André sieht sein Kind
André war schweigsam nach all dem Schönen, das ihm offenbart worden war.
Viel erwartete die Menschen nach dem irdischen Leben, wenn sie hier eintraten.
An dieser Seite wusste man, warum die Erde von tierlichen Wesen bevölkert war und dass auch dort einmal Sphärenglück herrschen wird.
Hier wusste man, warum das Leben der anderen in die Erschöpfung getrieben und deren Glück zerstört wurde.
Ihm schwindelte bei all diesen Wahrheiten.
Was war die Erde verglichen mit den vielen anderen Planeten, die er erblickt hatte?
Unscheinbar war sie im Universum.
Aber wie fühlte sich der Mensch auf Erden?
Dort hatte ein einziger Mensch die Macht, Tausende andere zu vernichten.
War das nicht traurig?
Wie viel hatte der Mensch auf Erden noch zu lernen!
Wie weit war er noch von der echten, reinen Liebe entfernt.
Was er jetzt empfangen hatte, war Weisheit im Geiste.
Wie glücklich sollte sich der Mensch fühlen, dies alles empfangen zu dürfen.
André war Gott, dem Vater allen Lebens, dafür dankbar, was ihm gerade gezeigt worden war.
Er umfasste Alcars Hand und dankte ihm innig für all das Schöne.
„Du hast mir viel gegeben, Alcar, das ist ein großes Glück für alle Menschen.“
– „Wir wollen hoffen, dass einige erwachen werden, dann ist unser Werk schon belohnt.
Wir werden nun rasch in einen anderen Zustand übergehen, wo das Schönste dieser Reise auf dich wartet.
Dir wird schnell klar sein, wohin wir gehen.“
Sie bewegten sich schwebend fort und plötzlich fühlte André, wohin sie gingen.
Das war zu viel für ihn, die große und heilige Liebe seines geistigen Leiters ergriff ihn zutiefst: Sie waren auf dem Weg in die Kindersphäre!
Sie waren bereits in der Nähe der Verbindungssphäre, wo er auf seiner letzten Reise die Geisteskinder betrachten durfte.
„Alcar, wie gut du zu mir bist; womit habe ich das alles verdient?“
„Beruhige dich, mein Junge, sonst kannst du dein Kind nicht besuchen.
Vollkommene Ruhe ist erbeten.“
André konnte sich aber nicht beherrschen und weinte.
Jetzt würde es geschehen und wahr werden, wonach er sich so sehr gesehnt hat.
Er wird sein Kind sehen, das ein Jahr zuvor die Erde verlassen hatte.
Er, als irdischer Mensch, durfte im Leben nach dem Tod sein Kind besuchen.
Wen würde das nicht rühren?
Er war aus tiefstem Herzen seinem geistigen Leiter dafür dankbar.
„Du gibst mir so viel, deine Güte kennt keine Grenzen.“
„Schon gleich wirst du das kleine und noch junge Wesen begrüßen dürfen.“
„Werde ich sie in die Arme nehmen dürfen, Alcar?“
„Ich denke, es ist möglich, mein Sohn.“
„Möglich“, dachte André, „steht es denn noch nicht ganz fest?
Was meinte Alcar mit möglich?“
Doch er wollte ruhig bleiben und der Dinge harren, die da kommen sollten.
Oh, wie glücklich er sich fühlte.
Die Kleine lebte in strahlender Schönheit.
Sie hatte die Erde in einem Zustand des Glücks und des Lichts verlassen.
Kalt war es an jenem Morgen, als er sie bestattet hatte.
Eine wunderschöne Vision wurde ihm damals gezeigt, er hatte das geistige Leben wahrnehmen dürfen.
Überall lag Schnee, doch hier gab es nichts als Licht und Glück.
Der Tod bedeutete nicht „tot“, der Tod bedeutete Leben.
Hier lebte sein verstorbenes Kind für immer und ewig.
Mit einer wunderbaren Botschaft für sie, der Mutter von Gommel, würde er auf die Erde zurückkehren.
Er wird ihr sagen können, dass ihr Gommel lebt und zu einem schönen, reinen Wesen herangewachsen ist.
Sie traten in die Kindersphäre ein; es herrschte eine Ruhe, so tief, so himmlisch, wie er sie noch nie zuvor empfunden hatte.
Überall Liebe und Blumen in fantastischen Farben; makellos weiß waren die Gebäude und Tempel, in denen die Kleinen lebten.
Wie würde sie nach dem einen Jahr aussehen?
Unter Tausenden würde er sie wiedererkennen.
Die Liebe, das geistige Band war die ewige Verbindung mit diesem jungen Leben.
Von Weitem sah er die Kleinen, die in der Natur spielten.
Jetzt, da der große Augenblick näher kam, fühlte André, dass er ruhig wurde.
Eine ungekannte Ruhe kam in ihn.
Wo war sein kleines Mädchen?
Wie sah sie aus?
Viele Gedanken gingen ihn durch den Kopf.
Ob er sie in seinen Armen halten durfte?
Das letzten Mal, als er mit Alcar hier war, war das nicht möglich.
Er hatte sie aus der Ferne sehen dürfen; ein bläulicher Schleier hielt sie vor seinen Blicken verborgen.
Es war kaum zu glauben; durfte er ein geistiges Wesen in seinen Armen halten?
Würde es nicht zu ergreifend für ihn sein?
Wäre es nicht zu viel des Glücks?
Etwas von ihm entfernt gingen viele Pflegemütter mit ihren Kleinen spazieren.
Sie waren wie leuchtende Sonnen, alle strahlten Liebe aus, nichts als Liebe.
Alle Kinder hier wussten nichts von einem irdischen Leben; erst später sollten sie es erfahren, denn auch sie fühlen jede Verbindung.
Sie spazierten eine wunderschöne Allee entlang, die umgeben war von Sphärenblumen, und dies alles diente dem Leben, das es hier gab.
Schön war die Natur, die Vögel sangen ihre wunderbaren, himmlischen Lieder.
Blumen dufteten, alles strahlte Licht aus.
Es war himmlisch.
Dort hinten sah er die Kleinen, die ein Alter von drei Jahren erreicht hatten.
Später gingen sie in andere Sphären ein, um einst in die Daseinssphäre zu kommen, auf die sie abgestimmt waren.
Dann setzten sie ihren Weg zu den höheren Gefilden fort, wo sie noch mehr Glück erwartete.
Links und rechts von André gaben prachtvolle Bildhauereien Märchen wieder, für die Kleinen zum Lernen.
Auf diese Weise lernten sie das Leben kennen.
Sie erlernten keine Sprache wie auf der Erde; hier gingen sie unmittelbar ins Leben über.
Ihre Liebe war ihre Weisheit; sie konnten sich mit allem verbinden, sie gingen darin über.
Ihr Gefühl war ihr Wissen; Rechnen brauchten sie hier nicht zu lernen.
Hier lehrte man sie den Schöpfer von allem zu lieben.
Schönheit sollten sie wertschätzen, Liebe fühlen für alles, was lebte, um diese Liebe anderen zu geben, wodurch sie sich auf Gott abstimmten.
Keine dunklen Wolken sollten ihr Glück verdüstern.
Hier herrschte Ruhe, geistiges Glück, das kein Wesen stören könnte.
Die Pforten zu diesem Paradies blieben geschlossen für jene, die diese Abstimmung nicht in ihrem Inneren trugen.
Das hier war ein heiliges Land; hier lebte sein Kind und er durfte sich hier aufhalten, weil er Hilfe bekam von seinem geistigen Leiter.
Ringsum waren prächtige Parks und schneeweiße Tempel, die aus Marmor und anderem Stein errichtet waren.
Weiß wie Silber waren die Bäche, die durch dieses heilige Land flossen und worin Vögel schwammen und Blumen die Ufer zierten.
Es war eine wundervolle Pracht.
Hier lebte der Mensch, der junge Mensch; von der Erde kamen sie hierher.
Dennoch wollten Mütter ihre Kleinen nicht hergeben, weil sie das Kind als persönliches Eigentum behalten wollten.
Doch wer dieses Wissen hatte, würde das Leid leichter ertragen können und alles in Gottes gute Hände legen.
Hier lebten Tausende Kinder von der Erde, alle Nationalitäten waren vereint.
Hier lebten Königskinder wie auch die Ärmsten der Welt.
Hier wurden keine Unterschiede gemacht noch empfunden.
Hier waren alle eins; sie lebten in Glück und kannten keine Missgunst noch Neid, im Gegensatz zu den Kinder auf der Erde.
Erhaben war alles.
Wenn die Mütter auf Erden kurz sehen könnten, wie ihre Kleinen umsorgt wurden, dann würden sie alles überantworten können.
Wenn sie akzeptieren könnten, würde dies Glück für ihr ganzes Leben auf Erden bedeuteten, dann wäre das Leid zu ertragen, das Gott ihnen auferlegt hatte.
Gott nahm das junge Leben zu sich und gewährte ihm diese Obhut.
Aber der Mensch will es ganz anders.
Der Mensch will besitzen, und das ist nicht der Weg, ist die Weisheit und Wahrheit nicht, ist nicht Gottes Absicht; der Mensch soll und wird in Ergebung leben und sich Gottes heiliger Führung anvertrauen.
Der Mensch vergisst und will nicht annehmen, dass ihre Kinder einst ihre Brüder und Schwestern sein werden, ja, dass sich die Mutterliebe in dieser höheren Liebe auflösen wird.
Aber das will der Mensch nicht, auf Erden kennt man nur irdische Liebe; von geistiger Liebe will man nichts wissen, und deshalb begreifen sie nichts von dieser ganzen Heiligkeit.
Ihre Gefühle sind auf den Stoff eingestellt.
Da er jetzt sah und wusste, wie für sein Kind gesorgt wurde, würde er es nicht auf Erden großziehen wollen.
Dieses Glück konnte er ihm nicht geben.
Das hieße, dem Kind das Glück zu nehmen.
Er war der irdische Vater, Gott war der Vater im ewigen Leben.
Jetzt kamen sie zu einem großen Gebäude, das aus schneeweißem Marmor und in einem beeindruckenden Stil errichtet war.
Das Gebäude war ein Kunstwerk für sich, und darin lebten nun die Kleinen.
Er wagte es kaum, sich zu nähern.
Wie es strahlte, in allem lag das Glück, das die Kleinen innerlich trugen und das ihre Abstimmung war.
Wohin er auch schaute, überall entdeckte er prachtvolle Tempel.
War eine noch höhere Kunst denkbar?
Dies war für ihn das Vollkommenste, das der Mensch zustande bringen konnte.
Das Gebäude stand auf einem Plateau und war von einer Terrasse umgeben; ferner standen um das ganze Gebäude Blumen und Obstbäume, alles diente als Zierde und zur Unterstützung der Menschheit und auch dazu, ihr mehr Glück zu bringen.
Auf der Freitreppe sah er einen strahlenden Geist, der sie offenbar erwartete.
Sind auch sie hier von seiner Ankunft verständigt worden?
In der dritten Sphäre war er etwas Ähnliches aufgefallen.
Das Wesen war in ein wunderschönes Gewand aus Licht gekleidet.
Er wagte nicht hinzuschauen, so sehr strahlte es und er befürchtete, dass durch seinen Blick die glänzenden Strahlen gestört würden.
Der Geist lächelte seinem geistigen Leiter von Weitem zu.
Oh, welch eine Schönheit; wer war sie?
Alcar näherte sich dem Wesen und André sah, dass sein geistiger Leiter vor dem Wesen niederkniete.
„Bruder Alcar“, hörte er sie sagen, „Gott sei mit Ihnen.“
Alcar war in diesem unendlichen Raum überall bekannt.
Auch André kniete nieder und wartete ab, was geschehen würde.
Alcar führte mit dem Engel ein Gespräch, das er nicht mithören wollte.
Er dachte an Gott und bat um Kraft für dieses heilige Geschehen.
Plötzlich hörte er etwas rascheln und näherkommen.
Eine sanfte, himmlische Stimme sagte zu ihm: „Erheben Sie sich, André, und sehen Sie mich an.“
André schaute auf; zwei strahlende Augen blickten ihn an, eine Liebe kam in ihn, wie er sie noch nie gefühlt hatte.
„Wo lebte dieses Wesen“, dachte er, „war es Gott selbst?"
Der Geist lächelte; André fühlte, dass sie seine Gedanken übernommen hatte.
„André“, sprach sie, „von der Erde in ein Himmelreich, um Ihr Kind zu besuchen?“
Wusste man denn hier, weshalb er kam?
Sogleich sagte das Wesen: „Sollten wir denn nicht wissen, für wen Sie kommen?“
Von ihm blickte sie zu seinem geistigen Leiter, und der verstand diesen Blick.
Er war es, sein Alcar, der für alles gesorgt hatte.
André darf sein Kind sehen.
„Sie lebt, André, sie ist schön und glücklich; sie wird noch glücklicher sein, wenn sie ihren Vater trifft.“
André zitterte.
„Stark sein, André, sonst können Sie sich gleich nicht Ihrem Kind nähern.“
Er schaute das schöne Wesen an und eine tiefe Ruhe erfüllte ihn.
„Gehen Sie in die Natur, André, und versuchen Sie sich mit dem Leben zu verbinden.
Wir holen Sie dann und bringen Sie zu Ihrem Kind.
Gott wird Ihnen gestatten, sich dem Kind zu nähern, wenn Sie sich auf ihren Zustand abstimmen wollen.
Dieses Glück wird Ihnen in Kürze gewährt werden.
Stimmen Sie sich auf das Leben ab; wir werden Ihnen dabei helfen.
Also, bewahren Sie Ruhe und seien Sie glücklich, André!
Beten Sie zu Gott, dass Er Sie verbinden und abstimmen möge.
Das Wesen darf nichts von Ihrem irdischen Leben fühlen.
Nichts von Ihrem Inneren darf auf es übergehen, denn es hat die Erde nicht kennengelernt.
Sie wissen, dass diese Sphäre nicht Ihr Besitz ist und Sie sich auf sie abstimmen müssen.
Bitten Sie Gott um Hilfe, André, nur Er kann Ihnen helfen, nur Er kann Ihnen die Kraft geben, dass Sie mit ihr verbunden werden.
Gehen Sie, mein Sohn.
Inmitten all dieser Schönheit hier ist es möglich, Sie zu verbinden.
Rufen Sie uns, wenn Sie fühlen, dass Sie verbunden sind.
Einssein bedeutet, sich dem Leben in Liebe zu nähern.“
André war allein; Alcar und der Sphärenengel waren fortgegangen.
Sein Herz weinte, große Tränen flossen ihm über das Gesicht, es hatte ihn tief bewegt.
Wenn es ihm möglich war, sich zu verbinden, würde er sein Kind bald sehen.
Hier konnte man nicht so ohne Weiteres hineinplatzen, und nun verstand er, warum sein geistiger Leiter sagte, dass auch dies „möglich“ sei.
Nun fühlte er, dass dieses große Geschehen möglich war.
O ja, er wollte sein Kind sehen; so bald käme er hierher nicht wieder zurück.
Er musste sich vorbereiten, um zu seinem eigenen Kind vorgelassen zu werden.
Auch sie, die Mutter seines Kindes, wird später, wenn sie auf Erden hinübergeht, in die gleiche Lage kommen.
Nicht nur sie, sondern viele andere Mütter müssen sich abstimmen, wollen sie ihre Kinder wiedersehen.
Er musste sich vorbereiten; daran hatte er nicht gedacht, auf den Gedanken war er nicht gekommen.
Niemand würde daran denken, es sei denn, man kannte dieses Leben.
Man ließ ihn allein, damit er sich voll und ganz verbinden konnte; er musste zu sich selbst kommen, und dabei wollte ihn niemand stören.
Im Gegenteil, man wollte ihm helfen, denn man wusste hier, dass seine Kräfte dafür nicht ausreichten.
Er musste sich abstimmen, aber worauf?
Er dachte tief und lange nach.
Abstimmen auf sein Kind, auf ein anderes Leben?
Er musste einem Leben zuliebe, das eine höhere Abstimmung besaß, versuchen, sich Gott in Einfalt und Demut zu nähern.
War es nicht Liebe, reine Liebe, die er besitzen musste?
Auf diesem Weg lernte er wieder andere geistige Gesetze kennen.
Der Mensch auf Erden wollte diese Gesetze nicht annehmen.
Es musste aber sein; er würde sein Kind nicht sehen, bis er gelernt hatte, das Haupt zu neigen, um sich ihr in Demut nähern zu dürfen und Liebe für alles Leben zu fühlen.
Sein Eigen lebte hier in dieser Schönheit.
War dieses Kind sein Besitz?
Er war der Vater, ja, ein irdischer Vater; der himmlischer Vater ließ ihn andere Gesetze kennenlernen.
Wie innig liebte er sein Kind, wie sehr hatte er sein kleines geistiges Wesen ins Herz geschlossen.
Er war lediglich die Verbindung, die ihn mit diesem Wesen verband.
In der Vision war es ihm deutlich genug gezeigt worden; dies traf für jeden zu, für alle Väter und Mütter der Erde.
Erst jetzt begriff er, was Vater- und Muttersein auf Erden bedeutete.
Was hielt die Welt, den Planeten Erde intakt?
Die Mutter und der Vater.
Wer legte den Intellekt in das Wesen?
Gott, Gott allein.
Darum war das Leben Gott, und darum konnte und durfte der Mensch nicht glauben, dass das Kind sein Besitz sei.
Der Mensch hatte keinen Besitz, das einzige, was der Mensch sein Eigen nennen konnte, war sein innerer Zustand.
Die Liebe zu allem Leben; davon waren sie auf Erden noch weit entfernt.
Es würde wohl noch Hunderte von Jahren dauern, bis der Mensch nach diesem Wissen lebte.
Dann würde der Mensch seinem Weg folgen, so, wie Alcar es zeigt, lehrt und erklärt.
Dieser Weg ist der Weg des ewigen Lebens, der Weg hinauf.
Der Mensch auf Erden hatte Sehnsucht nach diesem Weg.
Er war unwissend.
Das Leben, das der Mensch lebte, kannte er nicht, man lernte es auf diese Weise nicht kennen, was doch die Absicht war, denn dafür war man auf der Erde.
Dadurch, dass sie ein Kind bekam, konnte die Mutter erwachen.
Doch viele erlebten es stofflich; der geistige Aspekt des Ganzen wurde nicht wahrgenommen.
Erst jetzt, in diesem Zustand verstand André, was ihm sein geistiger Leiter in Bezug auf die bedeutende Frage erklärt hatte, dass eine Mutter auf Erden dadurch erwachen konnte, dass sie ein Kind gebar.
Wie viele Menschen erwachten auf der Erde dank dieses heiligen Geschehens, in dieser Abstimmung?
Eine von einer Million.
Die Mutter würde erst hier erwachen, aber dann war es zu spät.
Dieser mächtige Vorgang wurde nicht verstanden.
Wie groß war für ihn dieser Augenblick, wie überwältigend war es, ein Kind zu haben.
Er sah viele Mütter von der Erde hier ankommen, die alle glaubten, dass sie ihre Liebsten ohne Weiteres wiedersehen könnten.
Auf der Erde hörte er so oft, dass die Kinder ihre Mütter erwarten würden, wenn sie hinübergingen.
Oh, groß wäre die Enttäuschung, wenn sie hier eintreten würden.
Von ihnen wurde verlangt, was man gerade von ihm verlangte, doch viele brauchten ein ganzes irdisches Leben dafür, weil sie sich in jenem Lebens vergessen hatten.
Er sah ihre traurigen Gesichter; sie hatten schreckliche Schmerzen, die unvergleichbar waren mit jenen auf Erden.
Das, was sie hier fühlten, war Seelenschmerz.
Es zerriss ihre Seelen, weil sie warten mussten, immerzu warten und sich anderen geben, was sie im Leben auf Erden vergessen hatten oder nicht tun wollten.
Ihnen blieb dieses Paradies verschlossen.
Sie mussten lernen, die eigenen Interessen zurückzustellen, und das ging eben nicht so einfach.
Im Geiste konnte nichts überschlagen werden.
An Leib und Seele waren sie gebrochen.
Er freute sich sehr, dass er in die Lage versetzt wurde, es ihnen mitzuteilen.
„Oh, Mütter der Erde, das Liebste, was ihr auf Erden verloren habt, lebt hier an dieser Seite im Leben nach dem irdischen Tod.
Mütter auf Erden, seht, was von mir verlangt wird; seht, was ich tun muss, damit ich mein Kind wiedersehen kann!
Ich muss mich mit meinem Kind verbinden, muss mich auf den inneren Zustand abstimmen, wenn ich es wiedersehen will.
Mein Kind hat auf der Erde die Sonne nicht aufgehen sehen und viele mit ihm nicht; aber sie leben alle hier, in diesem Paradies.
So, wie ich mich jetzt fühle, darf ich mich ihm nicht nähern.
Mütter, fühlt ihr, was euch bevorsteht?
Fühlt ihr, dass auch ihr euch auf eure Kleinen werdet abstimmen müssen, wenn ihr sie wiedersehen wollt?
Wenn ihr einmal dort sterbt und hier eintretet, werdet auch ihr diese Gesetze kennenlernen.
Mütter, Gott macht und kennt keinen Unterschied.
Verbindet euch mit dem Leben, das um und mit euch lebt, gebt Liebe und entwickelt euren inneren Körper.
Hier kniet man vor der höheren Liebe nieder, und wenn ihr das nicht könnt, müsst ihr warten und werdet es in anderen Sphären lernen müssen.
Vorher werdet ihr nicht vorgelassen zu euren Liebsten.
Keine Wissenschaft der Erde wird euch helfen können; dafür ist Liebe erforderlich.
Abstimmung auf das Wesen, das eure Vater- und Mutterliebe fühlt und eure Abstimmung kennt.
Kein Wesen der Erde, das keine Liebe zu allem Leben in sich fühlt, wird sein Eigen wiedersehen.“
André spazierte umher inmitten all der Blumen mit ihren unvorstellbaren Farben und versuchte sich mit dem Leben zu verbinden.
Er wollte und musste sich verbinden; dafür wollte er alles tun.
Wie schön war es in dieser Sphäre!
Glück flutete in seine Seele.
Tief fühlte er nunmehr das Leben, mit dem er eins sein wollte, um zu dem Geisteskind vorgelassen zu werden.
Er fühlte, dass er ruhig wurde und gefasst.
Das Leben nahm auch ihn auf; Gott stieg in seine Seele hinab.
Er fühlte sich mit der Natur eins werden.
Alles sprach zu ihm und die Natur trug ihm schöne Gedichte vor.
Mit den Blumen, mit denen er einst auf Erden gesprochen hatte, war er jetzt eins.
Sie erzählten ihm etwas und auch den Gesang der Vögel verstand er.
Das alles sagte ihm, dass er eins war mit ihnen, mit dem ganzen Leben.
Nun konnte er dem Leben in Pflanze und Blume folgen.
Das Bächlein, das dort entlangfloss, sagte ihm, was es erlebt hatte und dass es heiter seinen Weg fortsetzen werde.
Es floss, aber gleichzeitig sang es; es war das Lied der Sphären.
Die Vögel klärten ihn auf, was ihr Leben bedeutete, und er erkannte Gott darin.
Gott lebte in allem!
Wie anders sah und fühlte er nunmehr das Leben als auf der Erde.
Dort ging man am Leben vorbei, man trampelte darauf herum, man riss es in Stücke, ohne es zu wollen, nur so, in Gedanken.
Grauenhafte Gedanken wurden einem Menschen zugeschickt, der ahnungslos war.
Pfeile wurden abgeschossen; man sah dort nicht, dass die inneren Gedanken, die unausgesprochenen, das Leben tief trafen, was man jedoch an dieser Seite in seinem Lebensfilm sehen würde.
Nichts ging verloren.
Er betete inbrünstig, lange und inständig, dass er verbunden werden möge.
Innerlich wurde er immer ruhiger; eine himmlische Ruhe strömte in ihn ein.
„O Gott, verbinde mich mit meinem Kind, lasse mich in das Leben hinabsteigen, in Einfalt und Demut werde ich mich Deinem Leben nähern.
Vater, willst Du mich je erhören, so bitte ich Dich jetzt darum.
Wenn Du mich jemals glücklich machen willst, großer und heiliger Vater, dann bitte ich Dich, es jetzt zu tun.
Ich werde wie ein Kind sein und glücklich sein mit Deiner Weisheit; möge Deine Liebe in mich kommen.
Vater, lass mich mit dieser Weisheit zur Erde zurückkehren, womit ich viele Mütter, so auch die Mutter dieses Wesens überzeugen werde, wie sie an dieser Seite mit ihren Liebsten zusammentreffen können.
Vater, gib mir die Kraft, mein Kind sehen zu können.
Lasse mich die Mütter auf Erden trösten und unterstützen, lasse es mich für sie erleben.
Lege die heilige Kraft in mich, verbinde mich mit meinem Kind.
Erhöre mein Gebet. Amen.“
Es war noch stiller in ihm geworden als es gerade zuvor schon war.
Reines Glück strömte in ihn ein; immer tiefer fühlte er sich in das Leben sinken.
Wie weit war er inzwischen von seinem Gefühl auf der Erde entfernt!
Ihm wurde geholfen, denn ihm allein war es nicht möglich, dieses Glück mitzuerleben.
Die Kräfte höherer Wesen brachten ihn in diesen Zustand.
Seine Gedanken waren rein; durch nichts wurde er behindert.
Auch er war ein Sphärenkind; dasselbe Gefühl war nun in ihm.
Er fühlte Liebe, reine und pure Liebe für das Leben, das in alles hineingelegt worden war.
Keine anderen Gedanken als diese waren in ihm, dass Schönheit, Heiligkeit, Liebe ausschließlich Glück war, das ihn überwältigte.
Sein Glück konnte er mit keinem irdischen Glück vergleichen, konnte es nicht in Worte fassen.
Was war dort großes Glück im Vergleich zu seinem Gefühl?
Dies war mächtig, dies war das Licht, das goldene Licht der Sphären, in dem sein Kind lebte.
Wie lange er gebetet hatte, wusste er nicht, doch plötzlich fühlte er andere Kräfte und als er in die Richtung blickte, woher sie kamen, sah er seinen geistigen Leiter auf ihn zukommen.
Alcar kam, um ihn zu holen.
„Komm, mein Junge, dein Gebet wurde erhört.
Wir dürfen eintreten.
Gott hat nicht nur dein Gebet erhört, sondern er hat dich mit deinem Kind verbunden.
Jetzt darfst du dein Kind sehen.
Dein Wille, dich in Einfalt und Demut zu nähern, brachte dich in diese Abstimmung.
Dein Kind erwartet uns, André.
Komm, folge mir.“
André folgte seinem geistigen Leiter zu dem wunderschönen Gebäude.
Wie weit war er vom Weg abgekommen.
Von Weitem sah er das prachtvolle Gebäude; doch schon bald waren sie dort und traten ein.
Sie durchquerten viele Säle und kamen in einen großen Raum.
Viele Kinder sah er beisammen und die Kleinen trugen wunderschöne Gewänder.
Alle strahlten wie Sonnen, Tausende Kinder könnten hier zusammenleben.
In einer Halle, wo viele Wesen versammelt waren, sah er das schöne Wesen, welches ihm zugesprochen hatte.
Sie nahm ein schönes Engelskind in ihre Arme und entfernte sich von den anderen.
Sein geistiger Leiter und er folgten ihr direkt und sie gingen durch mehrere Säle, bis sie auf einmal hinausging, in die Natur.
Auch dieses Gebäude war offen, in alle Richtungen konnte er schauen.
Draußen betrat sie dann eine Art Laube, die von Blumen und Grün, von Vögeln und anderem Leben umgeben war.
War es sein Kind, das sie in den Armen hielt?
Er vernahm eine leise, himmlische Stimme, was sein Herz schneller schlagen ließ.
Sein Kind lebte, war herangewachsen und war schön.
Er hörte es lachen, es war nicht zu glauben.
Sein geistiger Leiter ging hinein und einen Moment später kam Alcar ihn holen.
André betrat die Laube.
Wie er sich fühlte, daran wagte er nicht zu denken.
Neben ihm stand Alcar; da vor ihm saß ein engelhaftes Wesen, die ein Kind den Armen hielt, und dieses Kind war sein Gommel.
„Gommel“, dachte er, „ich ... bin hier ... dein Vater ...“
Benommen vor Glück stand er ohnmächtig da, denn ein himmlisches Wesen sah ihn an und es erschien ihm, als wäre er selbst noch nicht geboren.
Eine himmlische Stille fühlte er in sich kommen.
Zwei Augen blickten ihn an und er glaubte Gott zu sehen.
„Lydia“, hörte er sagen, „Lydia wacht über dein Kind und sorgt für es, André.“
Er wagte nicht, den hohen Geist anzusehen, aber sie sprach wie eine Mutter zu ihm, woran er merkte, dass er wieder auflebte.
„Kommen Sie zu mir, André, Ihr Kind erwartet Sie, übernehmen Sie es von mir.“
Von Dankbarkeit erfüllt und in Liebe eins näherte er sich dem Wesen, nahm von ihr sein Kind in Empfang und schloss es in seine Arme.
Der große Augenblick war gekommen.
Der Geist ging fort, sein Geisteskind lag an seiner Brust.
Neben ihm saß Alcar, Vögel waren um ihn herum, Sphärenblumen zierten die Umgebung, er war in Gottes Paradies aufgenommen.
Schön und lieb war sein Kind, das er auf Erden nicht hatte in seinen Armen halten dürfen.
Er drückte es an sich, es lachte, redete, war weise und fühlte, dass sie eins waren.
Ein Geisteskind ruhte in seinen Armen.
O Gott, wie soll ich dir danken?
Es schmiegte sich mit ihrem kleinen, schwarz glänzendes Engelhaupt an ihn und lachte Alcar an.
Es schien, als würde es ihn seit Jahren kennen.
Dann richtete es sich wieder auf, lachte ihn an und streichelte ihn mit seinen geistigen Händchen, und es kostete ihm unglaubliche Kraft, sich zu beherrschen.
Er durfte nicht in seine vorige, in die eigene Abstimmung zurückfallen.
Wie wunderbar schön war das Kleid, das es trug.
Es war nichts als Licht und er sah, dass es sich ständig veränderte.
Mal war es blauviolett, dann wieder hellrosa.
Rein war das Wesen und ihre Augen funkelten wie Smaragde in einem zarten zauberhaften Glanz.
Dieses Wesen war heilig und würde später seine Schwester sein.
Wenn er ihre Abstimmung erreicht hatte, würden sie auf ewig verbunden bleiben.
Es war jetzt ein Jahr alt, nach irdischer Zeit, doch sie war größer als ein Kind dieses Alters auf der Erde.
In den Sphären verlief die Entwicklung schneller, sie wurde durch nichts behindert.
Mit Krankheiten hatten sie hier nicht zu kämpfen, hier gab es allein Glück; keinerlei Beeinträchtigung waren sie ausgesetzt.
Hier war alles anders.
Das Leben war geistig und das Kind wuchs in himmlischer Ruhe auf.
Vom Kind kehrte er in Gedanken zur Mutter zurück, die auf Erden lebte und die ständig an ihre Tochter dachte.
Oh, welch ein Glück!
Er sah von der Mutter ein Licht zu ihr hinaufkommen und er begriff, dass es die Kraft ihrer Gedanken für ihr Kind war.
Er sah es ganz deutlich.
Diese Gedanken in Licht umstrahlten es, doch sie prallten von dem Wesen ab, da sie ihr Kind auf diese Weise nicht erreichen konnte.
Wie tief hatte er in sich hinabsteigen müssen, um sich selbst zu finden und sich auszuschalten?
Auch sie musste es tun, wenn sie wollte, dass ihre Liebe in den Sphären gefühlt wurde.
Dennoch war er glücklich, dies sehen zu dürfen.
Es war die Verbindung mit allem, es war ihre Liebe zu ihrem Gommel.
Wie weit lag die Erde von ihm entfernt; dennoch erreichten ihre Gedanken die Kindersphäre.
Ihr Gefühl war scharf eingestellt, doch ihre Gedanken sollten ihr Kind nicht erreichen.
Das Wesen wurde durch nichts gestört.
Doch es bestand ein Band, ein Fühlen, ein Verstehen.
Und dies alles war Liebe.
Lange war er eins mit seinem Kind; schon bald würde man es wieder holen kommen.
Für wie lange wäre dann dieser Abschied?
Auch das Kind fühlte es und schmiegte sich noch fester an ihn an.
André merkte, dass seine Kräfte nachließen.
Da sah er den Geist Lydia wie eine Sonne auf sie zukommen.
Noch einmal schaute er auf sein Kind.
Tief sank er in das Wesen hinab.
Gommel blickte ihn an, schloss dann die Engelsaugen und war in tiefe Ruhe gesunken.
Zu tief für ihn; so tief konnte er sie nicht ergründen.
Weit überhalb seiner geistigen Kraft lebte sein Kind.
Noch klarer fühlte er nun die große Gnade dieses Geschehens.
Der Engel übernahm das Kind von ihm und ging fort.
Am selben Ort dankte er Gott für alles, was Er ihm gegeben hatte.
Für dieses stille, große, heilige Glück.
Als letztes Lebewohl hatte er Gommels kleine Hände geküsst; das große Ereignis war zu Ende.
Alcar ließ ihn fühlen, dass sie weitergehen sollten.
André nahm Abschied von der Sphäre, wo sein Kind lebte.
Hand in Hand schwebten sie weiter, einer anderen, noch höheren Abstimmung entgegen.
Vieles sollte ihn noch erwarteten.