Ein Fest in den finsteren Sphären

„Wir werden uns wieder mit ihrer Abstimmung verbinden, da ich dir noch mehr zu zeigen habe.“
Abermals fühlte André, dass er mit dem Land des Hasses verbunden wurde.
Alcar ließ ihn dies langsam erleben, wodurch er alle Übergangszustände im Geiste kennenlernte.
Er fühlte, wie er sich verdichtete und sein Körper sich veränderte.
Auf der Erde hatte er das alles schon erfahren dürfen, nun kannte er die Kräfte.
Hier war das Leben im gleichen Zustand wie auf der Erde, aber in der Sphäre der Erde hatte er höhere Abstimmungen vorgefunden.
Das Sichzurückziehen in eine andere und höhere Abstimmung war ausschließlich höheren Wesen möglich.
Wer hier lebte, musste zuerst die Finsternis überwinden.
Und dies konnte man nur dadurch, dass man für andere lebte, ihnen auf verschiedene Art und Weise half.
Im Leben kannte man nur ein Gesetz, und das war Gottes Wille, doch jedes Kind muss sich diese Kraft zu eigen machen.
Und das ist die Liebe, nichts anderes als die Liebe.
Sie befanden sich jetzt im Zentrum einer Stadt und sahen das Land des Hasses in seinem ganzen Schrecken.
Hier schien es endlos zu sein – dies hatte Alcar ihm auf seiner vorigen Reise gezeigt –, doch einst würde sich diese Stadt des Hasses auflösen, und dann gäbe es keine schlechten Menschen mehr.
Überall sah er Menschen, die auf der Erde gestorben waren.
Hier lebten sie, aber in einem erschreckenden Zustand.
Wie arm waren sie hier im Vergleich zu den Ärmsten der Erde, die nichts mehr zu essen hatten.
Was bedeutete arm zu sein auf der Erde verglichen mit geistiger Armut?
Es waren die geistig Verlorenen; die Ärmsten waren die Reichsten, falls sie sich nicht vergessen hatten.
Wohin er auch schaute, überall waren Menschen, und alle diese Menschenkinder waren gefährliche Individuen.
Er hörte einen gewaltigen Lärm, der auf sie zukam.
Er sah Hunderte in Gruppen verteilt durch die Straßen ziehen.
„Was machen diese Wesen da, Alcar?“
„Sie feiern ein Fest, wie auf der Erde, und auch wir werden feiern, André.“
Er sah seinen geistigen Leiter an, als wollte er sagen: „Das geht doch nicht?“
„Doch“, Alcar lächelte, „es ist wahr, auch wir werden feiern, aber nur, um sie zu sehen; uns daran beteiligen werden wir uns nicht.
Ich will dir zeigen, dass alles, was man auf der Erde erleben kann, auch in den finsteren Sphären vorkommt.
Du wirst gleich sehen, wie ihre Feste aussehen.
Komm, wir folgen ihnen.“
Sie durchquerten einige Straßen und schon bald befanden sie sich im Gedränge.
Er wurde gepackt und mitgeschleift, was André sehr gruselig fand.
In ihren Gesichtern las er Leidenschaft und Gewalt.
Was für ein Fest feierten diese Wesen?
Untergehakt tanzend und hüpfend zogen Männer und Frauen zusammen weiter.
Ein entsetzliches Wesen hielt ihn fest und zog ihn fort.
Er wollte sich befreien, da ihm deren Spaß und Beisammensein nicht gefiel, aber es ging nicht.
Das Wesen hielt ihn fest, als ob es merkte, dass er nicht mitmachen wollte.
„Vorwärts“, schrie es und sah ihn dabei mit wilden Blicken an.
André sah sich dem Untergang geweiht; wie sollte er sich befreien können?
Die Menschen rissen sich die Kleider vom Leib; das schien hier ganz normal zu sein.
„Schreien“, rief abermals das Wesen, „oder willst du etwa nicht?“, und wollte auf ihn einschlagen.
„Furchtbar“, dachte André, „warum geht Alcar hierher?“
Er riss sich los und lief davon.
An einer Straßenecke sah er seinen geistigen Leiter.
„Wild und derb, was, André?“
„Was sind das für Menschen?“
„Das Wort Mensch passt nicht mehr zu ihnen.
Auch musst du lernen, wie du dich von ihnen befreist.
Du hättest dich nur ein wenig zu konzentrieren brauchen, um dich von dieser Gesellschaft zu lösen.
Es liegt alles an dir selbst, das musst du fühlen.“
Sie widerten André an und er wusste schon, wie sie feierten.
„Müssen wir dahin, Alcar?“
„Warum sollten wir uns nicht auch einmal umsehen, sonst weißt du ja nicht, wie glücklich sie sind und wie sie sich amüsieren.
Das ist wichtig, um ein klares Bild von deren düsteren und finsteren Leben zu bekommen.“
„Als mich dieses Wesen packte, kam ein Gefühl des Abscheus in mir hoch; ich glaubte zu ersticken.“
„Aber sie sind offen und geben sich so, wie sie sind.
Hier in dieser Finsternis sind Kräfte, welche die Meister des Bösen sind, die Gelehrten der Erde, die du kennenlernen wirst.
Sie sind nicht wild und wüst, doch alle sind so durchtrieben und gemein, wie du Niederträchtigkeit noch nie erlebt hast.
Diejenigen, die hier feiern, sind harmlos verglichen mit denen, die wir gleich auch besuchen werden.
Dies musst du erleben, wenn du alles über deren Leben wissen willst.
Wir steigen hinab in deren Mitte und gehen in deren Leben über.
Komm, André, hab Mut, wir werden so bald nicht in die finsteren Gefilde zurückkehren.“
– „Ich bin bereit, Alcar, ich weiß, was mich erwartet.“
Noch immer zogen sie wie die Wilden weiter; der Tross schien kein Ende zu nehmen.
André hielt nichts davon, mit ihnen zu gehen, doch bevor er darauf gefasst war, wurde er gepackt und fortgezogen.
Wohin brachten ihn diese Kreaturen?
Von allen Seiten her war er eingeklemmt.
Nirgends war ein Ausweg zu sehen, um sich zu befreien.
Doch er wollte nicht mitmachen, was sie merkten, wie sich zeigte.
Einige Wesen stürzten sich auf ihn und nahmen ihn gefangen.
Er wurde böse, woraufhin er fühlte, dass sie ihn noch mehr in ihrer Gewalt hatten als vorher.
Er war nervös und verwünschte den Augenblick, als er unter sie geraten war.
Es wurde ihm doch zu bunt, dass er von allen Seiten gepackt wurde und man ihn fortschleifte.
Er wollte sich befreien, doch es war nicht möglich.
Das Wesen, das neben ihm ging, stieß ein furchtbares Kreischen aus, woraufhin die anderen ihn angriffen und auf ihn einschlagen wollten.
Alcar sah er nicht noch wusste er, wo sein geistiger Leiter geblieben war, dennoch fühlte er dessen Einwirkung.
Andere trieben ihre Kumpane an, ihn nicht loszulassen.
Unter ihrem Geschrei fühlte er sich wegsinken, was für sie ein Zeichen dafür war, dass er nicht zu ihnen gehörte, weshalb sie ihn wie die Wilden in der Luft zerreißen wollten.
Doch ihm war weiterhin bewusst, was sie taten, und er begriff, dass eine andere Kraft ihm half, sonst wäre er verloren.
Er fühlte sich noch tiefer wegsinken und als er seine Augen aufschlug, blickte er in die Augen seines geistigen Leiters.
„Schon besser, André?“
„Was für schreckliche Menschen leben in dieser Finsternis?“
„Du kannst deine Kräfte noch immer nicht voll auschöpfen.“
„Warum haben sie mich überfallen, Alcar, ich habe ihnen doch nichts getan?“
„Eben, weil du ihnen nichts getan hast, wurdest du angegriffen.“
André verstand es nicht und fragte verwundert: „Was sagst du, man greift hier an, weil man ihnen nichts will?“
„Richtig, mit anderen Worten: Wenn man nicht an ihren Festen teilnehmen will und sie dies mitbekommen, dann schließen sie daraus, dass du nichts mit ihnen zu tun haben willst, und sie halten dich für einen Schwächling.
Die Schwächeren haben hier zu leiden, was ich dir schon erklärt habe, sie werden von allen angegriffen, aber sie gehen auch bald in eine andere Sphäre über, da ihr Leben sie anwidert.“
Jetzt wurde ihm klar, warum sich so viele mit ihm abgegeben hatten.
Wer sollte das nur ahnen, wenn man deren Leben nicht kannte.
Auf der Erde war es genau umgekehrt, denn dort konnte man doch noch ruhig leben, wenn man anderen nicht lästig fiel.
Kein Wesen würde ihn auf der Erde dazu zwingen können, an solch einem tierhaften Leben teilzunehmen, wenn er nicht wollte.
Hier war jedoch alles eins.
Eine Gewalt, eine Leidenschaft; alle hatten ein und dieselbe Abstimmung.
Fremd und neu waren diese Zustände, wie auch deren Leben.
„Haben sie mich erkannt, Alcar?“
„Nein, das ist nicht möglich, aber sie haben dein Zögern bemerkt.“
„Machen denn alle, die hier leben, bei diesen Festen mit?“
„Gewiss, bis sie genug davon haben.
Deswegen steigen höhere Geister herab, um diesen zu helfen.
Sie wollen dieses Leben nicht mehr, sie fühlen den Schrecken des Daseins und versuchen sich zu befreien.
Sie irren und streifen lange umher, bis sie von hohen Geistern gefunden werden, die sie an andere Orte bringen, worüber ich mit dir schon gesprochen habe.
Der Mensch wird aus der Finsternis ins Licht zurückkehren.
Alle Übergangszustände müssen sie durchleben, da im Geiste nichts übersprungen werden kann.
Von einer Abstimmung kommen sie in die andere, von Sphäre zu Sphäre folgen sie ihrem Weg; es ist der Weg empor, dem sie alle zu folgen haben.
Und nur dadurch, dass sie anderen helfen, dass sie jedem anderen Leben etwas bedeuten, werden sie an sich selbst arbeiten; einen anderen Weg oder eine andere Möglichkeit kennen wir nicht.
Es ist Gottes Weg, den wir in Liebe gehen müssen.“
„Haben alle diese Menschen auf der Erde gelebt, Alcar?“
„Alle, André.
Einst waren sie Kinder, wuchsen heran, wurden Mütter und haben sich selbst durch Unzucht und Gewalt, Leidenschaft und Vertierung in diese Abstimmung gebracht.
So kamen sie hier an und sie werden ihr Leben erst dann ändern, wenn sie sich selbst anwidern.
Dann beginnen sie ein anderes Leben.
Das sind diejenigen, die sich von ihnen lösen.
Wir gehen wieder zu ihnen, weil ich will, dass du ihr Leben kennenlernst, aber wir treten mit unseren Kräften dort ein.
Schau, André, dort gehen sie hinein.“
André sah ein großes Gebäude, das wohl Tausenden Menschen Platz bot.
Von Ferne hörte er sie kommen, wodurch ihm klar wurde, dass Alcar einem anderen Weg gefolgt war.
Er befand sich auf einem großen Platz, aber den Wesen, die um ihn waren, sah er an, dass sie in deren eigenen Abstimmung waren.
Männer und Frauen schwenkten Brandfackeln.
Wie um Himmels willen kamen sie an all die irdischen Dinge?
Er blickte seinen geistigen Leiter an, als erwartete er von ihm die Antwort, die er dann auch sofort bekam.
„Hier, mein Junge, haben sie alles; du wirst Wunder sehen, auch wenn das alles im Geiste keinen Wert hat.
Sie haben Häuser und Tempel, tragen Edelsteine wie auf der Erde, aber sie dekorieren sich mithilfe ihrer Konzentration und ihres starken Willens.
Sie haben hier alles, aber das alles gehört zu ihrem tierlichen Leben.
Gleich wirst du sehen, was sie besitzen; hier siehst du das Ebenbild der Erde.“
André sah Menschen, die sich aus deren Händen befreit hatten, sich aber noch nicht lösen konnten, sodass sie weiterhin in deren Umgebung umherirrten.
Mehrere wurden, so wie er, angegriffen und mitgeschleift.
Andere sah er flüchten, weil sie die Feste kannten und nichts mehr damit zu tun haben wollten.
Das ganze Gebäude füllte sich indes bis unters Dach und auch sie gingen hinein.
Noch befand er sich in seiner eigenen Sphäre, doch Alcar würde sich gleich mit ihnen verbinden.
Hunderte von Wesen waren hier versammelt, überall sah er Sitzbänke und auf den Tischen standen Flaschen mit einer Art Getränk, an der sich alle gütlich taten.
War das etwa Wein?
War es wirklich Wein, was sie da tranken?
Im Leben nach dem Tod Wein?
Es war nicht zu glauben.
Es war, als ob er auf der Erde lebte.
Tatsächlich, er sah deutlich, dass eine Art Wein ausgeschenkt wurde.
Wer davon trank, zog eine scheußliche Grimasse, es musste sich um ein grässliches Gebräu handeln.
„Wein, Alcar?“
„Wein, André, aber ich rate dir, nicht davon zu trinken, es würde deine Seele verbrennen.
Es ist ein selbst gemachtes Getränk, das sie aus Substanzen zubereitet haben, die sie kennen und besitzen.
Sie haben Getränke, aber die wollte ich keinem Tier vorsetzen.
Ihre finsteren Seelen sind durch den Trunk verzehrt worden.
Sie können alles, André, nur nicht in eine höhere Sphäre eingehen.“
Viele tranken von der Flüssigkeit, als wären sie vor lauter Durst der Ohnmacht nahe.
Und was er nun wahrnahm, war kaum zu glauben: Sie bezahlten mit Geld.
„Sehe ich richtig, Alcar?“
„Sehr richtig gesehen!
Sie könnten nichts anderes tun.
Sie besitzen Gold und Silber als Schmuck für ihre Frauen; warum sollten sie also kein Geld haben?
Alles ist jedoch falsch, wie ihr ganzes Leben falsch ist.
Hier hat man alles, weil das Leben nicht anders ist als damals, als sie auf der Erde waren.
Wer ein solches Leben will, wird im gleichen Zustand hier ankommen und danach trachten, ein gleiches Leben im Geiste zu erreichen.
Warum sollte ihr Leben anders sein als auf der Erde?
Es ist doch auch nicht möglich.
Die Leidenschaften sind dieselben, die sie in jenem Leben fühlten und in sich trugen.
Ich sagte dir vorhin: Was du hier wahrnimmst, ist das Ebenbild der Erde, doch hier ist das Böse vereint.
Alle wollen dieses Leben und sie bekommen, was sie wollen.
Aber hier sieht man kein Grün, kein anderes Leben, welches uns die Natur auf der Erde gibt.
Keine Tiere, keine Sonne und keinen Mond; ständig tiefe Finsternis.
In diesem Leben versuchen sie sich zu amüsieren.
Du siehst, es gibt Leben, Frauen und Männer sind beisammen, doch alle sind vertiert.
Was der eine nicht kennt, erfindet der andere, selbst wenn es ihre Seelen verbrennt.
Das macht ihre ganze Persönlichkeit aus.
Wenn der Höhepunkt erreicht ist, wirst du noch mehr Dinge sehen.
Alles, was hier lebt, sucht und findet Mittel und Wege, sein Verlangen zu befriedigen.“
Es war ein höllisches Geschrei.
Leere Flaschen wurden weggeworfen, denn sie wollten noch mehr trinken.
Frauen trugen Schmuck und Halstücher in verschiedenen Farben, doch alles was er sah, war nur ein Gemisch aus grellem Rot und falschem Grün.
Andere Farben hatte er hier noch nicht gesehen und man kannte sie hier auch nicht.
Wo war das fleckenlose Weiß, das man auf der Erde kannte und trug?
Wo waren Sonne, Mond und Sterne, das sanfte Grün und all die anderen Farben, die auf der Erde anzutreffen waren?
Nichts von alldem sah er, keine Tiere, keine Kinder, keine jungen Menschen; alle waren alt und verschrumpelt, alle waren schreckliche Wesen.
Er sah, dass die Männer Dolche, Messer und Revolver bei sich hatten.
Hier sah er alle Nationalitäten beisammen.
Er sah Gelb und Braun, Schwarz und Weiß versammelt.
Die Stärksten wurden verehrt, von Männern und Frauen.
Sie tanzten, sprangen durcheinander und warfen einander zu Boden.
Alcar zog ihn in eine Ecke des Saales und sagte: „Hier steigen wir in ihre Abstimmung hinab, aber wir bleiben, wo wir sind.
Alles wird noch intensiver auf dich einwirken.“
André fühlte, dass er in ihre Sphäre aufgenommen wurde; eine übel riechende Luft drang in seine Nase.
Aber er hielt sich auf den Beinen, auch das wollte er aushalten, um ihr ganzes Leben kennenzulernen.
Überall fingen sie an zu kämpfen.
Er stand neben Alcar und fragte sich, wie das alles enden sollte.
Wohin er auch blickte, überall wurde gekämpft.
Jeder nahm daran teil und wer nur zusah, wurde angegriffen, oder aber angestachelt, ihrem Beispiel zu folgen.
Schon bald gab es Opfer.
Überall gerieten sie aneinander und andere feuerten sie an, oder auch sie wurden niedergeschlagen.
Es war ein grauenhafter Anblick, zu Dutzenden blieben sie liegen.
André sah, dass die Verwundeten wie Lumpen weggeschleift und in einer Ecke des Saales auf einen Haufen geworfen wurden.
Hier hatte ein Menschenleben keinen Wert.
Das eine Tier machte dem anderen tierlichen Leben ein Ende.
Sie könnten nicht anderes tun, es war ganz normal, dass sie dies taten.
Das waren Menschen mit einer göttlichen Abstimmung!
Es war unfassbar.
Dann erschrak er gewaltig.
Er sah Blut; Blut in den Sphären?
Im Leben nach dem Tod Blut?
Wie konnte das sein?
Zum Nachdenken war jedoch keine Zeit, zu viele Dinge nahmen seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch.
Auch hinderte ihn der Krach daran, es seinen geistigen Leiter zu fragen.
Viele Frauen schrien wie wilde Tiere und fielen in ihren leidenschaftlichen Trieben über die Männer her.
Es wurde mit Revolvern geschossen und nach jedem Knall sah er einige Wesen umfallen.
Er sah einen Krieg, ein Abschlachten im Kleinen.
Der Boden hatte sich in eine glitschige Masse verwandelt.
Das Blut strömte in alle Richtungen und suchte sich einen Weg durch die Ritzen.
Alles war voll von Gläsern und Flaschen, und als wieder Ruhe einkehrte, die Gemüter sich ein wenig beruhigten, wurde getanzt.
Einige merkwürdig aufgemachte Paare erschienen auf der Tanzfläche, die getränkt war vom Blut der anderen.
Sie führten Kunsttänze auf; dies erkannte er an allem.
Bis jetzt hatte kein Wesen sie bemerkt.
Im Stillen hatten sie diesem Vorgang, diesem Fest folgen können.
Und André war ruhig, denn neben ihm stand sein geistiger Leiter, der über ihn wachte.
Die tanzenden Paare wirbelten wild über die Dielen.
So etwas hatte er noch nicht erlebt; das war keine Fantasie, sondern er sah hier die pure Wirklichkeit.
Mit dem Tanzen wurde ein Stück Leben erlebt, das man auf Erden nicht kannte.
Hier erlebten und lebten diese Wesen ein scheußliches Spiel, das er bis ins Tiefste erfühlte.
Die Kleider der Tänzerinnen wurden in Fetzen gerissen, doch darauf achtete man nicht; sie tanzten den Tanz des Lebens.
Feuerfunken sprühten aus ihren Augen, er sah nichts als flammendes Rot und grelles Grün, wie sie innerlich fühlten.
Dies war die Ausstrahlung ihrer Liebe.
Ihr Leben war falsch; sie fielen einander an, und dann wurden Frauen getauscht.
Es sollte nicht mehr lange dauern, und sie hatten keine Kleider mehr am Leib.
Eine Frau flog in die Arme eines anderen und wurde meterhoch in die Luft geschleudert.
Woher holten sie diese Kräfte?
War es ein Totentanz, was er sah?
Denn sie blieben liegen.
Was war in diese Menschen gefahren?
Frauen kreischten auf und stießen Angstschreie aus.
Wie lange sollte das noch gehen?
Es war schrecklich, das mit anzusehen.
Kein Wesen war mehr an seinem Platz, jeder machte etwas, entweder tanzen oder schreien.
Alle spürten, was hier geboten wurde, jeder machte mit.
Wieder hoben zwei Tänzer ihre Tänzerinnen bis hoch über ihre Köpfe und schleuderten sie meterweit von sich, sodass sie wie tot liegen blieben.
Die hatten sich ausgetobt, andere nahmen ihre Plätze ein.
Alle, die konnten, tanzten weiter, als ob nichts geschehen wäre.
Neue Tänzer erschienen auf der Tanzfläche, alle erlebten dasselbe Leben.
Jetzt war der Höhepunkt erreicht.
Wie sah das Ende dieses grässlichen Geschehens aus?
Alcar stand neben ihm, in tiefes Nachdenken versunken.
Woran dachte sein geistiger Leiter?
Es musste schrecklich für ihn sein, dies alles zu erleben.
Er, der große Künstler, er, der nichts als reine Liebe kannte, war mit ihm ins Tierliche hinabgestiegen und erlebte ein Fest in den finsteren Sphären.
Wie hart musste dies für seinen geistigen Leiter sein!
Aber André wusste, dass es dessen Seele nicht beflecken würde.
Wie furchtbar diese Tänze waren; etwas wurde damit erlebt.
Er wollte nicht daran denken, aber es war des Teufels.
Ein innerer Zustand wurde in Tanz übertragen und vorgeführt.
Das waren keine Tänze mehr, es war Wollust, Sinnlosigkeit und Erleben.
Sie wanden sich gegenseitig um ihre Körper und erlebten auf diese Weise ein tierliches Leben.
Es war ein Tanz der Liebe, ihre Liebe und ihre Gefühle wurden in Tanz wiedergegeben.
Nirgendwo auf der Welt waren solche Tänze bekannt, messerscharf waren ihre Gedanken auf sich selbst eingestellt.
Das war nur in diesem Leben möglich, da sie ihre stofflichen Körper abgelegt hatten.
Das alles konnte man nicht lernen; es lag in ihnen, es war ihr Besitz; kein Wesen auf der Erde wagte es, sich so auszuleben.
Sie besaßen Intellekt, doch ein Tier könnte so tief nicht sinken.
Jede Bewegung, die sie machten, brachte ihren widerlichen Willen zum Ausdruck.
Sie hatten Abstimmung auf eine vortierliche Bestie – und dann zu wissen, dass sie Gottes Kinder waren; es war nicht zu fassen!
Wieder wurden einige Wesen wie Lumpen weggeschleudert.
Alle waren wild, was in einen Tumult ausartete.
Alle wollten das erleben; zu Dutzenden gingen sie zu Boden.
André schlug das Herz bis zum Hals hinauf.
Unter ihnen waren alle Ränge der Gesellschaft vertreten.
Es war nicht auszuhalten.
Wie weit eskalierten die Leidenschaften dieser Wesen?
Wie tief waren sie gesunken?
Diese Tiefe war nicht zu ergründen; widerlich war es, er konnte keine Worte dafür finden.
Nichts befand sich mehr an seinem Platz, alle lagen übereinander und untereinander.
Lange hatten sie dagestanden und ungestört zugesehen.
Plötzlich fühlte André in sich Angst aufsteigen.
Woher kam das Gefühl so auf einmal?
Was hatte er nun wieder zu erleben?
Alcar gab ihm zu verstehen, dass er sich bereit machen solle.
Still, mucksmäuschenstill wurde es.
Der ganze Lärm von eben zuvor hatte sich gelegt.
Man konnte eine Stecknadel fallen hören.
Er sah, dass alle Augen auf sie gerichtet waren.
Alle hatten blitzartig bemerkt, dass sie sich nicht an ihrem Fest beteiligt hatten.
André begriff, was diese Stille bedeutete.
Man hatte sie als höher Abgestimmte erkannt.
Zum Glück hielten sie sich in einer Ecke des Saales auf und waren allein.
Sogleich kamen einige auf sie zu und reichten Alcar ein Glas des brennenden Nasses zum Trunk.
Trinken bedeutete teilzunehmen an ihrem tierlichen Leben, aber dabei würde es nicht bleiben.
Auch ihm gab man ein Glas des tierlichen Trankes.
Alcar nahm es in seine Hände, denn auch er musste das Glas annehmen.
Würde sein geistiger Leiter es dennoch trinken?
Doch im selben Augenblick hörte er: „Nicht trinken und bereithalten, André, wir verschwinden.“
Hunderte von Gedanken waren auf sie gerichtet; alle merkten und begriffen, dass sie nicht hierher gehörten.
„Schwarze“, hörte André sie brummeln, und auch die Bedeutung kannte er.
Die Wesen, die ihnen die Gläser gereicht hatten, standen einige Meter von ihnen entfernt und alle anderen, es waren Hunderte, kamen Schritt für Schritt näher.
Es waren wilde Bestien, die sogleich auf sie losspringen würden.
Sie kreisten um sie und kesselten sie auf diese Weise ein.
Noch immer hielt sein geistiger Leiter das Glas in Händen.
André fühlte, dass Alcar sie durch Konzentration und starken Willen in Schach hielt, sonst wären sie auf sie losgestürmt und hätten sie vernichtet.
Sein geistiger Leiter sprach kein Wort, doch André fühlte, was Alcar wollte.
„Nun ist es Zeit“, kam es zu ihm, „wirf ihnen das Glas vor die Füße.“
André tat, was sein geistiger Leiter sagte, und die Gläser flogen und gingen in Scherben.
Er fühlte sich in den Geist emporgezogen; er hatte ein geistiges Fest auf tierlicher Abstimmung erleben können.
Stumm vor Staunen waren alle, die sie verschwinden sahen.
Er sah noch, dass sie sich wie die Wilden auf sie stürtzten, doch sie waren entschwunden.