Lebende Tote
André dachte über alles nach, aber es machte ihn schwindlig.
Welch eine Weisheit sein geistiger Leiter besaß.
Wer war er, dass er ihn kosmisch verbinden konnte?
Er hatte Alcar die Frage gestellt, wie er über die Geistlichkeit der Erde dachte, damit ihm auf diesem Wege diese Weisheit zuteil würde.
Wie groß war Alcars Gefühl, welch eine Ehrfurcht hatte er vor der Liebe.
Er konnte Gott nicht genug danken, dass er mit ihm die Sphären besuchen durfte.
Er verglich sich selbst mit all diesen Kräften, die das Leben besitzen konnte.
Was war er in diesen Millionen von Kräften verglichen mit alledem?
Nichts, nichts war er.
Wie viel hatte er noch zu lernen!
Wie nichtig war alles, was er besaß, das sein Ich bedeutete.
Und wie erst der Mensch auf Erden?
Was war irdische Gelehrtheit, wo blieb alles im Angesicht dieser Wahrheit?
Es war doch noch nichts, und nichts davon war beständig.
Das Leben, das auf Erden lebte, wusste nicht einmal, dass es lebte; wie weit waren sie noch von dieser Wissenschaft entfernt.
Nun begriff er, dass auf Erden keine reine Liebe gegeben werden konnte.
Wir waren noch nicht so weit, fühlten jene Wärme nicht und kannten jene Kräfte nicht, die solch eine Liebe besäße.
Alles, was der Mensch fühlte, und auch er, war Egoismus, nichts als Liebe zu sich selbst.
Das menschliche Niveau war ein dritter Grad in der Entwicklung.
Dieser Grad steht für die Liebeskraft.
Was wusste man auf der Erde über Grade, über geistige Grade?
Nichts wussten sie, weder kannten noch fühlten sie kosmische Grade unterschiedlicher Mentalität.
Das alles war unsichtbar für die Menschen, wie Alcars Liebeskräfte für sie unsichtbar und unfühlbar waren.
Was war universelle Liebe?
Konnte man das auf Erden erfassen, oder eingrenzen?
Es war nicht möglich, weil sie nicht einmal ihr eigenes Leben kannten.
Man redete dort von vierdimensionalen Zuständen und kannte nicht einmal die eigene Abstimmung und verstand auch nicht, was es bedeuten und ausdrücken sollte.
Man rätselte darüber, wie jene, die das Weltall berechnen wollten und mit Zahlen konfrontiert waren, die sie nicht einmal aussprechen konnten.
Es waren Tausende und Millionen von Ziffern, für die man, um sie der Reihe nach auszusprechen, Jahre brauchte, ohne ans Ende zu gelangen.
So weit war diese Wissenschaft von ihnen entfernt, aber dessen ungeachtet wussten sie Zahlen zu nennen.
Und ebenso weit war die universelle Liebe vom Menschen auf der Erde entfernt.
Auch er kannte nicht einen dieser Zustände und auch Alcar sagte, dass er, was die Liebe anbelangt, noch ein Kind sei.
André verstand, dass sich selbst kennenzulernen das umfassendste Studium der Menschen wäre.
Alcar hatte ihm einen Spiegel vorgehalten, worin er das Leben kennengelernt hatte.
Und welch ein Leben!
Ihm schwindelte.
Und war es nicht die Wahrheit?
Fühlte nicht jedes Wesen, dass es so sein konnte?
Konnte das Leben die Wahrheit dessen nicht erfühlen?
Fühlte das Leben etwas anderes?
Aber was?
War eine andere Theorie möglich?
Er fühlte und glaubte Alcar, da seinem geistigen Leiter alles heilig war und er alles Leben liebte.
Und jene, die liebten, würden andere Leben, welche diese Höhe in sich noch nicht fühlten, keinem Spott aussetzen.
Nein, es war weit von ihm entfernt, dennoch stimmte es auch ihn glücklich.
Zugleich fühlte er aber, dass Tausende andere Zustände in ihm hochkamen, die in ihm Widerspruch auslösten.
Denn was war auf Erden schon Besitz?
Was war der Mensch?
Ein Atom des Großen, das Gott war.
Wie nichtig er war, doch wie groß wollte und konnte er sein.
Alcar sagte ihm, dass der Mensch auf Erden darüber froh sein sollte, dass er dort sterben durfte.
Hören Sie das?
Wir sollen froh sein, dass wir dort sterben dürfen.
Ist es für viele nicht ein Schrecken, hören zu müssen, dass sie froh sein sollten, sterben zu dürfen?
Sollte man darüber glücklich sein, hinübergehen zu dürfen?
Hatte er denn Alcar klar und deutlich verstanden?
Doch, schließlich sagte er, Gott habe ein anderes Glück bereit für das Leben, das auf dem Planeten Erde lebt.
Und was taten die Menschen?
Sie vergossen Tränen, ja, viele waren gebrochen, wenn ein betagter Mensch hinüberging und sie verließ.
Sie waren vor lauter Kummer gebrochen und gingen an ihrem Kummer zugrunde.
Wie lange würde es noch dauern, bis sie so weit waren, dass sie ihre Lieben, die in ein höheres Leben übergingen, mit Freude im Herzen gehen lassen konnten?
Keine Selbstliebe mehr zu besitzen, wie lange dauerte das noch?
Wann würden auf der Erde Menschen leben, die diese Weisheit in sich tragen?
Wann wird man rufen können: Grüße sie, die schon hinübergegangen sind?
Wann werden sie das können?
Es wird noch Tausende Jahre dauern, so lange noch foltert sie der Tod.
So lange noch werden sie ihr vortierliches Wesen weiterhin mit Kummer, Leid und Tränen nähren.
Es saugt sie leer, nimmt ihnen alle Lebenssäfte.
Tierlich ist dieser Gedanke.
Sie zittern und beben vor dem Tod.
André wusste es jetzt besser.
Das Wort Tod war ein Fluchwort im Vokabular.
Es besudelte alle anderen Gedanken, die mit dem Leben zu tun hatten.
Das Wort Tod erstickte alles und nahm den Lebenden die Kraft zum Weiterleben, wenn sie ihre Lieben verloren hatten.
Nein, es gab keinen Tod, der Tod hat nie, zu keiner Zeit existiert.
Der Tod war eine Fiktion.
Der Tod war nichts und alles, der Tod bedeutete Leben.
Der Tod lebte, wie konnte das sein?
Hier blickte er in das Leben nach dem Tod; schon wieder das Wort Tod!
Im Leben nach diesem Leben lebten die Menschen weiter.
Ewig, auf ewig zusammen mit denen, die bereits hier waren und erneut lebten.
Für ihn bedeutete der Tod Leben.
Erhaben war jenes Leben.
Oh, wie schön fand er den Tod.
Er war mit ihm befreundet, es war sein bester Kamerad, außer Gott und seinem Alcar.
Dann folgte er, und am meisten, ja, am meisten liebte er den Tod, weil er ihm das Leben gab.
Für ihn war der Tod Gott, eins sein mit Gott, das war der Tod.
In Stille sprach er so oft zu ihm.
Jeden, der hinüberging, beneidete er.
Er war auf nichts eifersüchtig, er beneidete lediglich diejenigen, die sterben durften.
Oh, Tod, du schönes Leben, das hinter dir verborgen liegt.
Du mächtiger Befreier.
Ich habe dich lieb, weil du das Leben bist und es bedeutet.
Alles, was in mir ist, gehört dir, du fühlst meine Sehnsucht nach dem Augenblick, da du mich holen kommst, was für mich nichts als Glück, nichts als ewiges Glück bedeutet.
Tod, o teurer Tod, ich kenne dein Leben, weil ich mit ihm mitgehen durfte, um dich kennenzulernen.
Die Menschen auf Erden haben dir diesen Namen gegeben, weil sie in dir, o Tod, das Leben nicht sehen und es nicht fühlen.
Wie oft sang er nicht dieses Lied, wenn er an Sterbebetten stand, und beneidete diejenigen, die hinübergingen.
Dann fühlte er ihr Leid, ihren Schmerz, aber auf eine andere Weise.
Dann war er eins mit ihnen, die das Leben und den Tod kennenlernen würden.
Oh, wenn der Augenblick käme, da auch er gehen durfte, dann würde er dank seines eigenen Vermögens leben dürfen, so, wie er leben wollte, dann gäbe er sein Blut für andere, die es auf Erden von ihm nicht annehmen wollten.
Wenn es nur nicht so lange dauern würde, er sehnte sich schon jetzt danach.
Das war das größte Geschenk, das man ihm auf Erden machen konnte.
Alcar sah ihn an und sagte:
„Es wird noch ein Weilchen dauern, mein Junge, bis das große Glück zu dir kommt.
Wir müssen noch viele Menschen davon überzeugen, dass Sterben nur Glück bedeutet.
Den Menschen wird schwindlig werden, wenn sie das hören, aber lasst mich ihnen dann zurufen, dass es auch für uns Mächte gibt, die uns vor Ihm niederknien lassen, der dieses alles regiert.
Wir sind auf dem Weg, uns zu entwickeln, auch sie, die in den höchsten Himmeln sind.
Und erst dann, wenn wir die mentalen Gefilde erreicht haben, werden wir vieles, was uns jetzt noch unverständlich ist, fühlen und in uns aufnehmen, wonach wir dann handeln werden.
Alles wird dann Weisheit im Geiste sein.
Alles andere ist auch für uns noch in Dunkel gehüllt.
Jetzt befinden wir uns in einer anderen Sphäre, da, wo die lebenden Toten der Erde leben.“
André sah ein Land, das der Erde glich, wie sein geistiger Leiter es ihm beschrieben hatte.
Es lag in einem grauen Schleier.
Kalt und unbehaglich war es hier.
Hier war aber wieder mehr Leben als in den anderen Sphären, dennoch war alles noch in einem unnatürlichen Zustand.
Auf der Erde war alles grün, hier war es ein graues Gewand, das die Natur trug.
Er sah Menschen, alle waren alt, mit gekrümmtem Rücken.
Sie trugen das Leid der Erde.
Es lastete auf ihren Schultern.
Sie gingen daran zugrunde.
Junge, muntere Menschen sah er nicht, die waren hier nicht zu finden.
Hier lebten nur Alte, innerlich alt und verlebt waren sie.
Kinder gab es hier auch keine.
Es war schon sonderbar, nichts als Alte zu sehen.
Wo Menschen lebten, waren da nicht alle vertreten, auch Kinder und junge Menschen?
Es kam ihm äußerst seltsam vor.
Wie konnte es eigentlich sein, wie war das möglich?
Was bedeutete das?
Schrecklich war es, sie so zu sehen.
Er dachte jetzt an Alcars Ausführungen zu allen anderen Sphären.
Sie waren in ihrem Inneren so alt.
Es war ihre geistige Abstimmung.
Er sah auch viele Häuser und Gebäude.
Auch Kirchen sah er und in der Ferne erblickte er eine kleine Stadt.
Kahl und alt war alles.
Auf der Erde war alles schöner; und dann zu glauben, dass man sich in der Ewigkeit befindet.
Dies war ein trauriger Zustand.
Auf der Erde hatten sie es da hundertmal besser als in der Ewigkeit.
„Wo sind die jungen Menschen, Alcar, die hier nicht zu sehen sind?“
„Sie leben in anderen Sphären; später erkläre ich dir, wie all die Abstimmungen sind.
Alle haben eine andere Abstimmung.“
André begegnete den Menschen, die hier lebten.
Sie sahen ihn an, als wäre er ein Wunder.
Das fiel ihm deutlich auf.
„Was hat das zu bedeuten, Alcar?
Sieh nur, wie sie uns anschauen!“
„Auch das ist einfach, mein Sohn, sehen wir so alt aus wie sie?“
André begriff.
„Wir befinden uns in einer Abstimmung, die eine andere als die ihre ist.
Würden wir uns in der uns eigenen Kraft zeigen, dann glaubten sie Wunder zu sehen, was du nachher erleben wirst.
Das verdeutlicht, was ich dir über alle andere Planeten berichtet habe.
Du siehst, dass sie auch hier ihre Häuser und Kirchen bauen.
Sie tun es nach den Kräften, die in ihnen sind, aber die Mittel, etwas Schönes zustande zu bringen, die fehlen ihnen.
Komm, wir gehen hier entlang und lassen das Städtchen liegen.
Dort finden wir sie nicht.“
Viele Wesen schlenderten umher, die Köpfe gesenkt, als glaubten sie etwas zu finden.
Traurig war es, sie so zu sehen.
„Was suchen sie, Alcar?“
„Sie suchen nichts, André.
Es sind diejenigen, die bald in eine höhere Sphäre übergehen werden.
Sie fühlen sich unglücklich.
Sie fühlen Reue und wollen alles wiedergutmachen, was sie falsch gemacht haben.
Bald wird ihnen Gelegenheit dazu geboten, Gutes zu tun.
Sie sondern sich von allen anderen ab, ihr Leben widert sie an, sie fühlen ein anderes, höheres Leben.
Dazu kommen helfende Geister hierher, die sie unterstützen und ihnen den Weg weisen werden, damit sie hinübergehen können.
Andere jedoch sind vollkommen glücklich, was deutlich zeigt, dass sie ihr eigenes Leben nicht kennen und nicht davon überzeugt sind, dass sie ein armseliges Dasein führen.“
Der Himmel war ein grauer Schleier, kein Wölkchen war auszumachen.
Wo war das prächtige Blau, das man auf der Erde am Himmel sah?
Traurig war alles, was er in dieser Sphäre wahrnahm.
Auch Berge sah er und Ebenen.
Alles wartete auf Wärme; keine Sonne, die mit ihren Strahlen das Leben erwachen ließ.
Alles wartete auf diese ersten Strahlen, die das Leben zum Leben brächten, es in warme, sanftere Farben tauchten.
Alles lag unter einem Schleier, bleich war alles, so auch sie, die hier lebten.
Arme Menschen waren es.
Bedauernswert, sie so zu sehen.
Hier könnte er sich nicht glücklich fühlen, da war es auf der Erde besser.
Diejenigen, die er auf der Erde so oft hatte sagen hören, wenn es um das Jenseits ging, dass sie doch lieber dablieben, weil sie jetzt wüssten, was sie hätten, und erst einmal abwarten müssten, was sie bekämen, die hatten Recht.
Wenn sie in diesen Zustand kommen sollten, dann wäre es auf der Erde besser.
Dort waren viele glücklich.
Sie merkten nichts von ihrem eintönigen Dasein.
Sie hatten es gut und wollten es nicht anders.
Deswegen waren sie auch tot.
Erst jetzt, da er sie wahrnahm, begriff ihr Lebendtotsein so richtig.
„Sieh, André, dort sind die Bewohner dieser Sphäre.“
André sah ein großes Tal, wo Hunderte versammelt waren.
Was machten sie da?
Er sah Männer und Frauen beisammen, alle alt und runzelig.
„Wir haben es getroffen“, sagte Alcar, „sie halten Versammlungen ab.
Das tun sie auch auf der Erde.
Du siehst, wie natürlich ihr Leben ist.
Wir bleiben hier, vielleicht hören sie uns zu.
Ich will versuchen, zu ihnen zu sprechen, und du, mein Junge, wirst mir dabei helfen, nicht wahr?“
André sah seinen geistigen Leiter an, als wollte er sagen: Ich soll zu ihnen sprechen?
„Ja, André, willst du ihnen nicht erzählen, was ich dir gezeigt habe und dir noch zeigen werde?
Wenn es uns gelingt, dann öffne dich, ich werde dir zur Seite stehen.
Ich will sehen, ob du in all den Jahren, seit wir zusammen sind, gelernt hast.
Und auch, ob du Schwierigkeiten bewältigen kannst.
Wenn wir auch nur ein Wesen überzeugen können, ist unser Werk schon belohnt, weil wir dadurch zeigen, wie dankbar wir sind, dass Gott uns all dieses Schöne geschenkt hat.
Setze deine ganze Kraft dazu ein, André.
Wirke auf sie ein und versuche, einen mit dem anderen zu verbinden.
Lasse sie deine Liebe fühlen, führe sie empor und verbinde sie mit dem Leben, versuche ihre kalten Herzen aufzutauen.
Denk daran, André, alles hängt von deinem Selbstvertrauen ab, von deiner Konzentration und deinem starken Willen, wenn du anderen etwas geben willst.
Vor allem, hab keine Angst.
Lasse sie fühlen, was du fühlst, sehen, was du siehst, und hören, was du hörst.“
André war aufgeregt.
Was sollte aus der ganzen Sache werden?
Alcar sagte ihm: „Jetzt bist du schon unter ihrem Einfluss, mein Sohn.
Lass sie denken, was sie wollen, schließe sie in dein Herz, nimm sie in dein Gefühl auf, fühle Liebe für sie, Liebe wirkt Wunder.
Wenn du zweifelst, müssen wir weitergehen, weil auch sie uns dann angreifen, da sie uns für Eindringlinge halten.
Wozu Angst, André?
Können sie dich etwas lehren?
Schätze dich selbst nicht zu hoch ein, doch vor allem nicht zu gering.
Es wäre dein Untergang.
Wenn du mehr Liebe fühlst als sie, ist nichts zu befürchten.
Ich gehe jetzt.“
André war allein.
Dort vor ihm waren Hunderte Wesen versammelt und aus der Ferne kamen noch mehr an diesen Ort.
Sollten sie sich hier versammeln?
Sie waren lebende Tote.
Er, als irdischer Mensch, wusste mehr über die Ewigkeit als sie.
Er hatte im Sommerland seine Tante gesehen, die alt die Erde verlassen hatte und dort verjüngt und schön angekommen war.
Sie hatte ihren geistigen Zustand angenommen, gleich nachdem sie ihr Stoffkleid abgelegt hatte.
Sie war jung und schön in diesem Leben, und wie waren sie?
Diese Wesen hatten krumme Rücken, waren alt, und das alles aus Mangel an Liebe.
Oh, er drängte schon darauf, dass es so weit sein möge und er anfangen durfte.
Sehnlich wünschte er sich, ihnen die Augen öffnen zu dürfen.
Er merkte, dass er sich beruhigte, eine wunderbare Ruhe überkam ihn.
Vor sich sah er einen großen Menschen, der wie ein irdischer Geistlicher gekleidet war.
War er eines jener Wesen, die auch hier über Hölle und Verdammnis predigten?
Er entfernte sich von den anderen und ließ sich an einer Stelle nieder, die höher gelegen war.
Wollte auch er eine Ansprache halten?
Und wo war Alcar?
Nirgends sah er seinen geistigen Leiter.
Der Geistliche sah ihn an und André fühlte, dass er in ihm einen Fremden sah, der nicht hierher gehörte.
Es schien, als fragte er ihn, was er hier so allein trieb.
Sein Blick war scharf, als wollte er ihn durchbohren.
Er widerstand diesem grimmigen Blick und er fühlte, wie kalt es in ihm war.
Da war Alcar, aus ihrer Mitte trat sein geistiger Leiter hervor.
Alcar ging auf den Geistlichen zu und wechselte einige Worte mit ihm.
Deutlich hörte er Alcar fragen: „Dürfen wir zu ihrer Gemeinde sprechen?“
Mit verschränkten Armen sah der Geistliche von seinem erhöhten Platz aus Alcar mit herausforderndem Blick an, und es dauerte einige Sekunden, bis er antwortete.
André wollte am liebsten auf ihn losstürzen und ihm zurufen: „Sehen Sie nicht, wer da vor Ihnen steht?“
Musste dieser Mann seinen geistigen Leiter so mit Missachtung behandeln?
Das war doch nicht nötig!
O je, wie sollte sich da wohl Alcar fühlen?
Endlich sprach er und seine Frage war barsch.
„Wer sind Sie?“ –
„Wir“, hörte er Alcar sagen, „sind deine Brüder und kommen aus einem anderen Land zu euch in Liebe, im wahren Sinn des Wortes.“
Der Geistliche lächelte sarkastisch.
Er stand noch immer da und schaute auf ihn hinab wie seinerzeit Nero auf Rom.
Sein altes Gesicht war von tiefen Furchen durchzogen.
Am Ende sprach er.
Es war ein spannender Augenblick.
Wie bescheiden Alcar war, und in seiner ganzen Bescheidenheit wartete er ab, wie die Entscheidung aussehen würde.
André verstand Alcars Auftreten als eine Lebenslehre: Nur mit Liebe würde man etwas erreichen können.
„Kommen Sie im Namen Gottes?“
Diese Worte peitschten in seine Seele, weil sie so kalt daherkamen.
Dieser Unglückliche fragte seinen geistigen Leiter, ob er im Namen Gottes komme.
Siehst du, das war der Mensch.
Wie er sich wohl fühlte.
Alcar schaute ihn ehrerbietig an und antwortete: „Wir kommen im Namen Gottes zu euch, wie ich Ihnen bereits sagte, in der wahren Bedeutung des Wortes.“ –
„Ich gebe Ihnen eine halbe Stunde“, war seine Antwort.
Das ist nicht viel, dachte André, die Zeit würde sein geistiger Leiter für sich selbst benötigen.
Jedenfalls war er einverstanden, die Würfel waren gefallen und Alcar ging zu ihnen und sprach zu der Schar: „Schwestern und Brüder.
Von Ihrem Leiter habe ich die Erlaubnis bekommen, zu Ihnen zu sprechen.
Wenn Sie alle bitte Platz nehmen wollen, dann können wir beginnen.“
Die Wesen sahen ihn an, als wäre Alcar ein Wunder.
Auch der Geistliche war merklich verändert.
Alcar sprach mit seiner sanften, aber klangvollen Stimme zu ihnen: „Warum, liebe Freunde, ist der Mensch schuld an seinem Unglück?
Warum, frage ich Sie, kennt der Mensch sich selbst nicht, obwohl Gott ihm einen denkenden Intellekt gegeben hat?
Gott stellte den Menschen über das Tier, und das Tier fühlt, wo es hingehört, der Mensch hingegen nicht.
Das Tier versinkt nicht, es lebt immer so, wie es fühlt, denn sein Gefühl weist ihm den Weg und sagt ihm, wie dem zu folgen ist.
Und wie handelt der Mensch?
Die Liebe des Tieres ist eine Liebe, die in voller Kraft gegeben wird.
Aber was tun wir?
Geben wir stets unsere reine Liebe?
Geben wir sie mit ganzer Kraft?
Wohl kaum.
Liegt in uns nicht eine Kraft, die uns immer wieder zu uns selbst zurückführt?
Und ist das nicht unser eigenes Ich?
Gott stellte den Menschen über das Tier und gab ihm eine göttliche Kraft, einen Verstand, in größerem oder geringerem Maße.
Und gebrauchen wir diesen Verstand immer, um unserem Weg zu folgen?
Keiner von uns tut es.
Kommen wir von unserem Weg, Gutes zu tun, nicht ständig ab?
Schenkt das Tier da keine schönere Liebe als wir, als der Mensch im Allgemeinen?
Habe ich zu viel gesagt?
Kennt sich das Tier denn nicht besser, als wir uns kennen?
Lebt das Tier nicht bewusster?
Und sind wir uns unseres eigenen Zustands bewusst?
Ist es nicht furchtbar, nicht traurig, dass wir so oft nicht näher an das Tier herankommen können?
Fühlen wir so oft nicht diese Schwächen, liegt das nicht an uns selbst?
Gott gab uns einen denkenden Intellekt, eine Kraft, die so ist, wie Er selbst ist.
Gott schenkte uns die Gnade, eine eigene Persönlichkeit zu sein, eine göttliche Gnade, die jeder Mensch empfängt.
Doch wir müssen uns davor hüten, nicht unterzugehen.
Gott gab uns den Verstand.
Und dient dieser Verstand zur Entwicklung unseres eigenen Ichs?
Dient er dazu, einen Heiligenschein der Selbstliebe und des Egoismus entstehen zu lassen?
Ist das nicht der Untergang von uns selbst?
Sagt es uns nicht, dass wir das Leben nicht verstehen und uns zu sehr in den Vordergrund stellen?
Wollen wir nicht die Person sein, um die sich alles dreht, weshalb wir unser Gleichgewicht verlieren?
Je nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, führen wir uns selbst zurück zur Wahrheit.
Dadurch lernen wir uns selbst kennen.
Würden Sie mir gegenüber nicht zugeben wollen, dass Gott uns diesen Verstand nicht mit anderen Zielsetzungen gegeben hat?
Wir sagen so oft: Mensch, gebrauche deinen Verstand!
Und dieser Verstand dient dazu, uns mit Gott zu verbinden.
Damit meint Gott: Mensch, mache Gebrauch von deiner göttlichen Gabe, welche Du empfangen hast, um deinen Weg ins Licht zu suchen, in Mein Heiliges Land der ewigen Liebe.
Gott gab uns den denkenden Intellekt und stellte uns über das Tier, damit wir anderen etwas bedeuten.
Doch ist unser höheres Gefühl nicht unser eigenes Unglück?
Mensch, fühle deine göttliche Gnade und lebe durch das Leben.
Gebrauche nicht deinen Verstand für dich selbst, sondern erfühle deinen Zustand und handele nach deiner dir eigenen höheren Einsicht.
Mensch, lebe.
Erwacht, Freunde!
Gott gab euch die große Gnade, euch auf Ihn abzustimmen, was nur möglich ist durch Seine heilige Kraft, die in uns liegt.
Freunde, schärft euren Verstand für jedermann, für alles, was lebt, seid bestrebt, euch über das Tier zu erheben.
Haltet nicht daran fest, dass eurer Verstand für euren persönlichen Egoismus bestimmt ist, sondern werdet zu Altruisten der Menschheit, um dem Leben zu dienen.
Setzt eure Kräfte ein, eure Seele, um eure menschliche Liebe zu euch selbst vor Leidenschaft und Gewalt zu retten, und gebt euch Mühe, daraus als Sieger hervorzugehen.
In jedem Leben gibt es Kampf; Kampf, damit ihr euch selbst kennenlernt.
In euch sollte der Drang liegen, höher zu kommen.
Das ist euer geistiges Leben, das euch näher zu Gott führt.
Das ist der Kampf, um in die höheren Sphären eintreten zu können.
Der Mensch muss ständig höher empor.
Doch viele haben einen Weg eingeschlagen, der in die tiefe Finsternis führt.
Ihren Verstand haben sie falsch eingesetzt.
Ihre Wege waren Wege, die nicht zu Gott führen.
Sie bewegen sich im Kreis, dem sie mit ihrem Verstand nicht entkommen.
Doch je mehr ihr euch übt und euren Verstand zu gebrauchen lernt, desto mehr wird sich euer Gefühl entwickeln, was für euch Glück sein wird und Licht bedeuten wird.
Mensch, gebrauche deinen Verstand, um dein Gefühl im Geiste zu entwickeln.
Bahnt euch durch alles einen Weg, Freunde, und wisst, dass euch alle Schwierigkeiten von Gott auf den Weg gelegt sind und dass ihr diese Schwierigkeiten überwinden müsst.
Wisst, Freunde, dass euch reinere und schönere Sphären erwarten, worüber mein Bruder euch gleich mehr erzählen wird, und die könnt ihr erreichen, wenn ihr die Kräfte zu gebrauchen wisst, die Gott euch gegeben hat.
Kämpft, Freunde, für eurer eigenes Ich, aber geht nicht daran zugrunde.
Strebt danach, euch selbst zu überwinden.
Wisst, dass Gottes heilige Kraft in euch ist, dass Er euch Sein heiliges Leben gegeben hat.
Wacht auf, denn euer Leben ist ewig.
Erwacht aus eurem Tiefschlaf, Gott ist in euch.
Ruft um Hilfe, bittet Gott um Kraft und darum, dass er euch helfen möge, euren Weg zu finden.
Und wenn ihr euch in Demut verneigt und alles zu Gottes Füßen legt, dann wird auch für euch alles anders werden.
Betet, Freunde, betet viel, bittet darum, dass ihr die Kräfte, die in euch sind, kennenlernen dürft.
Betet, dass Gottes Licht euch stets anstrahlen möge, dass ihr einst sehen werdet mit voller Kraft.
Es ist Gottes Wille, dass Seine Liebe eingesetzt wird, um anderen zu helfen, um andere zu erwärmen, die Seine Liebe noch nicht fühlen.
Wisst, Freunde, dass ein Höhergehen möglich ist.
Gott gab euch einen denkenden Intellekt, die Gnade, ewig zu leben.
Lernt euren Verstand im Dienste Gottes zu gebrauchen, wenn es euch auch noch so schwer fällt.
Lernt darauf zu vertrauen, dass Gott, in seiner unendlichen Güte, euch allen helfen wird, euch das ewige Glück zuteil werden zu lassen.
Amen.“
Es herrschte tiefe Stille.
Alle sahen Alcar voller Verwunderung an.
Tiefe Ehrfurcht hatte sie ergriffen.
Blitzartig kam in André auf: „Sprich über die Natur und verbinde sie mit dem Leben.“
Unverzüglich ging er ans Werk, und er fühlte, dass ihm geholfen wurde.
„Schwestern und Brüder!
Wir kommen aus einem anderen Land, um Ihnen zu berichten, wie schön es bei uns ist, und wir bitten Sie, unser Land zu besuchen.
In unserem Land ist es wunderschön, auch die Natur dort ist anders als hier.
Der Himmel ist hell und überall wachsen und blühen Blumen, die nie verwelken, sondern ewig frisch bleiben.
Wir bauen unsere Häuser so, wie wir uns das wünschen.
Keines von ihnen weist dieselbe Architektur auf.
Das kommt daher, dass auch jedes Wesen anders ist, eine eigene Persönlichkeit besitzt.
So, wie wir uns unser Haus innerlich vorstellen, so wird es sein.
Wir können unser Haus nach eigenen Wünschen bauen, in den Bergen oder auf dem Land, an der Küste und an Ufern der Seen und Flüsse.
Doch die Mittel dazu können wir nicht aus anderen Landen beziehen.
Alles, was in unserem Land wächst und gedeiht, können wir verwenden.
Auch wissen wir, dass es woanders, wo auch Menschen leben, ebenfalls nicht möglich ist, Baustoffe aus anderen Landen zu beziehen.
Wir sind an Gesetze gebunden.
Die Gesetze stehen im Einklang mit dem inneren Zustand des Menschen, der dort lebt.
Das bedeutet, dass wir unsere Kräfte nicht übersteigen dürfen oder können.
Wir können die Materialien aus anderen Landen nicht verbauen, aus dem einfachen Grund, weil bei uns sonst alles einstürzen würde, da hier ein anderes Klima herrscht.
Wir leben wie Brüder und Schwestern zusammen.
In Liebe leben wir füreinander und wir lügen einander niemals etwas vor oder betrügen einander, selbst in Gedanken nicht.
Was euch fremd vorkommen mag, ist die Tatsache, dass wir es sofort wüssten, weil wir den Gedankengängen anderer folgen können.
Darum sind alle ehrlich und ein Bruder oder eine Schwester ist allen anderen gegenüber offen, vollkommen offen.
Wenn wir eine Schwester oder einen Bruder sehen, sehen wir uns selbst, weil wir ein und dieselbe Liebe besitzen und in Liebe eins sind mit der Folge, dass unserem Leben nichts als Glück beschieden ist.
Wir widmen uns der Kunst unserer Wahl und spielen wie Kinder miteinander.
Wir machen Spaß und haben Freude, so schön ist unser Leben.
Wir gehen in prächtigen Gewändern gekleidet zu Festen und auch zu Konzerten, zu denen sich verschiedene Meister einfinden und zusammen konzertieren.
Sie spielen keine geschriebene Musik, sondern der Natur folgend, welche Farben ausstrahlt in unterschiedlichsten Tönen.
Die Meister sind eins mit der Natur, und so, wie sie das Leben aller fühlen, geben es die Meister mit ihren wundervollen Instrumenten wieder.
Wunderbar ist es bei uns, und verglichen mit Ihrem Land kann man das unsere ein Paradies nennen.
Wir haben prächtige Tempel und Gebäude, und was für Sie unglaublich erscheinen mag: Unsere Tempeln echoen.
Das heißt, der Klang breitet sich aus, sodass man, auch wenn man nicht im Tempel ist, dennoch einem Konzert folgen kann.
Es breitet sich über Tausende Meilen aus, da alles eins ist und Leben bedeutet.
Wir kennen und besitzen viele Wunder, die wir alle verstehen, weil wir das Wunder in unserem Inneren fühlen.
So gibt es für uns keine Geheimnisse mehr, weil ein Geheimnis ein anderes Leben ist; und wenn wir dann das Leben erleben, werden wir es uns zu eigen machen und es wird uns gehören.
So gehen wir immer weiter, immer höher und danken unserem Gott für alles, was uns gegeben wurde.
Überall lacht uns das Glück zu.
Wir beten in der Natur, nie in Gebäuden oder in Tempeln, weil die Natur Gott ist und wir uns Gott durch das Leben der Natur besser annähern können, weil es Gottes heilige Kraft ist, die in allem liegt.
Und mit ihr verbinden wir uns und werden durch nichts gestört, weil unser Zusammensein Einssein bedeutet und wir uns in Einfalt und Natürlichkeit verbinden wollen.
So fühlen wir Gott und streben danach, unserem allmächtigen Vater in Liebe nahe zu sein.
Liebe ist für uns das Heiligste, das Schönste und das Mächtigste, das von Gott geschaffen und uns Menschen gegeben wurde.
Es ist die heilige Kraft, die Gott selbst ist, und wenn wir andere lieben können, nähern wir uns Gott, weil Gott nichts als Liebe ist.
Dann strahlt uns alles an und für immer sind wir glücklich.
Wir werden nie alt.
Alter kennen wir bei uns nicht.
Das Alter, wie Sie es hier haben, ist uns unbekannt.
Wir sind wie die Blumen, immerzu, ja, ewig jung.
Wenn ich Ihnen jetzt von einem anderen Wunder berichte, so sage ich Ihnen im Voraus, dass Sie es unglaublich finden werden, aber ich sage Ihnen auch, dass es die Wahrheit ist, so wahr, wie Sie leben.
Wir und viele andere bei uns sind bereits Tausende Jahre alt, und dennoch jung, dennoch schön, und wir können, im wahrsten Sinne des Wortes, wie Kinder sein.
Ist das nicht unglaublich?
Dennoch sage ich die Wahrheit.
Wir können nicht mehr alt werden.
Innerlich sind wir alt, äußerlich aber sind wir jung.
Unser Alter ist unsere Weisheit, die jedes Wesen bei uns besitzt.
Wen Sie bei uns auch sehen oder sprechen sollten, alle besitzen Weisheit in ihrem Inneren.
Unsere Weisheit ist unser Gefühl, weil wir das Leben fühlen, das in allem liegt, und dadurch alles verstehen.
Ich könnte Ihnen noch Tausende andere Wunder aufzählen.
Bei uns waren viele Fremde, die uns besuchen kamen, aber nicht mehr zu ihren Familienangehörigen zurückkehren wollten.
Unsere Schönheit hielt sie gefangen.
Sie verstanden einfach nicht, warum wir alle so jung waren, und sie wollten gerne wissen, wie dies zu erreichen wäre.
Unsere Meister, die bei uns alles lenken, sagten ihnen, wie es für sie möglich sein konnte, in unserem Lande bleiben zu dürfen und ein junges Leben besitzen zu können.
Sie sagten ihnen Folgendes: ‚Wir alle, die hier leben, lebten einst in einem anderen Land.
Als wir noch dort waren, wurden wir von Fremden, die uns besuchten, von einem schöneren Land überzeugt, welches sie das Land der Liebe nannten.
Sie sagten uns, dass wir alle aufbrechen sollten zu unserer Pilgerreise.
Sie erklärten uns, wie wir gehen mussten, und mit ihrer Hilfe sind wir zu Tausenden aufgebrochen, um in ihr Land der Liebe zu gelangen.
Sie sagten uns auch, dass es schwer sein würde, da wir unterwegs viel zu leiden hätten.
Doch ist man einmal dort angekommen, erwartete einem nichts als Glück.‘
Zu Tausenden zogen wir von dannen, nur wenige kehrten um.
Wir baten Gott um Kraft, dass er uns beistehen möge auf unserer mühsamen und beschwerlichen Reise.
So zogen wir weiter, immer weiter, und das Wunderbare geschah, denn als wir uns dem Land der Liebe näherten, wurden wir immer jünger.
Unterwegs teilten wir alles.
In Liebe waren wir zusammen, und denjenigen, die nicht mehr weiter konnten, halfen wir und unterstützten sie mit allen Kräften, die in uns waren.
Als wir ein gutes Stück vorangekommen waren, erwachten wir, und verstanden, was die Fremden damit meinten, dass wir uns selbst kennenlernen würden.
Viele erfassten bereits alles nach ihrem inneren Gefühl, nach ihrer Abstimmung, und sie begriffen, dass sie sich selbst nicht gekannt hatten, weil sie das Leben nicht gefühlt hatten, das Gott in alles hineingelegt hat.
Nunmehr lernten wir durch Leid und Schmerz das Leben und unser eigenes Leben kennen, indem wir Schwierigkeiten überwanden.
Nichts als Kampf, Kampf und nochmals Kampf war es, doch wir folgten und verstanden, dass uns höheres Glück erwartete.
An allem, wo wir waren, war das zu erkennen, da wir uns mitten im Kampf verjüngten.
So kamen wir in ein anderes Land, das jedoch noch nicht das gelobte Land der Liebe war, wo die Fremden lebten.
Wir alle waren glücklich, dass wir unser eigenes Land verlassen hatten.
Wie kalt alles bei uns war verglichen mit dem, was wir unterwegs bereits angetroffen hatten.
Doch im Land der Liebe war es noch schöner.
Und frischen Mutes zogen wir weiter, immer weiter, bis wir eines schönen Morgens das Land der Liebe betraten.
Wie glücklich waren wir.
Oh, die ersten Augenblicke, als wir gewissermaßen erwachten; es war, als ob wir träumten, als wir fühlten, wie groß doch Gottes Mächte waren, wie viel Schönes Gott allen Seinen Kindern beschieden hat.
Als wir Gottes heiliges Licht schauen durften, knieten wir alle nieder und dankten Gott für all das Schöne.
Lange beteten wir tief verneigt vor all dem Schönen, das uns gegeben wurde.
Wir alle haben uns das Land der Liebe durch Kampf, durch Leid und Schmerz verdient.
Wir alle begriffen, dass Gott nichts als Liebe ist.
Gott ist Licht, Gott ist Leben.
Wir alle waren jung, schön und munter.
Alle, niemand ausgenommen, riefen aus voller Brust: Gott ist Liebe, Gott ist Licht, Gott ist Leben, ewiges, ewiges Leben.
Alle waren glücklich.“
Andrés Stimme war voller Glut.
In Gedanken waren alle mit ihm verbunden.
Auch der Geistliche strahlte, in seinem gealterten Gesicht spiegelte sich das Glück und die Sehnsucht, dieses Schöne besitzen zu dürfen.
Ihre sehnsüchtigen Blicke rührten ihn zutiefst.
Er fühlte, dass alle unter seinem Einfluss standen, auch fühlte er, dass er in diesem Moment Berge hätte versetzen können.
Voller Begeisterung fuhr er fort:
„Unsere Meister sagten uns: ‚Geht zurück in euer Land und folgt dem Weg, dem wir und viele andere gefolgt sind.
Weist ihnen den Weg, wie sie diesen zu gehen haben, und unterstützt euch gegenseitig auf eurer beschwerlichen Reise.
Alles liegt an euch selbst.
Ihr habt euer Glück selbst in der Hand.
Und wenn ihr trotz des vielen Leids und Schmerzes durchhaltet, könnt ihr bald hier sein, wo euch Tausende erwarten werden, und wir werden dafür sorgen, dass alles bereit sein wird, um euch zu empfangen.
Alle, die unserem Wege folgen, können hier eintreten.
Hier gibt es für jedes Wesen Glück, nichts als Glück.
Ewiges, heiliges Glück erwartet euch.
Vergesst aber nicht, dass ihr hier nicht eintreten könnt, wenn ihr euren Weg nicht in Liebe geht und nicht alles liebt, was euch auf eurem Weg begegnet.‘“
André sah, dass der Geistliche hinunterging und auf Alcar zutrat.
André fuhr fort:
„Die Fremden kehrten in ihr Land zurück und Tausende zogen los, das Land der Liebe zu erreichen, mit ihrer Pilgerreise zu beginnen.
Und Ihnen, Freunde, Ihnen allen rufe ich zu: Verlassen auch Sie dieses kalte Land, anderes erwartet Sie, ein höheres Glück.
Verlasst dieses Tal der Tränen und folgt dem Weg, den sie beschritten haben und alle beschreiten werden, weil es der Weg ist, den Gott uns weist und für alle Zeit weisen wird.
Erhebt euch, Freunde, folgt dem Weg der Liebe.
Folgt dem Weg, der Sie zum Land des ewigen Glückes führen wird, wo eure Freunde leben, die dort schon angekommen sind.“
André fühlte, dass er in diesem Augenblick noch weiter gehen konnte, und rief ihnen glutvoll zu:
„Freunde, ich will euch noch mehr berichten, es ist die Wahrheit, wie alles die Wahrheit ist.
Hört zu, hört gut zu und vergesst es nie.
Ihr alle habt auf der Erde gelebt und seid dort gestorben.
Ihr lebt in der Ewigkeit, habt aber euer irdisches Leben verpfuscht, weil euer Leben stofflich war, wodurch ihr in diesen Zustand geraten seid; ihr wisst nichts von einem geistigen Leben, weil ihr euch diesem Leben verschlossen habt.
Betet, dass Gott euch die Augen öffnen wird.
Wo sind eure Kinder?
Auch sie leben hier an dieser Seite, aber in anderen Landen.
Sie sind schöner und reiner, sodass ihr sie nicht sehen könnt, weil sie eine höhere Abstimmung besitzen.
Fühlt euren unnatürlichen Zustand und vergleicht euer Leben mit einem höheren, einem geistigen Leben, in dem ihr einst ewig leben werdet.
Gegenwärtig kommt ihr in jenem Land mit allem in Konflikt, auch mit euren eigenen Kindern.
Hier werdet ihr eure Kinder nicht wiedersehen, auf gar keinen Fall.
Dort, wo nichts als Glück herrscht, dort werdet ihr sie wiederfinden, in himmlischer Schönheit.
Gottes Wille ist es, Freunde, dass ihr Seinem Weg folgt.
Gott ist Liebe, Freunde, Gott ist Licht, Glück und Leben.“
Alle waren jetzt verändert.
Er hörte den Geistlichen rufen: „Gott ist Liebe, wir wollen dem Weg der Liebe folgen.“
Alle riefen durcheinander: „Gott ist Liebe, wir wollen in das Land der Liebe, wir wollen unsere Kinder wiedersehen.“
Es war ein großartiger Abschluss, den er zuvor nicht zu erhoffen gewagt hatte.
Viele weinten, Tränen rannen über ihre Wangen.
Alle waren jetzt aufgetaut, ihre Herzen geschmolzen.
Liebe strömte ein, die Kälte musste einem wärmeren und schönerem Gefühl weichen.
Es war das Neue, in all seiner Schönheit.
Alcar hieß ihn aufhören und sagte, dass sie vor ihren Augen entschwinden würden.
Blitzartig kam es in ihn: „Auch dich werde ich davon überzeugen, was Liebe vermag, was Liebeskräfte sind.
Mach dich bereit, André, und gib mir deine Hand als Kontakt.“
André fühlte nichts als Glück.
„Das, worüber ich mit dir in den finsteren Sphären gesprochen habe, wird nunmehr geschehen.
Konzentriere dich auf mich, alle Kräfte sind gefordert.“
Der Geistliche stand vor seiner Gemeinde, und aus Hunderten Kehlen hörten sie: „Gott ist Liebe, wir wollen in das Land der Liebe und des Glücks, wir wollen unsere Kinder wiedersehen.“
Zum letzten Mal schauten sie zu ihnen hinüber, dann hörte André, dass er sich bereithalten solle; er fühlte sich in einen anderen Zustand aufsteigen, und schon waren sie vor deren Augen verschwunden.
Es klang noch in ihren Ohren: „Ein Wunder ist geschehen, Christus war in unserer Mitte, Christus war hier, Christus hat sich mit einem Apostel gezeigt.
Gott ist Liebe, nichts als Liebe.“
„Höre sie, mein Sohn!
Sie glauben, dass Gottes heiliges Kind in ihrer Mitte war.
Es ist die Kraft der Liebe, die ein Mensch besitzen kann und womit er sich gegenüber niedrigeren Zuständen und Abstimmungen unsichtbar machen kann.
Es ist also nichts anderes als Liebeskraft, auf geistiger Abstimmung.“
Hand in Hand schwebten sie weiter, einer anderen Sphäre entgegen.