Wir können jetzt aufbrechen.
Vorläufig kommen wir hierher nicht zurück.
Ich muss dir vieles deutlich machen.
Wir verbleiben in der Sphäre der Erde, um anschließend die geistigen Sphären zu besuchen.
Wir werden uns schwebend fortbewegen.
Halte deine Konzentration auf mich gerichtet, André, du wirst mir in allem folgen können.“
Sie schwebten durch viele Häuser und Gebäude.
In nichts wurden sie behindert und André konnte alles erkennen.
Er sah die Menschen, von denen viele Licht ausstrahlten.
Diese konnte er deutlich wahrnehmen.
Andere sah er in einen grauen Schleier gehüllt und er begriff, was das bedeutete.
Sie fühlten keine Liebe und lebten ein irdisches Leben.
Fremd war es ihm.
Jetzt verstand er, wie schwer es für die Hellseher der Erde war, den astralen Menschen wahrzunehmen.
Noch schwerer war es, etwas von ihrem Leben zu sehen, zu spüren und zu verstehen.
Alles war so gänzlich anders als das stoffliche Leben auf der Erde.
Um auf der Erde wahrnehmen zu können, musste die Verbindung vollkommen sein.
Doch welch eine Gnade war es, diese Gabe besitzen zu dürfen.
Wie groß war sein Glück, hinter den Schleier blicken zu dürfen, um ihr Leben kennenzulernen.
Dadurch wurde ihm klar, wie schwer es für den astralen Geist war, den Stoffmenschen zu erreichen.
„Hier werden wir bleiben, André.
Ich will dir zeigen, wie auf der Erde Séancen abgehalten werden.
Schau, dort sind einige Wesen beisammen, die einen Kreis gebildet haben.“
André sah, dass sie sich in einem Wohnzimmer befanden.
Eine ältere Dame, die eine schöne Ausstrahlung besaß, war Schriftstellerin.
Ein junger Mann saß am Tisch und ihm gegenüber eine Frau; beide hielten zusammen ein hölzernes Kreuz.
Er verstand sogleich, um was es ging.
Sie warteten auf Botschaften von dieser Seite.
Er konnte alle deutlich sehen.
Keiner von ihnen spürte ihre Anwesenheit.
Sie waren in einen Schleier gehüllt.
Von einem der Anwesenden ging ein Licht aus, das auf die Mutter gerichtet war, die dabei war, alles aufzuschreiben.
Es war die Abstimmung von ihr, die ihr Kind war.
Liebesgedanken für das Wesen, mit dem die junge Frau innig verbunden war.
Der junge Mann, das sah und fühlte er deutlich, war nicht auf sie abgestimmt.
Seine Liebe war nicht stark genug, um sich mit ihr eins fühlen zu können.
André berührte ihn, doch er spürte die Berührung nicht.
Für ihn war er tot.
Nun versuchte er, sich mit ihm zu verbinden, was ihm vollkommen gelang.
Sauber konnte er seinem Gedankengang folgen.
Es war für ihn ein sehr merkwürdiges Gefühl, in einen irdischen Menschen hinabzusteigen.
Er war in ihm, und trotzdem merkte der das nichts.
Das zeigte ihm ganz deutlich, wie sensitiv der Mensch sein musste, den astralen Menschen erfühlen zu können.
Der Mensch auf der Erde war für einen Geist ein offenes Buch.
Hier wusste man alles über ihn, weil ihre Seelen offen waren.
Und dem Menschen war dieses Geschehen nicht bewusst.
Dies sagte ihm, dass ein irdischer Mensch niemals allein ist.
Er konnte sich vor nichts verbergen.
Hier konnte nichts verborgen werden.
Ihr innerer Zustand war ihr Besitz, ihr Licht, und jedes Wesen las darin.
„Komm zu mir, André, ich will dir etwas zeigen.
Du verstehst, dass sie darauf aus sind, wie man das auf Erden nennt, mit ihren Lieben in Kontakt zu kommen.
Der graue Schleier, den du siehst, ist eine Kraft, die zur Abschottung dient.
Damit meine ich, dass nicht jeder Geist einfach in ihren Zustand hineinplatzen kann.
Wenn sie in voller Hingabe weitermachen, wird der graue Schleier sich in eine hellere Substanz verwandeln, die Verbindung mit jenen, die ihre Séance von dieser Seite aus kontrollieren.
Doch vorläufig ist es noch nicht so weit;
das erfordert Entwicklung.
Es kann Jahre dauern, bis ein Kreis geistig abgeschottet werden kann.
Ich zeige dir diese Zustände, um dich davon zu überzeugen, wie viel Mühe von unserer Seite aus aufgewendet wird, Verbindung aufzubauen mit den Menschen auf Erden, damit wir ihnen vor allem von unserem ewigen Leben berichten können.
Wenn die Menschen ernsthaft auf der Suche sind, kommen ihre Lieben zu ihnen, um ihnen ihr Glück zu bezeugen.
Das wird sie anspornen, alle Kräfte, die in ihnen sind, für ihren inneren Zustand einzusetzen.
Dann werden diese Séancen für andere Ziele abgehalten, und zwar hierfür.
Schau, dort, André.“
André schaute zu der Stelle, auf die sein geistiger Leiter gedeutet hatte.
„Was ist das, Alcar?“
„Ein Geist, mein Sohn.“
„Ich habe ihn doch vorher nicht gesehen.“ –
„Das war auch nicht möglich, weil er in einem anderen Zustand lebt, als der, in dem wir uns befinden.
Dennoch ist er schon seit geraumer Zeit hier.
Später wirst du auch diese Zustände kennenlernen.
Er wurde hergebracht, weil man ihn davon überzeugen will, dass er auf der Erde gestorben ist.“
„Weiß er das denn nicht?“
„Nein, er nicht und viele andere auch nicht.
Diese Séancen bedeuten für ihn nichts als Glück.
Er wird für einige Stunden in ihrer Mitte sein, was ihn wärmt in seinem finsteren und kalten Dasein.
Der Mann ist erst seit Kurzem an unserer Seite.
Seine Ehefrau, seine Tochter und sein Schwiegersohn sind hier beisammen.“
André sah ein Wesen, das sechzehn Jahre alt war.
Oh, wie entsetzlich sein Gesicht aussah.
Wie ein Wahnsinniger sah er aus.
Die Augen quollen aus dem Kopf hervor, und er stieß Laute des Jammers aus.
Doch niemand hörte ihn.
Tastend ging er durch das Zimmer.
Der Mann verhielt sich sonderbar.
„Warum tut er das, Alcar?“ –
„Ist dir das nicht klar?
Der Mann fühlt sie, er ist aber geistig blind.
Nichts, absolut nichts, kann er wahrnehmen.
In seinem irdischen Leben hat er sich vergessen.“
André sah eine furchtbare Wahrheit.
„Er besitzt nichts von jenem Heiligen, das ihn an dieser Seite erwärmt und ihn sehen lässt.
Seine Abstimmung ist die der tiefen Finsternis, und er irrt in diesem unendlichen Raum umher.
Fühlst du, was es heißt, wenn der Mensch auf Erden sich vergisst?
Für ihn und für viele andere sind diese Séancen bestimmt, um sie mit ihren Lieben zu verbinden.
Dies hier ist eine Wahrheit der vielen Tausende von Zuständen, die ich dir auf dieser Reise zeigen werde.
Davon weiß der Mensch auf Erden nichts, zumindest derjenige nicht, der von einem Fortleben nichts wissen will.
Wenn man ihn überzeugt hat, wird er in seine Abstimmung zurückkehren, um von dort aus ein anderes Leben zu beginnen.
Ein höher Abgestimmter wird zu ihm sprechen, um ihm klarzumachen, dass er Verbindung hat.
Daran fühlt er, dass er sein Stoffkleid abgelegt hat.
Es ist nicht so leicht, diese Botschaften durchzugeben.
Der Mensch verschließt sich dem astralen Menschen, und eine andere Verbindung ist nicht möglich.
Wir benötigen ihre Kräfte, um uns manifestieren zu können.
Ich will versuchen, dir deutlich zu machen, wie schwer es für uns ist, durchzukommen und durchzugeben, was wir wissen.
Als Erstes ist dafür Abstimmung erforderlich.
Wenn ein Geist an einer Séance teilnimmt, wird ihm das vom Menschen ermöglicht.
Doch von dieser Seite aus können sie nur dann Verbindung bekommen, wenn sie die Kräfte dazu besitzen.
Das sind: Liebe, Licht und Glück.
Ohne Liebe ist eine Existenz nicht möglich.
Damit meine ich einen glücklichen Zustand, eine Sphäre des Lichts an dieser Seite.
Derjenige, der auf der Erde einen Kreis leiten will, muss ein starkes Konzentrationsvermögen besitzen, um sich zu manifestieren.
Wenn ein dritter Beteiligter auf ihn Abstimmung hat, bedeutet es eine baldige Verbindung für den Geist.
Er macht sich mit ihr oder ihm eins, die oder der auf seine Gefühlskraft Abstimmung hat, wodurch er sich manifestieren und Botschaften durchgeben kann.
Doch auch dann ist es schwer für ihn, sein Wissen durchzugeben.
Die Schwierigkeit ist die: Der Geist muss die ausgesendeten Gedanken abblocken können, mit anderen Worten: Ihre Gedanken können dominieren.
Falls ihm das nicht möglich ist, kommt dasjenige durch, was einige der Teilnehmer denken.
Folglich sind es ihre eigenen Gedanken, die buchstabiert werden, und die sind bedeutungslos, weil unsere Wahrheit nicht durchkommen kann.
Deswegen kommt lediglich Banales durch, nichts anderes als die Gedanken derer, die in Ungeduld auf die Nachricht warten, dass sie mit Hinübergegangenen verbunden werden.
Fühlst du, was das bedeutet, André?
Kann der astrale Mensch ihre ausgesandten Gedankenkräfte ablenken, so wird er seine eigenen Erkenntnisse durchgeben können.
Die Teilnehmer müssen passiv sein.
Ihr Verlangen bedeutet an unserer Seite bereits Disharmonie, wodurch die Entwicklung aufgehalten wird und die uns dabei behindert, saubere Botschaften durchzugeben.
Deshalb kann es Jahre dauern, bis eine Séance abgeschottet werden kann und wir sauber durchkommen können.
Wir erwarten völlige Hingabe, und wenn sie das nicht können, wird mancher Kreis abgebrochen.
Das ist aber nicht unsere Schuld.
Hier warten viele darauf, wie ich dir sagte, geistige Nahrung auf die Erde zu bringen und unglückliche Geister von ihrem ewigen Leben zu überzeugen.
Dann noch Folgendes: Ein Geist, der in der Sphäre der Erde lebt und der fühlt, dass er nicht erwünscht ist, weil sein Wissen keinen Wert hat für den Menschen auf Erden, dieser Geist wird alles versuchen, die einmal aufgebaute Verbindung zu halten.
Er spricht über Gott und Liebe und redet von einem ewigen Fortleben, worüber er selbst nichts weiß.
Es sind jene, die zur Erde zurückgekehrt sind und sich ergötzen und den Menschen dazu anspornen, an Séancen teilzunehmen.
Nichts davon, was durchkommt, hat Wert im Geiste.
Das ist auf der Erde deutlich wahrzunehmen.
Früher oder später merken es die Leute, dann hören sie mit den Séancen auf.
Doch wenn sie es einmal so weit gebracht haben, dass geistige Leiter an unserer Seite alles kontrollieren können, dann ist es heilig, weil sie mit ihren Lieben in Verbindung stehen.
Du wirst begreifen, wie groß das Glück dann hier und auf der Erde ist.
Alles ist dann Liebe, Glück und Weisheit im Geiste.
Dann bedeutet Spiritualismus geistiges Leben, das viele glücklich machen wird.
Er wird ihnen eine Stütze sein in ihrem schweren irdischen Leben, und dazu wurde ihnen von denen verholfen, die an dieser Seite sind und ihnen deutlich machen, dass sie bald auf ewig verbunden werden.
Nichts als Glück bedeuten diese Abende für beide Seiten.
Wenn es auf der Erde gewollt ist, werden viele mit mir kommen, um ihnen zu helfen.
Komm, André, wir gehen weiter.
Ich werde dir einen anderen Zustand deutlich machen, wie man unseren heiligen Spiritismus besudelt.
Es ist mir und vielen anderen bekannt, wie der Mensch auf der Erde betrogen wird.
Es sind diejenigen, die den Spiritismus für eigene Zwecke benutzen und die Geister erscheinen lassen, wie sie es wollen.
Das ist allerdings unmöglich.
Ich will dir zeigen, wie viele es sind, die gegen alles angehen, was das Größte und Heiligste ist, das von Gott geschaffen wurde.
Je mehr Aufsehen sie erregen, desto tiefer sind sie gesunken.
Komm, wir verlassen schnell diesen Ort, André.
Ich will dir zeigen, wie ein Hellseher einen ahnungslosen Menschen damit anlügen kann, was er zu sehen glaubt.
Alles ist bloß Anmaßung und Wichtigtuerei, weil er etwas sein will.
Vor allem jedoch, um sich durch den Spiritismus zu bereichern.
Sie glauben, dass Gott mit ihrem jämmerlichen Getue zu erreichen ist.
Die Hellseher und jene, die an deren Séance teilnehmen, sind allesamt Wesen, die sich auf eine finstere Sphäre abstimmen.
Sie begreifen nicht, dass es die größte dem Menschen auf Erden gegebene Gnade Gottes ist.
Und diese Gnade Gottes ist Liebe, die sie besudeln.
Sieh, André, dort sitzt die hohe Gesellschaft beisammen.
Ihr Licht ist das des Dämmerlandes an dieser Seite.
Kalt ist alles, so auch ihre Herzen.“
André sah mehrere Menschen, die in einem Kreis beisammensaßen.
Der Raum war reich möbliert, prächtige Gemälde zierten die Wände.
Es war ihr Séancezimmer.
Einige strahlten Licht aus.
Andere waren in einen grauen Schleier gehüllt.
In ihrer Mitte sah er einige Geister, die als unsichtbare Zuhörer zugegen waren, um über das Wohl und Wehe ihrer Lieben zu wachen.
Geistige Beschützer, die ihren Lieben zur Seite standen.
Alle Wesen in diesem Zimmer konnte er deutlich an ihrer Ausstrahlung erkennen.
Dadurch fühlte er ihre innere Abstimmung, ihr Verlangen und ihre Leidenschaften.
Hier wollte man nichts anderes als die Sensation.
Dazu diente der Spiritismus.
War das nicht furchtbar?
Sie wollten Verbindung, damit die Geister ihren Besitz beschützten.
Dazu sollte dieses heilige Geschehen dienen.
„Sieh, dort sitzt unser Mann, André.
Dieser Hellseher ist dabei, unsere heilige Botschaft zu vernichten.
Er denkt, dass er wahrnimmt, aber er fühlt und sieht in Gedanken.
Er ist hier das Medium.
Die Dame lädt andere zu ihren Abenden ein.
Dieser Hellseher weiß sie auf seine Weise zu beeinflussen.
Eine Vision ist schöner als die andere.
Dafür bekommt er sein Honorar.
Das alles geht mich nichts an, es geht nur darum, dir zu zeigen, dass alles falsch ist, was er sieht.
Du wirst gleich begreifen, wie furchtbar dieser Mann ist.
Und alle glauben, dass er sieht, weil auch sie nicht frei von Eitelkeit und Wahnvorstellungen sind.
Dem wird bald ein Ende gesetzt.
Die Anwesenden dieser Seite werden alles abbrechen.
So ist der eine damit beschäftigt, ihnen etwas zu bringen, und ein anderer hat die Aufgabe, alles wieder abzubrechen.
Von ihrer Heiligkeit wird nichts übrig bleiben.“
André sah einen Mann von fünfzig Jahren.
Er war der Hellseher.
Oh, wie er sich fühlte!
Er war es, der Verbindung hatte.
In ihm lag nichts von jener Kraft, die Hellsehen bedeutete.
Was er sah, waren nichts anderes als Hirngespinste, denen sie Glauben schenkten.
In großer Aufmachung saß er da und blickte umher, als könne er etwas wahrnehmen.
Alle starrten ihn wie einen Heiligen an.
„Ich glaube“, hörte André ihn sagen, „dass es losgeht.“
„Was wird kommen, Alcar?“
„Nichts wird kommen, mein Sohn, gar nichts; er glaubt, dass er sieht.“
Wie war es nur möglich, alle dermaßen zu betrügen.
Was für ein Heuchler.
„Hör zu, er sieht jetzt!“
Das Leben tritt in Erscheinung.
Das Leben dient ihm.
Das Leben, das Gott ist.
„Ich sehe“, so begann er, „dass hohe Geister Blumen bringen.
Es sind himmlische Farben, oh, so schön.“
André schaute sich um, aber da waren keine Blumen, und so gab es auch keine höheren Geister.
Nichts war da, nichts.
„Wie wunderbar das ist“, hörte er ihn sagen.
„Sie werden Ihnen auf den Schoß gelegt.“
Er meinte damit die Hausherrin.
Das wird ja fabelhaft, dachte André, schöner könnte es nicht kommen.
„Immerzu kommen Blumen, und jetzt sehe ich zwei Geister, die in schöne Gewänder gehüllt sind, mit Blumen, die sie um Sie herum verstreuen.
Oh, wie wunderschön.“
„Was der Mann lügen kann, Alcar.“
„Jetzt sehe ich“, fuhr jener fort, „zwei Nonnen, die ebenfalls Blumen bringen.
Heilig ist alles.
Heute Abend wird etwas Schönes geschehen.“
Alle starrten ihn an und glaubten, dass sie in den Himmel aufgenommen worden waren.
„Noch immer kommen Blumen an.
Immerzu Blumen, in allen Farben, oh, wie schön das ist.
Was ich nun sehe, ist wunderschön.
Eine weiße Taube fliegt im Zimmer umher und versucht einen Platz zu finden.
He, was sehe ich jetzt?
Sie hat etwas im Schnabel.
Vielleicht wird es mir gezeigt.
Da fliegt sie.
Zu schade nur, dass Sie dieses Schöne nicht sehen können.
Es ist wunderbar.“
Alle zitterten vor Erregung.
André sah zu seinem geistigen Leiter, dessen Gesicht stark angespannt war.
Wie musste sich Alcar fühlen?
Seine Konzentration war auf den Mann gerichtet.
Es musste Alcar schmerzen; ihm, der die Menschheit glücklich sehen wollte.
Wie alles verdorben wurde!
„Es kommt noch mehr, André, hör nur.“
„Nun setzt sich der Vogel auf Ihren Kopf.
Spüren Sie das nicht?“
Wiederum war es die Hausherrin, die dieses Schöne erleben sollte.
Nein, sie spürte es noch nicht.
Doch sie errötete vor Glück.
In ihr war nichts als Glück.
Sie wurde mit dem Heiligsten verbunden.
„Ich sehe jetzt, was auf diesem Zettel steht.
Ich kann es wortwörtlich lesen.
Es wird ein Geisteskind gebracht, für das Sie sorgen sollen.
Das Kind hat vor Kurzem die Erde verlassen und fühlt sich in den Sphären nicht glücklich.
Es findet dort noch keine Ruhe.
Sie bekommen eine Aufgabe, wie sie nur wenigen anvertraut wird.“
Bibbernd vor Glück verfolgten alle das großen Wunder.
„Jetzt kommen zwei Geister, die weiße Gewänder tragen.
Sie tragen das kleine Wesen in ihren Armen.
Sie stehen vor Ihnen und Sie sollen Ihre Arme ausstrecken, dann werden sie das Geisteskind Ihnen in die Arme legen.
Ja, jetzt geschieht es.“
Die Hausherrin fühlte, dass sie ein Kind in Armen hielt.
Ein Wesen aus den höchsten Himmeln.
Alle hatten Tränen in den Augen.
Das war doch wohl das Schönste, was man von Jener Seite empfangen konnte.
Vom heiligen Geschehen gerührt beteten und dankten sie mit ihm, der sich das alles zusammenfantasierte.
Sie beteten, dass Gott ihr die Kraft schenken möge, damit sie für das reine Wesen sorgen konnte.
Wahrlich, sie war auserkoren.
Gott war mit ihr und mit allen.
Sie stand da wie eine Marmorstatue.
Es reichte noch immer nicht.
„Jetzt wird mir gesagt, dass Sie immer an das Kind denken müssen.
Dann geben Sie ihm Ruhe und mit Ihrer Hilfe wird es heranwachsen.“
André durchfuhr ein kalter Schauer.
Was für ein Heuchler.
Es wurden noch einige Räucherstäbchen angezündet, sodass der Raum einem qualmenden Weihrauchfass gleichkam.
Es sollte nicht mehr lange dauern und sie würde besinnungslos vor Glück zusammensinken.
Ihre Arme dem unsichtbaren Wesen entgegengestreckt, schnaufend vor Erregung und mit geschwollenen Stirnadern sah sie den Hellseher an, als wäre er ein Abgesandter, den Gott geschickt hatte.
Er war noch größer als Gottes Heiliges Kind.
Ein zweiter Christus.
Er sah sie an, in seinem schwarzen Frack, und fühlte dabei seine Größe.
Die Tränen kullerten über seine Wangen.
Das war zu viel für ihn.
Das konnte ein normaler Mensch nicht verkraften.
Einen größeren Schauspieler gab es nicht auf Erden!
Diese Größe lag in ihm, ohne dass er es wusste.
Der Hausherr, vom großen Geschehen betört, glaubte in ihr einen Engel zu sehen.
Alle waren ganz weg vor lauter Erregung.
Dieser Hellseher war nicht mit Geld zu bezahlen, er brachte sie alle in den Himmel.
Plötzlich trat Alcar näher an ihn heran und konzentrierte sich.
„He“, hörte er ihn sagen, „wie jetzt auf mich eingewirkt wird.“
André sah ein enorm großes Licht erscheinen.
Die Geister, die im Stillen zugesehen hatten, begaben ebenfalls zu ihm hin und konzentrierten sich.
Wie schwer war es doch, einen Mensch zu erreichen.
Dennoch fühlte er es.
Jetzt war er Medium.
Welche Kräfte musste man von dieser Seite nicht aufbieten, um ihn zu erreichen.
Ihm musste schwindlig geworden sein.
Er wurde still.
Alle waren totenstill.
„So“, hörte er Alcar sagen.
„Mehr werden wir nicht tun, doch die Angst, die er hat, wird seine Gedanken reinigen.
Vielleicht ist er noch zu retten und hört mit seinen schäbigen Praktiken auf.
Wenn Gott ihm in diesem Augenblick die Gabe des Sehens schenken würde, dann würde er von hier flüchten und es nicht mehr wagen, seinen Blick gen Himmel zu richten.
Gibt es noch nicht genug Sensation in dieser Welt?
Komm, mein Sohn, wir gehen weiter, mir wird schlecht von diesem ‚heiligen‘ Einfluss.
Ist dir alles klar?
Mich und viele meiner Brüder irritiert es, dass unser Spiritismus auf diese oder andere Weise besudelt wird.
Andere Teilnehmer sind ebenfalls Unglückliche und stimmen sich angetrieben von Eitelkeit und Wahn auf diese Zustände ab.
Der eingebildete Hellseher sieht nichts anderes als hohe Geister und Blumen.
Doch um es noch schöner zu machen, lässt er den Heiligen Geist auftreten.
Ist das nicht schrecklich?
Gott selbst stieg in ihre Mitte hinab und ließ sich auf einem stofflichen Haupt nieder.
Es konnte nicht besser aufgeführt werden.
Ist es denn nicht wahr, dass mehr zerstört als aufgebaut wird?
Ihre Enttäuschung wird groß sein, wenn sie einst die Wahrheit sehen werden.
Diejenigen, die annehmen, dass ihnen Geisteskinder gebracht werden, sind nicht nur unglücklich, sondern sie sind benommen vor Eitelkeit, im Geiste etwas sein zu wollen.
Nach seiner Ankunft hier wird er in den finsteren Sphären seine Talente entfalten können.
Nichts als Egoismus.
Tieftraurig ist alles.
So werden auf der Erde Séancen abgehalten.
Dieser Kreis ist einer von Tausenden.
Erst hier erkennen sie, wie falsch sie gehandelt haben, wie traurig, wie jämmerlich klein sie waren.“
Einige Zeit schwebten sie weiter.
Beide waren in Gedanken versunken.
André fühlte, dass sein geistiger Leiter betrübt war.
„Ich bin lieber in den finsteren Sphären, wovon ich weiß, dass sie schlecht sind, als unter denen, die ihre Wände mit religiösen Motiven behängen und Christus links und rechts neben sich stellen, die Kerzen anzünden und geistige Symbole tragen, und das alles, um ihre finsteren Seelen zu bedecken.
Lieber bei den Unglücklichen als unter jenen, die Diademe tragen, die äußerlich strahlen und innerlich kalt sind, arm an geistigem Gefühl.
Einst werden sie wissen.“